Zeitbilder 7/8, Schülerbuch

Jean-Jacques-François Le Barbier, Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. 8. 1789 (17 Artikel). Tafelbild, Öl auf Holz, zeitgenössisch. Alltägliches und Grundsätzliches Du setzt dich mehr oder weniger ausgeschlafen zum Frühstück, nachdem du deine SMS gecheckt hast; mit halbem Ohr hörst du die Nachrichten. Anschließend fährst du zur Schule, wo du mit deinen Freundinnen und Freunden noch schnell den Entwurf für ein Protestschreiben an eine Zeitung wegen der gestrigen einseitigen politischen Berichterstattung diskutierst. … Alle diese Alltäglichkeiten von morgens bis abends sind durch die Menschenrechte gesichert. Deren heute geltenden Grundsätze wurden 1948 beschlossen: L Am 10. Dezember 1948 nahm die Generalversammlung der Vereinten Nationen in Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Universal Declaration of Human Rights) an. Sie ist in der Geschichte der Menschheit das erste Dokument, in dem sich die Vertreter der überwältigenden Mehrheit der Staaten der Welt auf einen Katalog universell gültiger Rechte des Individuums verständigt haben. (Fassbender, Quellen zur Geschichte der Menschenrechte, 2014, S. 133) Die Menschenrechte und ihre Entwicklung Artikel 1 dieser grundlegenden Deklaration lautet: QAlle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Verstand und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen. (Artikel 1 der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ (AEMR) vom 10. 12. 1948. Zit. nach: Fritzsche, Menschenrechte, 2004, S. 207) L Die AEMR (= Allgemeine Erklärung der Menschenrechte) von 1948 umfasst insgesamt 30 Artikel. Darin werden die Staaten aufgefordert, Rechte zum Schutz der menschlichen Person (Recht auf Leben, Verbot der Sklaverei, Verbot der Folter, Verbot der willkürlichen Festnahme und Haft etc.), Anspruch auf wirksamen Rechtsbehelfe, klassische Freiheitsrechte wie Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Eigentumsgarantie oder die Ehefreiheit sowie wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Recht auf soziale Sicherheit, Recht auf Arbeit, Recht auf Nahrung und Gesundheit, Recht auf Bildung etc.) zu garantieren. Sie sollen für alle Menschen ungeachtet ihrer Rasse, ihres Geschlechts oder ihrer Nationalitäten gelten, d. h., diese Rechte sind universell gültig (ausnahmslos für jeden Menschen), unveräußerlich (nicht auf andere Personen übertragbar) und unteilbar (d. h., sie bedingen einander und müssen von den Staaten in ihrer Gesamtheit und nicht bloß in einzelnen Rechten verwirklicht werden). (Zusammengefasst nach: Fritzsche, Menschenrechte, 2004, S. 52. Primärquelle online auf: http://www.ohchr.org/EN/UDHR/Documents/UDHR_Translations/ger.pdf) Ermittle, auf welche Artikel der AEMR sich die einleitend genannten alltäglichen Tätigkeiten beziehen lassen. Linktipp: https://www.humanrights. ch/de/ [Menschenrechte für Einsteiger/innen → AEMR von 1948] Ausgewähltes zur Entwicklung Wann und wo die Entwicklung von Vorstellungen zu den Menschenrechten begonnen hat, lässt sich nicht eindeutig feststellen. L Am Anfang der Entwicklung der Menschenrechte stehen Mord und Folter, Sklaverei und Knechtschaft, also die noch nicht begrenzten Möglichkeiten, Menschen zu erniedrigen und zu unterdrücken. Der Entdeckung der Menschenwürde geht der Schmerz über die Erniedrigung voraus, gefolgt von der Hoffnung, dass das nicht so bleiben muss, und von der Einsicht, dass sich das in politischer Praxis ändern lässt. (Fritzsche, Menschenrechte, 2004, S. 24) Rechtsphilosophen vermuten Vorläufer der Idee der Würde und Gleichheit aller Menschen bereits in der griechischen Philosophie der Antike, v. a. in der Stoa ab dem 3. Jh. v. Chr. Jedenfalls aber findet sich in allen Weltreligionen mehr oder weniger ausgeprägt die „Goldene Regel der Gegenseitigkeit“: „Tue nicht anderen, was du nicht willst, dass sie dir tun“ (Küng, Handbuch Weltethos, 2012, S. 14). Der entscheidende Durchbruch der Idee ist aber mit der europäischen Aufklärung verbunden. Die politische Lehre des englischen Philosophen John Locke (1632–1704) war dafür bahnbrechend: Ihm galten die Rechte auf Leben, Freiheit und Eigentum als angeborene, von der Natur gegebene Rechte des Menschen. Zum Schutz seiner Rechte ist der Einzelne bereit, sich mit anderen zu einem Gemeinwesen (= Staat) zusammenzuschließen. D.h., der Zweck eines jeden Staates ist somit, diese natürlich gegebenen Rechte des Menschen („Menschenrechte“) zu schützen. Damit hat Locke die politische Verwirklichung der Idee der Menschenrechte nachhaltig beeinflusst. Ihre tatsächliche politische Umsetzung erfolgte im Rahmen von Revolutionen, zuerst in den USA und dann in Frankreich: Im Unabhängigkeitskampf der englischen Kolonien in Amerika wurde Längsschnitt 156 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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