terdrückten die polnischen Sicherheitskräfte gewaltsam. Zu einer Intervention der UdSSR kam es allerdings nicht. In Ungarn war die Erbitterung gegen die Regierung Rákosi und den sowjetischen Einfluss im Land jedoch so groß, dass sich im Oktober 1956 Demonstrationen rasch zu einem Volksaufstand ausweiteten. Eine neue Regierung unter dem Reformer Imre Nagy wurde gebildet. Sie ließ wieder mehrere Parteien zu und erklärte schließlich sogar den Austritt Ungarns aus dem Warschauer Pakt. Anfang November 1956 schlug die sowjetische Armee den Freiheitskampf nieder. Die Appelle der ungarischen Regierung an die UNO und das westliche Ausland blieben unbeantwortet. Der Schriftsteller Manès Sperber schrieb unter dem Eindruck der Ereignisse: QEinzig unser versteinertes Schweigen hat den ungarischen Freiheitskämpfern geantwortet, die in den letzten Schlachten zugrunde gingen. Als sie den ungleichen Kampf aufnahmen, hatten sie auf unsere Hilfe gehofft. Als sie starben, verzweifelten sie an einer freien Welt, die bereit war, mit ihnen den Triumph zu teilen, nicht aber den Kampf. Der Westen, der für das ungarische Volk keine andere Hilfe bereithielt als Worte, hat nicht einmal mehr das Recht, zu weinen. Die demokratischen Staatsmänner waren zu sehr mit der Rettung des Diktators von Ägypten beschäftigt. (…) Eigentlich und rechtens müsste sich der Westen damit selbst ausgetilgt haben. Was ihn rettet, ist nur, dass die totalitären Diktaturen noch früher unter der Last ihrer Untaten zusammenbrechen werden. (Sperber, Der Westen darf nicht einmal weinen, 1956, S. 433 ff.) Nach dem gewaltsamen Ende der Revolution in Ungarn kamen etwa 180 000 bis 200 000 Flüchtlinge nach Österreich. In der Tschechoslowakei bildete sich im Jahr 1968 mit dem „Prager Frühling“ eine breite Reformbewegung. Sie wurde von Menschen aus Literatur, Kunst und Wissenschaft getragen. Sie erfasste auch die KP unter Partei- und Regierungschef Alexander Dubcˇek. Im August 1968 wurde sie jedoch von den Truppen des Warschauer Paktes unter der Führung der Sowjetunion gewaltsam niedergeschlagen. Sturz der Volksdemokratien Die Entwicklung in der Sowjetunion ab 1985 wirkte sich auch auf die Volksdemokratien aus. Außerdem gab es eigenständige Bestrebungen nach Veränderung, die lange vor 1985 eingesetzt hatten. Bereits in den 1970er Jahren begehrte in Polen die Arbeiterschaft immer wieder auf. 1980 brachen in Danzig und darauf im ganzen Land Streiks aus. Unmittelbarer Anlass waren Erhöhungen der Lebensmittelpreise. Diese Bewegung unterstützte besonders auch die Katholische Kirche. Die Regierung gewährte Lohnerhöhungen und erlaubte die Gründung der unabhängigen Gewerkschaft „Solidarnos’c’“ (Solidarität) unter Lech Walesa. Da Der Begriff „Volksdemokratie“ „Volksdemokratie“ bedeutete nach kommunistischer Selbstdefinition eine Übergangsform von der parlamentarischen Demokratie zum „Sozialismus“. Dieser Weg war im Wesentlichen durch zwei Phasen gekennzeichnet: ––die Phase vom Kriegsende bis zur Errichtung des kommunistischen Machtmonopols; ––die Phase der Angleichung an das stalinistische Vorbild Sowjetunion und die Einbindung in den sowjetisch dominierten „Ostblock“. Der Weg zum kommunistischen Machtmonopol war von Land zu Land verschieden. Anfangs bestanden neben der Kommunistischen Partei (KP) auch bürgerliche, sozialdemokratische und Bauernparteien. Zu ihnen nahmen die Kommunisten – oft über aus Moskau zurückgekehrte Funktionäre – Kontakt auf. Die Errichtung von Volksdemokratien In Ungarn erreichte bei den Wahlen im November 1945 die Partei der Kleinlandwirte 57,7 Prozent der Stimmen, die der Sozialdemokraten 17,4 Prozent und die KP 16,7 Prozent. In der neuen Regierung waren alle drei Parteien vertreten. Die Kommunisten trachteten danach, unterstützt durch die UdSSR, Schlüsselpositionen (z. B. das Innenministerium) zu besetzen. Die Partei der Kleinlandwirte wurde ausgeschaltet, die Sozialdemokratische Partei mit der KP (zwangs-)vereinigt. Im August 1949 wurde unter der offiziellen Bezeichnung „Volksrepublik“ die Volksdemokratie eingeführt. Damit lag die Macht faktisch in den Händen der KP, auch wenn erst 1952 mit Mátyás Rákosi erstmals ein Kommunist an der Spitze einer neuen Regierung stand. In Polen wurde im Juni 1945 eine Regierung der „Nationalen Einheit“ gegründet. In dieser hatten die von der UdSSR unterstützten Kommunisten die Mehrheit. Ein aus dem Exil zurückgekehrtes Mitglied gründete jedoch eine neue Bauernpartei. Als die Kommunisten für die Wahlen im Jänner 1947 die Bildung einer Einheitsliste vorschlugen, wurde dies von der Bauernpartei abgelehnt. Mit Hilfe des sowjetischen Geheimdienstes wurden über hunderttausend Polen verhaftet, ca. einer Million Menschen wurde unter dem Vorwurf der Kollaboration mit den Deutschen während des Zweiten Weltkrieges das Wahlrecht aberkannt. Dieser Druck und Manipulationen am Wahltag selbst brachten der von der KP dominierten Wahlliste ca. 90 Prozent der Stimmen. 1952 trat eine Verfassung in Kraft, die das Land zur Volksdemokratie erklärte. Gescheiterte Reformen Der 20. Parteitag der KP in der Sowjetunion 1956 (vgl. S. 94) hatte großen Einfluss auf die Entwicklungen in den Volksdemokratien. In Polen entwickelte sich im Juni 1956 in Poznan (Posen) aus einem Protestmarsch ein Generalstreik. Diesen un5. Von der Volksdemokratie zu „Wir sind das Volk“ 96 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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