Zeitbilder 7/8, Schülerbuch

Erstmals eine Kleine Koalition (SPÖ-FPÖ) Bei den Nationalratswahlen von 1983 verlor Bruno Kreisky die absolute Mehrheit und trat deshalb als Bundeskanzler zurück. Sein Nachfolger Fred Sinowatz bildete daraufhin mit der FPÖ erstmals eine Kleine Koalition. 1983 trat erstmals auch die „Grünbewegung“ mit zwei Parteien zur Nationalratswahl an – allerdings erfolglos. Ihre Wählerschaft vertrat einerseits Umweltschutzinteressen, andererseits alternative Werthaltungen. Wieder Große Koalitionen (1986–1999) 1986 löste Franz Vranitzky Fred Sinowatz als Kanzler ab. Er beendete die Kleine Koalition, als in der FPÖ der deutsch-national ausgerichtete Jörg Haider neuer Parteiobmann wurde. Gewinner der vorgezogenen Wahlen waren die „Kleinen“: Die FPÖ konnte ihre Stimmen fast verdoppeln. Eine gemeinsam kandidierende „Grüne Alternative“ schaffte erstmals den Sprung in den Nationalrat. Stärkste Partei blieb trotz großer Verluste wieder die SPÖ. Vranitzky bildete mit der ebenfalls verlierenden ÖVP wieder eine Große Koalition. Er leitete als Bundeskanzler fünf SPÖ-ÖVP-Regierungen. 1997 folgte ihm Viktor Klima als Bundeskanzler und SPÖ-Chef. Die „Großen“ verlieren – der Aufstieg der FPÖ Trotz großer Stimmenverluste führten SPÖ und ÖVP die Große Koalition bis 1999 fort (vgl. S. 191 ff.). Die Haider-­ FPÖ dagegen erhöhte ihren Stimmenanteil von 5 Prozent (1983) auf 27 Prozent (1999). Damit war die FPÖ zweitstärkste Partei im Nationalrat, obwohl sich 1993 der liberale Flügel der FPÖ abgespalten und eine eigene Partei, das Liberale Forum (LIF), gegründet hatte. Das LIF war allerdings nur von 1994 bis 1999 im Nationalrat vertreten. Die Grünen festigten ab 1994 ihre Position als Kleinpartei. Sie schieden zwar nach den Wahlen 2017 vorübergehend aus dem Nationalrat aus, erreichten aber bei den vorgezogenen Wahlen 2019 mit 13,9 Prozent ihr bisher bestes Nationalratswahlergebnis (Stand: 2021). Die ÖVP-FPÖ/BZÖ-Koalitionen Obwohl die SPÖ bei den Wahlen von 1999 die deutlich stärkste Partei blieb (s. Grafik S. 191), stellte die ÖVP als drittstärkste Partei mit Wolfgang Schüssel den Bundeskanzler in einer „kleinen“ ÖVP-FPÖ-Koalition. Die SPÖ schied nach 30 Jahren aus der Regierung aus. Schon 2002 zerbrach diese Koalition nach FPÖ-internen Konflikten. Die ÖVP gewann die Neuwahlen und wurde erstmals seit 1966 wieder stärkste Partei im Nationalrat. Sie erneuerte ihre Regierungskoalition mit einer stark geschwächten FPÖ Nach innerparteilichen Richtungskämpfen wurde 2005 unter Führung des damaligen Kärntner Landeshauptmanns Haider das „Bündnis Zukunft Österreich“ (BZÖ) gegründet. Alle FPÖ-Regierungsmitglieder und die meisten Nationalratsabgeordneten schlossen sich dem BZÖ an. Neuer FPÖ-Obmann wurde bis 2019 Heinz-Christian Strache. Große Koalitionen von 2007 bis 2017 Nach den Nationalratswahlen 2006 folgten wieder elf Jahre lang Große Koalitionen mit SPÖ-Bundeskanzlern: Den Anfang machten Alfred Gusenbauer (SPÖ) und Vizekanzler Wilhelm Molterer (ÖVP), der aber schon nach zwei Jahren diese Zusammenarbeit beendete. Bei den Neuwahlen 2008, bei denen erstmals auch die Sechzehnjährigen wahlberechtigt waren, verloren die beiden Regierungsparteien viele Stimmen. Dennoch setzten sie unter Bundeskanzler Werner Faymann sowie den Vizekanzlern Josef Pröll und Michael Spindelegger die Große Koalition fort. Bei den Nationalratswahlen 2013 erzielten SPÖ und ÖVP ihr bis dahin schlechtestes Ergebnis seit Beginn der Zweiten Republik. Sie bildeten wieder eine Große Koalition. Dabei löste Christian Kern im Jahr 2016 Bundeskanzler Werner Faymann ab. In der ÖVP war ab 2014 Reinhold Mitterlehner Vizekanzler und Parteichef. 2017 trat er von allen politischen Ämtern zurück. Sein Nachfolger als ÖVP-Parteichef wurde der damalige Außenminister Sebastian Kurz. Er forderte sofort Neuwahlen. „Türkise“ Bundeskanzler seit 2017 Die „türkise“ „Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei“ gewann die Neuwahlen 2017 klar mit 31,5 Prozent. Sie bildete mit der wieder erstarkten FPÖ eine Koalitionsregierung mit Kurz als Bundeskanzler und Strache als Vizekanzler. Die NEOS zogen zum zweiten Mal in den Nationalrat ein. Anstelle der Grünen (nur 3,8 Prozent) war die Liste „Pilz“ (seit 2018 „JETZT“), eine Abspaltung der Grünen, mit acht Abgeordneten von 2017 bis 2019 dort vertreten. 2019 wurden neuerlich Neuwahlen notwendig. Auslöser dafür war das so genannte „Ibiza-Video“. Darin traf Vizekanzler Strache u. a. demokratiepolitisch sehr bedenkliche Aussagen und trat deshalb zurück. Im Anschluss wurde Innenminister Kickl entlassen, was zum Rücktritt der anderen FPÖ-Minister führte. Die nachfolgende ÖVP-Minderheitsregierung wurde nach einem erfolgreichen Misstrauensantrag abberufen und durch eine „Beamten-Regierung“ mit Brigitte Bierlein als Bundeskanzlerin ersetzt. Bei der Nationalratswahl 2019 verzeichnete die „türkise“ ÖVP große Zugewinne, ebenso die Grünen und die NEOS. SPÖ und FPÖ verloren an Stimmen, und die Liste „JETZT“ schaffte es nicht mehr in den Nationalrat. Erstmalig kam es daher seit 2020 zu einer „türkis-grünen“ Regierung unter Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Kogler. Doch im Oktober 2021 trat Kurz als Bundeskanzler zurück. Sein Nachfolger wurde vorerst Außenminister Alexander Schallenberg. Als Kurz zwei Monate später auch alle anderen politischen Funktionen zurücklegte, kam es zu einer neuerlichen, größeren Regierungsumbildung. Dabei übernahm der neue ÖVP-Obmann Karl Nehammer auch das Amt des Bundeskanzlers. 5. Die Regierungen seit den 1980er Jahren und der EU-Beitritt 176 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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