Zeitbilder 7, Schülerbuch

Bipolare Welt – Multipolare Welt Während des Kalten Krieges (1945 – 1990/91) wurde vielfach von einer „bipolaren Welt“ gesprochen. Diese Bezeichnung meint eine zweigeteilte Welt. In dieser dominierten die USA einerseits und die Sowjetunion andererseits mit ihren jeweiligen Verbündeten die Welt politisch und wirtschaftlich. Verstärkt wurde diese „Bipolarität“ dadurch, dass beide Supermächte in ihren Einflusssphären im militärischen und wirtschaftlichen Bereich ihre eigenen Bündnissysteme errichteten. So gründeten z. B. die USA gemeinsam mit führenden Staaten Westeuropas im Jahr 1949 die NATO, die Sowjetunion schloss im Jahr 1955 mit osteuropäischen Staaten den Warschauer Pakt. Durch den Marshallplan der USA im Jahr 1947 entstand eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit jener Staaten, die an diesem Programm teilnahmen. Die Sowjetunion ihrerseits reagierte im Jahr 1949 mit dem „Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe“ (COMECON). In diesem arbeitete sie eng mit den neu entstandenen Volksdemokratien zusammen. Die beiden Systeme – das liberal-demokratisch-kapitalistische und das kommunistisch-staatssozialistische – standen weltweit gegeneinander in Konkurrenz. Der Begriff „Bipolarität“ lässt allerdings außer Acht, dass es darüber hinaus zahlreiche Staaten gab, die formal keinem dieser Blöcke angehörten. Einige (z. B. Österreich seit 1955) waren neutral, andere wiederum bezeichneten sich als „blockfrei“ (z. B. Jugoslawien, Indien, Ägypten). Der Begriff „Bipolarität“ verdeckt auch die vielen Gegensätze innerhalb der beiden Blöcke, wie z. B. die Aufstände in Polen (1956), in Ungarn (1956) und in der Tschechoslowakei (1968) zeigten. Mit der Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991 und dem Ende der Volksdemokratien in Europa bereits im Jahr 1989 endete der Kalte Krieg und damit auch die „bipolare Welt“. Manche sprachen jetzt von einer „unipolaren Weltordnung“, in der allein die USA als verbliebene Supermacht die Weltpolitik dominieren würden. Durch die steigende politische, wirtschaftliche und militärische Bedeutung von Staaten wie der Volksrepublik China, Indien, Japan, Brasilien und nun auch wieder Russland sowie von Staatengemeinschaften wie der EU wird nun verstärkt von einer „multipolaren Welt“ gesprochen. In ihr wirken die Staaten mit unterschiedlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Systemen als Akteure der Weltpolitik und Weltwirtschaft. Containment-Politik (= Eindämmungspolitik) Containment-Politik bezeichnet jene politische Haltung der USA nach 1945, die im Wesentlichen vom einflussreichen US-Diplomaten George F. Kennan entwickelt wurde und auf die „Eindämmung“ des Kommunismus abzielte. Sie sollte verhindern, dass kommunistische Parteien auch in anderen Staaten außerhalb des „Ostblocks“ an die Macht gelangten (z. B. in Griechenland oder in der Türkei). Wesentliche Maßnahmen der Containment-Politik waren 1947 die Truman-Doktrin und das „Europäische Wiederaufbauprogramm“ (Marshallplan) sowie 1949 die Gründung der NATO. „Ethnische Säuberung“ („Ethnic Cleansing“) Der Begriff – oft auch in Zusammenhang gebracht mit „Säuberung aus religiösen Motiven“ – findet im deutschen und internationalen Sprachgebrauch vor allem seit den 1990er Jahren Verwendung. Mit ihm wurden zunächst konkret die Vertreibung und Ermordung bosnischer Muslime durch serbische Milizen bezeichnet. Allgemein wird unter „ethnischer Säuberung“ das „Entfernen“ einer ethnischen Gruppe (Volksgruppe) aus einem bestimmten Gebiet verstanden. Die dabei zur Anwendung gebrachten Mittel sind Vertreibung mit Gewalt, erzwungene Umsiedlung und sogar Ermordung. Die Verwendung des Begriffs ist umstritten. Manche wenden ein, dass mit „ethnischer Säuberung“ verharmlosend ein Völkermord bezeichnet wird. Andere verweisen auf Unterschiede zwischen einer „ethnischen Säuberung“ und einem „Völkermord“: Eine „ethnische Säuberung“ muss nicht zwangsläufig einen Massenmord einschließen. Eine klare Trennung erweist sich allerdings in der Realität als schwer möglich, da die Ermordung zahlloser Menschen häufig auch bei „ethnischen Säuberungen“ erfolgt. Im Hinblick auf das Vorgehen der serbischen Milizen gegen die bosnischen Muslime wird jedoch von einem Völkermord (Genozid) gesprochen. Friedliche Koexistenz Der Begriff stammt aus dem politischen Sprachgebrauch (= politische Rhetorik) führender sowjetischer Politiker. „Friedliche Koexistenz“ bedeutete für sie, dass die beiden gegensätzlichen Systeme des Kapitalismus und des Kommunismus in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur zwar weltweit um die Vorherrschaft konkurrierten, doch sollte diese Konkurrenz ohne direkten Einsatz militärischer Mittel ausgetragen werden. Vor allem Nikita Chruschtschow, Generalsekretär der KPdSU von 1953 bis 1964, verwendete diesen Begriff in der Zeit des frühen Kalten Krieges in seinen Reden immer wieder. Mit der „friedlichen Koexistenz“ als Prinzip der Außenpolitik wollte Chruschtschow erreichen, dass er sich verstärkt inneren Reformen, vor allem im Bereich der Wirtschaft, zuwenden konnte. Außenpolitische „friedliche Koexistenz“ schloss für die sowjetische Führung allerdings nicht aus, ein konsequentes atomares militärisches Aufrüstungsprogramm zu verfolgen. In ihrer politischen Rhetorik bedeutete „militärische Macht“ für die Sowjetunion, „Frieden sichern zu können“. Offiziell blieb die „friedliche Koexistenz“ Prinzip der sowjetischen Außenpolitik bis zu ihrem Ende 1991. „Schlussakte von Helsinki“ Die „Schlussakte von Helsinki“ beendete die „Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (KSZE), die von 1973 bis 1975 tagte. An der Konferenz nahmen 33 europäische Staaten (alle damaligen Staaten außer Albanien) sowie Kanada und die USA teil, die im Rahmen der NATO Truppen in Europa stationiert hatten. Die „Schlussakte“ enthält zehn Prinzipien, die die Beziehungen der Teilnehmerstaaten kennzeichnen sollten, u. a. souveräne Gleichheit, Enthaltung von der Androhung oder Anwendung von Gewalt, Unverletzlichkeit der Grenzen, friedliche Regelungen von Streitfällen, Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, Anerkennung der Menschenrechte, Selbstbestimmungsrecht der Völker und verstärkte Zusammenarbeit. Diese sollte sich vor allem auch in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Kultur zeigen und eine Verbesserung bei der Zusammenführung von Familien ermöglichen, die durch die staatlichen Grenzen getrennt waren. Grundbegriffe Das bipolare Weltsystem und sein Zusammenbruch 107 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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