Bettlägrige Menschen, die stundenlang in Kot und Harn liegen müssen, weil sich die Pflegekräfte nicht einigen können, wer für sie zuständig ist. Oder Senioren, die ohne medizinische Notwendigkeit Medikamente bekommen, um ruhiggestellt zu werden. (…) (Die Presse, 5.5.2017) Schon jetzt herrscht in Österreich ein Engpass an Pflegepersonal. Eine Pensionswelle verschärft in den kommenden Jahren die Situation. (Kurier, 25.10.2017) Verbesserungen in der Altenpflege sind voraussichtlich mit hohen finanziellen Aufwendungen des Staates und wohl auch der betroffenen Familien verbunden. Vermehrte Geldleistungen allein sind außerdem vermutlich nicht ausreichend, um die Probleme zu lösen. Eine „neue Kultur des Helfens“ als „öffentliche Kultur der Sorge“? Über finanzielle Aufwendungen hinaus wird „eine neue Kultur des Helfens“ zu entwickeln sein. Im Bereich der Altenbetreuung etwa helfen die „jungen Alten“ den „alten Alten“. Sie erwerben damit z.B. entsprechenden „Kredit“ für Unterstützungsleistungen, wenn sie selbst hilfsbedürftig werden. Für die junge Generation könnte eine „neue Kultur des Helfens“ Anreize bieten und sie dazu motivieren, soziale Dienste zu leisten – etwa in Form von Schul- und Berufspraktika, in Form von Patenschaften und Besuchsdiensten, wie z. B. „Jung trifft Alt“, oder als „Freiwilliges Soziales Jahr“. Der „Verein zur Förderung freiwilliger sozialer Dienste“ versucht, junge Menschen dafür zu gewinnen, sich sozial zu engagieren: Unsere Vision ist es, junge Menschen für ein freiwilliges soziales Engagement zu begeistern. Sie treffen in ihrem Einsatz auf bestmögliche Rahmenbedingungen, sodass sie ihre Entwicklungschancen und Lebensperspektiven erweitern können. (…) Unsere Arbeit ist getragen von der Idee, auf diese Weise einen Beitrag zu einer solidarischeren und einsatzfreudigen Gesellschaft zu leisten. Unsere Vision ist es darüber hinaus, die Potentiale der Selbstverantwortung der jungen Menschen zu fördern und ihnen Persönlichkeitsentwicklung sowie berufliche Erfahrungen und Orientierungen zu ermöglichen. (…) Das Projekt „Freiwilliges Soziales Jahr“ vermittelt jungen Menschen Einsatzplätze für einen Sozialeinsatz von bis zu zwölf Monaten. Wir begleiten den Einsatz, entwickeln und organisieren ein für die Freiwilligen angepasstes Bildungsprogramm und ermöglichen eine individuelle Berufsorientierung. Das Projekt „Freiwilliges Soziales Jahr“ erfolgt nach den Regelungen des Freiwilligengesetzes. (Leitbild des Vereins zur Förderung freiwilliger sozialer Dienste. Wien, Oktober 2015) Eine junge Frau voller Tatkraft und Leidenschaft für ein freiwilliges soziales Jahr. Foto, 2016. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Diskutiert in der Klasse auch unter Einbeziehung des Schaubildes die Stärken und Schwächen des „Genera- tionenvertrages“. 2. Erarbeitet Vorschläge zu einer Verbesserung der Rahmenbedingungen des „Generationenvertrages“ unter Beachtung der folgenden Gesichtspunkte: • außerhäusliche Kinderbetreuung, • Berufschancen für Frauen mit Kindern, • finanzielle Absicherung von Karenzzeiten für beide Elternteile. Ordnet eure Vorschläge den Gruppen „kurzfristig umsetzbar“, „mittelfristig umsetzbar“ und „langfristig umsetzbar“ zu. 3. Nimm Stellung dazu, welche staatlichen „Gegenleistungen“ dir für die Erziehungs- und Sorgearbeit von Eltern, die Liebe, Vertrauen und Verantwortung umfasst, angemessen erscheinen. Setze dich auch damit auseinander, ob „Elternarbeit“ durch Geldleistungen abgegolten werden kann bzw. soll und ob sie in unserer Gesellschaft ausreichend geschätzt wird. Diskutiert dies in der Klasse. 4. Informiert euch über Gruppen oder Einrichtungen, die das Konzept einer „neuen Kultur des Helfens“ unterstützen. Arbeitet positive, aber auch mögliche nachteilige Folgen von konkreten Formen sozialen Engagements für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und/oder für die Hilfsbedürftigen heraus. 5. Nehmt Stellung zur Forderung nach einer Gleichwertigkeit von „sorgender Tätigkeit füreinander“ mit der „marktorientierten Arbeits- und Wirtschaftstätigkeit“ in unserer Gesellschaft. 6. Erörtere die zahlreichen Aspekte des „Generationenvertrages“ unter dem Gesichtspunkt: „Was daran ist politisch?“ Denke dabei z. B. an die Übernahme von Verantwortung für den Einzelnen durch die Gesellschaft bzw. durch Angehörige der Betroffenen selbst. Beziehe auch die Ergebnisse von Aufgabe 1 und Aufgabe 3 mit ein. Politische und soziale Welten nach 1945 177 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=