der Unterdrückung durch Serbien gegenüber den ca. 1,5 Mio. Albanern. 1989 wurde der Provinz die Autonomie aberkannt. Als Slowenien seine neuen Grenzen als internationale Grenzen einrichten wollte, besetzte die jugoslawische Volksarmee die Grenzstationen. Daraufhin folgte ein Krieg, der zehn Tage dauerte. Diese kurze Dauer hängt auch damit zusammen, weil in Slowenien kaum Serben lebten. Anders war die Situation in Kroatien. Hier brachen unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung Kämpfe zwischen den kroatischen Sicherheitskräften und bewaffneten Serben aus. Die jugoslawische Volksarmee unterstützte die Serben in Kroatien und besetzte schließlich ungefähr ein Drittel des Landes. Dieser Krieg führte zur Zerstörung ganzer Städte (u. a. Vukovar) und zwang rund eine halbe Million Menschen zur Flucht. Die internationale Staatengemeinschaft reagierte widersprüchlich. Deutschland und Österreich unterstützten die Selbstständigkeit Kroatiens und Sloweniens. Die UNO sowie die Regierungen in Washington, Paris und Moskau befürworteten hingegen den Erhalt Jugoslawiens. Sie befürchteten einen Präzedenzfall für weitere Unabhängigkeitsbestrebungen. Ende 1991 akzeptierten Kroatien und Serbien einen Plan der UNO. UNO-Truppen wurden in die Krisengebiete entsandt. Krieg in Bosnien-Herzegowina Anfang 1992 verlagerte sich der Krieg nach Bosnien-Herzegowina, nachdem es als unabhängiger Staat anerkannt worden war. Dort lebten 44 Prozent Bosniaken (Muslime), 32 Prozent Serben (Orthodoxe) und 17 Prozent Kroaten (Katholiken). Diese Bevölkerungsvielfalt führte im Verlauf des Krieges zu gegenseitigen Vertreibungen. Man wollte „ethnisch homogene“ Gebiete schaffen („Ethnic Cleansing“). Davon besonders betroffen war die muslimische Bevölkerung. Sie wurde in Internierungslager gezwängt und vielfach umgebracht. Frauen fielen massenhaft Vergewaltigungen zum Opfer. Vor allem in Srebrenica gedenken alljährlich die Hinterbliebenen eines Massakers, das international als Genozid eingestuft wurde, bei dem ca. 8 000 muslimische Buben, Männer und Greise von bosnischen Serben ermordet wurden. Über die Folgewirkungen schreibt der Historiker Wim van Meurs: L In den Staatsorganen gilt sowohl für die Föderation (zwischen Bosniaken und Kroaten) wie für den Gesamtstaat (zwischen Bosniaken, Kroaten und Serben) das Prinzip des ethnischen Proporzes. Da die Bürger des Landes seit den ersten Wahlen nach dem Krieg von 1996 weitgehend der nationalen Zughörigkeit entsprechend wählen, entstand eine einzigartige ethnopolitische Pattstellung. Sie belohnte Politiker, die jede gesamtstaatliche Verantwortung ablehnten, und bestrafte diejenigen, die willens waren, im Interesse des Gesamtstaates Seit Beginn des 21. Jh. bestehen auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien sieben neue Staaten: Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien (bis Februar 2019 Mazedonien), Serbien, Montenegro und der Kosovo. Diese neue Staatenkarte ist ein Abbild der bundesstaatlichen Verfassung des untergegangenen Jugoslawiens. Dazu schreibt die Historikerin Marie-Janine Calic: L Jugoslawien schlitterte in den 1980er Jahren in die tiefste wirtschaftliche, politische und sozialpsychologische Krise seines Bestehens. (…) Je mehr die säkuläre Religion des Kommunismus an Überzeugungskraft einbüßte, desto attraktiver erschien die Flucht in den Glauben an ethnische Identitäten und in die Geschichte. (…) In allen (Teil-)Republiken markierten die späten 1980er Jahre eine nationalistische Wende. (…) Viele Menschen fühlten sich in den schwierigen Zeiten nur noch durch Führer angemessen vertreten, welche mit nationalistischer Massenagitation demokratische Legitimation vorgaukelten. (Calic, Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhundert, 2010, S. 141 f.) Slowenien und Kroatien sagen sich los Am 25. Juni 1991 erklärten sich Slowenien und Kroatien für unabhängig. Damit begann der Zerfall eines Staates, der nach dem Ersten Weltkrieg 1918 als Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen gegründet worden war. Im Zweiten Weltkrieg wurde Jugoslawien nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht (1941) unter Beteiligung Italiens, Ungarns und Bulgariens zerschlagen. Es entstand wieder 1945 als Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien unter der Führung von Josip Broz Tito. Gedenkstätte Srebrenica. Foto, Juli 2009. Besucherinnen und Besucher der Gedenkstätte lesen die Namen der bosnischen Muslime, die im Genozid von Srebrenica 1995 getötet wurden. Nach Titos Tod 1981 traten Spannungen zwischen Serbien und den anderen Teilrepubliken auf. Auch im wirtschaftlichen Bereich wurden Unterschiede zwischen den Teilrepubliken des Nordens (Slowenien, Kroatien) und jenen des übrigen Jugoslawien immer stärker. Vor allem in der autonomen Provinz Kosovo begann eine Politik 6. Jugoslawien: Sieben neue Staaten 100 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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