1. Der Beginn des Kalten Krieges Von der Multipolarität zur Bipolarität Das Epochenjahr 1945 wurde für fast die gesamte Welt zum Ausgangspunkt einer neuen politischen Entwicklung. Bis dahin war die Weltpolitik durch Gegensätze mehrerer, vor allem europäischer Großmächte bestimmt worden (Multipolarität). Nach 1945 prägte die Rivalität zweier „Supermächte“ – USA und Sowjetunion – die Weltpolitik (Bipolarität). Japan und Deutschland waren als Großmächte ausgeschaltet, Frankreich durch seine Niederlage von 1940 zunächst abgewertet. Großbritannien war nach dem Zweiten Weltkrieg in Zahlungsschwierigkeiten. Europa war ökonomisch und militärisch geschwächt und darüber hinaus politisch durch den beginnenden Kalten Krieg zerrissen. Streitfall Deutschland Viele erwarteten, dass der Zweite Weltkrieg wie der Erste mit Friedensverträgen beendet werden würde. Solche wurden 1946 in Paris mit Italien, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Finnland unterzeichnet. Ganz anders war die Situation mit Deutschland: L Im Krieg war es um Deutschland gegangen, und das Gleiche galt nun für den Frieden, und das Gespenst eines deutschen Revanchismus prägte die russischen Strategien ebenso wie die der Franzosen. Als Stalin, Truman und Churchill in Potsdam zusammen kamen (17. 7. – 2. 8. 1945) (…), konnte man sich über die Vertreibung von Deutschen aus Osteuropa, die verwaltungsmäßige Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen und auf die Ziele „Demokratisierung“, „Entnazifizierung“ und „Entflechtung“ (= Zergliederung der industriellen Großkonzerne; Anm. d. A.) einigen. Alles, was darüber hinausging, erwies sich als schwierig. (Judt, Geschichte Europas von 1945 bis zur Gegenwart, 2012, S. 148) Das besiegte Deutschland wurde in vier Besatzungszonen geteilt, ebenso die von der sowjetischen Zone umschlossene Hauptstadt Berlin. Es wurde allerdings vereinbart, Deutschland als wirtschaftliche Einheit zu behandeln. Doch hier zeigten sich rasch Gegensätze. Zur Beseitigung der Nachkriegsinflation wurde nämlich 1948 nur in den Westzonen einschließlich der Westsektoren Berlins eine Währungsreform unter Ausschluss der Sowjetzone durchgeführt. Damit wurde die Wirtschaft Westdeutschlands und Westberlins eng an jene in Westeuropa angebunden. Die UdSSR reagierte scharf: Sie sperrte ihre Zone für jeden Verkehr nach Westberlin und löste damit 1948 die erste Berlinkrise aus. Die Westalliierten gaben jedoch die Stadt nicht auf und richteten eine „Luftbrücke“ ein, welche Berlin mit allen lebenswichtigen Gütern versorgte. Stalins Plan, auch die Westsektoren Berlins der sowjetischen Zone einzugliedern, war gescheitert. Die Bevölkerung der Westzonen jedoch bejahte als Folge dieser aggressiven Politik immer stärker eine Einbindung in den Westen. Das war ein wichtiger Grund für die Gründung der BRD (Mai 1949) und als Reaktion darauf für die Gründung der DDR (Oktober 1949). Der „Eiserne Vorhang“ Während in den USA starke isolationistische Strömungen vorherrschten, nützte die Sowjetunion diese günstige Gelegenheit, ihren Einfluss auszuweiten. Während des Zweiten Weltkrieges hatte die Rote Armee ganz Osteuropa besetzt und war bis Mitteleuropa vorgedrungen. Nun beließ die UdSSR ihre Truppen „zur Sicherung der Nachschubwege zu den Besatzungszonen in Deutschland und Österreich“. Sie betrachtete diese Gebiete als ihren ausschließlichen Einflussbereich, schirmte sie gegen den Westen ab und betrieb eine Politik der „Sowjetisierung“. Winston Churchill warnte vor dieser Entwicklung und entwarf schon im März 1946 das Bild eines „Eisernen Vorhanges“: Die „Großen Drei“ auf der Konferenz in Potsdam im Juli 1945. V. l. n. r.: Churchill (GB), Truman (USA), Stalin (UdSSR). Foto, 23. 7. 1945. Hier wurden die Vereinbarungen der Konferenz von Jalta auf der Krim (Februar 1945) bestätigt. Das hatte die Teilung Deutschlands und Europas zur Folge. 88 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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