Zeitbilder 7/8, Schülerbuch

Zur politischen Bedeutung von freiwilligem Engagement, 2. Freiwilligenbericht, 2015: Es gibt verschiedene Formen der politischen Partizipation, die zum Teil auch mit freiwilligem Engagement verbunden sind. Dazu zählen u. a. Parteiarbeit, Kontaktaufnahme mit Politikern und Politikerinnen oder Mitarbeit in verschiedenen Organisationen. (…) Selbst bei freiwilligem Engagement, das nicht in politischem Kontext erfolgt, können Kompetenzen erlernt werden, die für den politischen Meinungsbildungsprozess wichtig sind. Beim Engagement entsteht etwa eine Sensibilisierung für gesellschaftlich wichtige Themen. Mitunter gibt es Gelegenheiten, kontroverse Themen zu diskutieren, Entscheidungen auszuverhandeln, sich eine Meinung zu bilden und gegenüber anderen zu vertreten etc. Typisch vor allem für kleinere Organisationen sind basisdemokratische Entscheidungen. Ob und in welcher Qualität dies erfolgt, hängt von den Organisationen, deren Zielen und den beteiligten Personen ab. (2. Freiwilligenbericht, 2015, S. 149 ff.) Freiwilliges Engagement bei Jugendlichen, 2. Freiwilligenbericht, 2015: Gemäß IFES-Erhebung zum freiwilligen Engagement in Österreich im Jahr 2013 beteiligen sich rund 43 Prozent der 19- bis 29-Jährigen an der Freiwilligenarbeit. Dabei gibt es zwischen formellem und informellem Engagement kaum Unterschiede. Die höchsten Beteiligungsquoten im formellen Bereich verzeichnen Sport und Bewegung (ca. 29 Prozent), Katastrophenhilfs- und Rettungsdienste (ca. 27 Prozent) sowie Umwelt-, Natur- und Tierschutz (ca. 22 Prozent). Im Bereich der Nachbarschaftshilfe (informell) engagieren sich 18 Prozent regelmäßig (z. B. wöchentlich oder auch täglich), 41 Prozent zeitlich begrenzt (z. B. einmalige, kurzfristige Hilfe) und 40 Prozent sowohl regelmäßig als auch zeitlich begrenzt. Anderen zu helfen, etwas Nützliches für das Gemeinwohl beizutragen, Freunde zu treffen und Spaß zu haben sind die Hauptbeweggründe für das Freiwilligenengagement Jugendlicher. Vier Fünftel betonen auch, dass ihnen solch ein Engagement die Möglichkeit bietet, Erfahrungen zu teilen, selbst Fähigkeiten und Kenntnisse einzubringen und dazuzulernen. Seitens der nicht-engagierten Jugendlichen verwiesen rund 73 Prozent darauf, dass sie niemals gefragt oder gebeten wurden. 68 Prozent gaben an, nie über ein freiwilliges Engagement nachgedacht zu haben. Besondere Bedeutung erlangen diese Zahlen dadurch, dass sich knapp die Hälfte dieser Personengruppe über Möglichkeiten einer Freiwilligenarbeit zu wenig informiert fühlt. (2. Freiwilligenbericht, 2015, S. 170; vereinfacht) M3 M4 Bürger- bzw. Zukunftsräte in Vorarlberg, eine besonders ausgeprägte Form zivilgesellschaftlichen Engagements: In Vorarlberg ist ein Bürgerrat eine Einrichtung einer Gemeinde, um Lösungsvorschläge für aktuelle Probleme oder wichtige Zukunftsfragen auszuarbeiten. Ihm gehören 12 bis 15 Mitwirkende an. Diese werden per Los ausgewählt. Sie arbeiten an einem Problem ca. eineinhalb Tage. (…) 2013 wurden die deliberative Demokratie in die Landesverfassung aufgenommen und Richtlinien zur Abwicklung der Bürgerräte verabschiedet. Das bedeutet eine Stärkung von dialogorientierten und argumentativen Verfahren im demokratischen Prozess. 2015 wurde im Auftrag der Vorarlberger Landesregierung ein Bürgerrat zum Asyl- und Flüchtlingswesen einberufen. (…) Es wurde vor allem die Frage gestellt, was einerseits seitens der Bevölkerung benötigt wird, um mit der Aufnahme von Flüchtlingen gut umzugehen, und andererseits, was von den Flüchtlingen erwartet werden kann. Rund 20 % der Teilnehmer_innen mussten durch Personen mit Migrations- bzw. Flüchtlingshintergrund repräsentiert sein. (…) Der Bürgerrat gliedert sich dabei in vier Stufen: (1) den Bürgerrat selbst, in dem gemeinsame Ergebnisse erarbeitet werden und der nicht öffentlich ist; (2) das Bürger-Café, in dem diese öffentlich präsentiert und vertiefend diskutiert werden; (3) die Resonanzgruppe, in der die Ergebnisse von den Behörden auf Verwertungszusammenhänge überprüft werden; (4) die Dokumentation, die die Ergebnisse der drei Stufen umfasst und als Grundlage für die Befassung des Landtages und der Landesregierung dient und die auch an die Gemeinden weitergeleitet wird. (Hruby, Deliberative Demokratie – Bürgerräte in Vorarlberg. 2017, S. 13; bearbeitet) Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse die in M1 vorgestellten Begriffe unter Beachtung des politischen Aspekts (M3) in eigenen Worten zusammen. Ergänze nach Möglichkeit die einzelnen Bereiche durch weitere konkrete Tätigkeiten. 2. Interpretiere das Diagramm „Beteiligungsquote nach Alter und Geschlecht“ (M2). Formuliere auch Hypothesen über Unterschiede zwischen den Geschlechtern bzw. zwischen Altersgruppen und begründe deine Annahmen. 3. Bereite die Aussagen von M4 übersichtlich auf, z. B. in einer Tabelle oder in einem Schaubild. 4. Diskutiert ausgehend von M5 über Möglichkeiten und Grenzen von Formen deliberativer Demokratie, wie sie Bürgerräte ermöglichen. 5. Recherchiere Informationen über vergleichbare Modelle der politischen Beteiligung in Österreich, z. B. über die von der Stadt Wien 2012 eingeführte „Wiener Charta“. 6. Erörtere ausgehend von M2 und anhand der Materialien M1 bis M5 die Frage, ob freiwilliges Engagement als eine Form von politischer Beteiligung anzusehen ist. Bekräftige deine Aussagen mit passenden Argumenten und Beispielen. M5 Politische und rechtliche Systeme 201 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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