Austrofaschismus Bezeichnung für das antidemokratische, antiparlamentarische, autoritäre Herrschaftssystem in Österreich zwischen 1933 und 1938. Die ideologische Basis waren eine ständestaatliche Ordnung, der Antimarxismus, das Führerprinzip an Stelle eines Parlaments mit mehreren Parteien, die Schaffung der „Vaterländischen Front“ als Massenorganisation und die Legitimierung durch die katholische Soziallehre, besonders durch die Enzyklika „Quadragesimo anno“ von Papst Pius XI. (1931). Wesentlichen Einfluss übten auch die Heimwehren aus. Sie hatten bereits im so genannten „Korneuburger Eid“ im Jahre 1930 faschistisches Gedankengut aufgenommen und Demokratie und westlichen Parlamentarismus verworfen. Heimwehr Die Bezeichnung „Heimwehr“ (regional und lokal auch „Heimatwehr“, „Heimatschutz“ etc.) wird zusammenfassend verwendet für den Wehrverband der Christlichsozialen Partei in der Ersten Republik. Ursprünglich entstand die Heimwehr aus den überparteilichen „Selbstschutzverbänden“ in der Übergangsphase vom Zusammenbruch der Monarchie bis zur Herausbildung des neuen Staates Deutschösterreich. Solche Verbände wurden in den Bundesländern gegründet als Bürger- und Ortswehren, Frontkämpfer- und Kameradschaftsvereinigungen. In Tirol und anderen Bundesländern wurden sie zuerst organisatorisch zusammengeschlossen. Unterstützt wurden die Heimwehren von Industriellen, die in ihnen ein Gegengewicht zur sozialdemokratisch organisierten Arbeiterschaft sahen. Ihre Bewaffnung stammt teilweise aus den Beständen des Ersten Weltkrieges, als Uniformen trugen sie Landestrachten. Aufgrund ihres Hutes, einer Feldmütze mit Spielhahnstoß, wurden sie umgangssprachlich auch „Hahnenschwanzler“ genannt. Ab etwa 1930 nahmen die Heimwehren immer stärker faschistisches Gedankengut auf. Im austrofaschistischen Ständestaat gehörten sie zu den Stützen des Regimes. Republikanischer Schutzbund Wehrverband der Sozialdemokratischen Partei, gebildet aus den Arbeiterwehren in den Jahren 1923/24. Der Republikanische Schutzbund verstand sich als Gegengewicht zur Heimwehr. Er entstand aber auch als Reaktion auf den Austritt der Sozialdemokraten aus der Regierung und sollte die verlorene Kontrolle der Sozialdemokraten über das Bundesheer ersetzen. Die Mitglieder des Schutzbundes waren bewaffnet und einheitlich uniformiert. Die innenpolitische Bedeutung schwächte sich Anfang der 1930er Jahre ab. Nach der Ausschaltung des Parlaments 1933 wurde der Republikanische Schutzbund von Dollfuß aufgelöst. Er blieb aber illegal bestehen und bekämpfte im Bürgerkrieg 1934 die Regierung des autoritären Ständestaates. „Rotes Wien“ Bezeichnung für die österreichische Bundeshauptstadt Wien in der Zeit von 1918–1934. In dieser Zeit errang die Sozialdemokratische Arbeiterpartei bei Gemeinde- und Landtagswahlen in Wien wiederholt die absolute Mehrheit. Geprägt war die sozialdemokratische Gemeindepolitik vom umfassenden sozialen Wohnbau – das berühmteste Beispiel ist der Karl-Marx-Hof – und vom Ziel, durch eine intensive Sozial-, Gesundheits- und Bildungspolitik der Arbeiterschaft bessere gesellschaftliche Möglichkeiten zu bieten. Es entstanden zahllose Nebenorganisationen, viele davon waren Arbeiterbildungsvereine. In Wien wurde auch die erste Arbeiterhochschule gegründet. Der sozialdemokratische Politiker Otto Glöckel reformierte das Schulwesen. Das „Rote Wien“ erfuhr auch international große Beachtung. Es endete 1934, als der sozialdemokratische Bürgermeister Karl Seitz infolge des Bürgerkrieges seines Amtes enthoben und verhaftet wurde. Ständestaat Bezeichnung für die autoritäre Staatsform Österreichs von 1934 (mit der Verfassung vom 1. Mai) bis zum „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich im März 1938. Im Mittelalter bezeichnete man als „Stände“ bestimmte Gruppen, die sich einander zugehörig fühlten (z. B. der Stand der Geistlichkeit, des Adels, der Bauern, des Bürgertums usw.). Von einem Ständestaat spricht man, wenn Stände bzw. ihre Vertreter an der politischen Herrschaft beteiligt waren (vom 13. bis 18. Jh.). Die Idee des Ständestaates tauchte im 19. Jh. bei katholischen Politikern wieder auf, sie wurde auch 1931 in der Enzyklika „Quadragesimo anno“ von Papst Pius XI. vertreten. An die Stelle von Parteien sollten Berufsstände treten. Die faschistischen Regime in der Zwischenkriegszeit – z. B. Mussolini in Italien und Franco in Spanien – beriefen sich auf die Idee eines Ständestaates ebenso wie der austrofaschistische Ständestaat unter Dollfuß und Schuschnigg. Merkmale des autoritären Ständestaates in Österreich sind der Kampf gegen den Marxismus und Nationalsozialismus, das Verbot von politischen Parteien, die Ausschaltung des Parlamentarismus und die Verankerung des Führerprinzips. „Vaterländische Front“ Der christlichsoziale Bundeskanzler Engelbert Dollfuß gründete 1933 die „Vaterländische Front“ (VF). Nach der Ausschaltung des Parlaments und der Auflösung aller politischen Parteien war sie eine überparteiliche Massenorganisation. Alle regierungstreuen Kreise sollten in ihr zusammengefasst werden. Öffentliche Bedienstete waren daher zum Beitritt verpflichtet. Ihre Grundlage hatte sie auf der berufsständischen Ordnung, sie richtete sich gegen den Nationalsozialismus, unterstützte daher die Herausbildung eines patriotischen Österreich-Bewusstseins und betonte die staatliche Selbstständigkeit Österreichs. Als Symbol diente das Kruckenkreuz. Dollfuß war der erste Bundesführer der „Vaterländischen Front“, sein Nachfolger wurde Ernst Rüdiger Starhemberg, ab 1936 Schuschnigg. Als die Heimwehr 1936 aufgelöst wurde, führte die „Frontmiliz“ der „Vaterländischen Front“ ihre Tradition weiter. Nach dem „Anschluss“ wurde die „Vaterländische Front“ aufgelöst. Grundbegriffe Zwangsarbeit und der Rassismus, der zu Ausgrenzung, Enteignung („Arisierungen“) und Vertreibung, später zu systematischer Vernichtung der Jüdinnen und Juden führte. • Grundlage der nationalsozialistischen Politik nach dem „Anschluss“ waren die massive Aufrüstung und Umstellung der Industrie auf die kriegsvorbereitende Rüstungsproduktion, die Österreich I – die Erste Republik 51 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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