Weimarer Republik – Demokratie wird zerstört Auch die Weimarer Republik trafen die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise mit voller Wucht. Der leichte Wirtschaftsaufschwung ab 1924 hatte zum Großteil auf Krediten aus den USA beruht. Als dort im Herbst 1929 die Krise einsetzte, verlangten die USA kurzfristig die Rückzahlung dieser Kredite. Viele Unternehmen gerieten in Schwierigkeiten. Fehlender Absatz führte zu Rückgängen in der Produktion. Die Arbeitslosigkeit betrug 1928 knapp mehr als 6 Prozent. 1932 belief sie sich schon auf rund 30 Prozent. Dies bedeutete, dass etwa 5,5 Millionen Menschen arbeitslos waren. Zusammen mit den Angehörigen lebten 1932 über 23 Millionen Deutsche von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe, die meist nicht das Existenzminimum deckten. Steigende Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, sinkende Gehälter und Löhne verminderten die Kaufkraft der Bevölkerung und führten zu einem Rückgang des privaten Verbrauchs. Das traf den gewerblichen Mittelstand und die Bäuerinnen und Bauern. Zwangsversteigerungen in der Landwirtschaft stiegen sprunghaft an. Die Industrieproduktion von 1924 bis 1932 (1929 = 100) Jahr USA Großbritannien Frankreich Deutsches Reich 1924 89 89 78 68 1929 100 100 100 100 1932 54 83 72 53 In einem Bericht des preußischen Wohlfahrtministeriums vom August 1931 geht es um die Auswirkungen der Massenarbeitslosigkeit auf die Gesundheit von Kindern: QDie Arbeitslosigkeit der Eltern verursacht bei den jungen Kindern Unterernährung, Häufung der Krankheiten, Gleichgültigkeit gegenüber hygienischen Anforderungen … Die Kinderkrankheiten häufen sich, da der Arzt sehr oft zu spät oder gar nicht aufgesucht wird, weil für Arztschein und Medizin die notwendigen Gebühren nicht aufzubringen sind oder kein Fahrgeld vorhanden ist. (…) Sehr deutlich sind die häufigen Erkrankungen der Kinder in den Schulen infolge Blutarmut und Hunger. Schwindel- und Ohnmachtsanfälle treten stark auf, auch bei älteren Kindern. Bei Nachforschungen in den Haushaltungen hat sich herausgestellt, daß die Ernährung völlig unzureichend ist, Vitamine (Obst, Gemüse) ganz fehlen, weil die Mittel nicht vorhanden sind. Skorbutanzeichen machen sich schon bemerkbar in gewissen Elendsquartieren der Großstädte. (Zit. nach: Treue, Deutschland in der Weltwirtschaftskrise in Augenzeugenberichten. Online auf: http://www.spiegel.de/spiegel/print/ d-46265 081.html, 19. 9. 2017) Weltweite Auswirkungen Die weltweit engen wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen führten dazu, dass sich die Finanzkrise von 1929 von den USA aus rasch nach Europa ausbreitete. Schlimme Auswirkungen spürten Großbritannien, ebenso Frankreich, wo die Krise etwas später einsetzte, das Deutsche Reich und auch Österreich. 1931 brachen mehrere österreichische Banken zusammen, unter ihnen die Bodenkreditanstalt. Deutsche Bankhäuser folgten. Eine Kettenreaktion setzte ein: Firmenzusammenbrüche, Arbeitslosigkeit, schwindende Kaufkraft, weitere Firmenzusammenbrüche – 1932 waren in den Industrienationen ca. 30 Millionen Menschen arbeitslos. Auch in außereuropäischen Ländern war die wirtschaftliche Lage verheerend. „Schulden-Tilgung“, Karikatur veröffentlicht in der SPD nahen Zeitschrift „Der Wahre Jacob“, 1928. Text: „Meine Herren Vertreter der europäischen Völker! Das Problem ist: wie werden wir unsere Schulden los, ohne daß wir sie zu bezahlen brauchen!“ (Lebhafter Beifall.) „Die Antwort lautet: indem wir einen neuen Pump aufnehmen!“ (Stürmischer, nicht enden wollender Beifall.) Analysiere die Karikatur und ordne sie in den Zusammenhang der Weltwirtschaftskrise ein. 6. Die Weltwirtschaftskrise und ihre Auswirkungen 24 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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