Zeitbilder 7, Schülerbuch

mokratie daraus ab, wie sie sich in den liberal-kapitalistischen westlichen Staaten zeigt. Er anerkennt, dass es in einer Gesellschaft unterschiedliche Interessen und deshalb auch unterschiedliche Lösungen für Konflikte gibt. In diesem Konkurrenzkampf, den Parteien bzw. Politikerinnen und Politiker austragen, entscheidet die Mehrheit. Die „Direktdemokratinnen und Direktdemokraten“, die eher in linken und alternativen Gruppierungen zu finden sind, fordern die direkte Mitbeteiligung an allen wichtigen politischen Entscheidungen. „Rechte“ Demokratie-Theorien gehen von der Idee eines gemeinsamen Volkswillens von Regierenden und Regierten aus. Sie beinhalten die Vorstellung eines „einheitlichen Volkes“ (ohne ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie ethnische Minderheiten) mit „einheitlichem Volkswillen“. Sie leugnen die unterschiedlichen Interessen innerhalb der Gesellschaft. Ihre Vertreterinnen und Vertreter fordern eine starke politische Führung oder Führungspersönlichkeit, die durch Direktwahl bestellt wird. Parlament und konkurrierende Parteien werden dabei ebenso abgelehnt wie jede andere Form der Opposition. Unterschiedliche Demokratie-Definitionen QDemocracy is government of the people, by the people, for the people. (Abraham Lincoln, 1863) Die demokratische Methode ist diejenige Ordnung der Institution zur Erreichung politischer Entscheidungen, bei welcher einzelne die Entscheidungsbefugnis vermittels eines Konkurrenzkampfes um die Stimmen des Volkes erwerben. (...) Das Volk herrscht in Tat und Wahrheit nie, aber durch Definition kann es immer dazu gebracht werden. (Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, 1972) Demokratie (…) ist Identität von Herrscher und Beherrschten, Regierenden und Regierten, Befehlenden und Gehorchenden. (Schmitt, Verfassungslehre. In: Schmid, 1999) Die Identität der Regierenden und der Regierten zu verkünden, der Zwingenden und Gezwungenen, ist ein ausgezeichnetes Rechtfertigungsmittel für den Gehorsam der einen gegenüber den anderen. Das alles ist eine reine Konstruktion des Verstandes und ein Spiel mit Worten. (Duverger, Die politischen Parteien, 1959) Ordne die Zitate jeweils einer Demokratie-Theorie zu. Stelle dar, welcher Theorie du zustimmst. Demokratieverständnis in Österreich L (…) Ein Drittel der Österreicherinnen und Österreicher assoziieren mit Demokratie Freiheit, ein weiteres Drittel Partizipation und Mitbestimmung. Pluralistischer Wettbewerb, Parteien und Wahlen werden von jedem Zehnten mit dem demokratischen Zwar lässt sich das aus dem Griechischen stammende Wort „Demokratie“ recht einfach ins Deutsche übersetzen: mit „Volksherrschaft“. Aber die inhaltliche Klärung ist ähnlich schwierig wie bei Begriffen wie „Politik“, „Macht“ o. Ä. Daher gibt es auch für den Demokratie-Begriff unterschiedliche Definitionen, aber keine allgemein akzeptierte. Das ist verständlich: „Demokratie“ als Herrschaftsform stellt heute einen hohen Wert in der internationalen Staatengemeinschaft dar. Welcher Staat will sich daher nicht als „demokratisch“ bezeichnen? Dennoch haben die verschiedenen Gesellschaftssysteme unterschiedliche Auffassungen von Demokratie. Beginn von Demokratie und Menschenrechten Schon vor 2500 Jahren setzte sich im antiken Athen die Demokratie als Herrschaftsform durch. Sie beruhte auf der Gleichheit aller männlichen Bürger vor dem Gesetz. Diese hatten freien Zugang zu allen (zeitlich begrenzten) Ämtern und die Regierung wurde aus der Volksversammlung gebildet. Allerdings hatten höchstens 15 Prozent der Gesamtbevölkerung diese Rechte: Frauen, Fremde, Sklaven und Kinder waren davon ausgeschlossen. Ab dem 17. Jh., in der Zeit der Aufklärung, beschäftigten sich Philosophen und Staatstheoretiker mit der Frage nach einer „vernünftigen“ politischen Ordnung. Einige der „Aufklärer“ verknüpften ihre Antworten mit Forderungen z. B. nach völliger Gleichheit der Bürger, Freiheit des Einzelnen, Schutz der Person und ihres Eigentums, Einschränkung der Macht der Regierenden durch Gewaltenteilung sowie Verantwortlichkeit gegenüber dem Volk bzw. Kontrolle der Regierenden durch das Volk. Über die Form der Machtbeteiligung des Volkes bildeten sich zwei unterschiedliche Denkrichtungen heraus: –– Die repräsentative Demokratie: Das Volk lässt seinen „Willen“ durch Repräsentantinnen und Repräsentanten (= Abgeordnete) vertreten – das am häufigsten praktizierte Modell gegenwärtiger Demokratien. –– Die direkte Demokratie: Sie geht davon aus, dass der „Volkswille“ nicht vertreten werden kann. Sie ist in der Schweiz relativ stark ausgeprägt und wird in Österreich von verschiedenen politischen Gruppen gefordert (z. B. auf www.entscheidet.at). Diese Theorien bildeten u.a. die Grundlage der Verfassung der USA und der Erklärung der „Menschen- und Bürgerrechte“ in der Französischen Revolution. Sie waren auch ein Anstoß für die Erkämpfung des allgemeinen Wahlrechts im 19. Jh. und 20. Jh. 1948 wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte mit der völkerrechtlich nicht bindenden Resolution 217 der UN-Vollversammlung mit 48 Ja-Stimmen und 8 Enthaltungen angenommen: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.“ (Artikel 1) Demokratie-Theorien der Gegenwart Im 20. Jh. wurden mehrere Demokratie-Theorien entwickelt. Der „empirische“ Demokratie-Begriff leitet De11. Ohne Menschenrechte keine Demokratie 168 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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