1. Frauenemanzipation und Gleichstellungspolitik in Österreich Frauen sind mehrfach belastet Auch in Österreich sind berufstätige Frauen, die Kinder zu versorgen und einen Haushalt zu führen haben, mehrfach belastet. Berechnungen von Fachleuten haben ergeben, dass es in Österreich etwa 22 Mrd. Euro jährlich kosten würde, die Hausarbeit nach dem Kollektivvertrag für Hausangestellte abzugelten. In der Folge der Zweiten Frauenbewegung haben auch die Frauen in Österreich begonnen, sich gegen geschlechtsspezifische Benachteiligungen zu wehren. AUF – Partnerschaft und Volksbegehren L 7. Mai 1971. Mehr als 130 Frauenrechtler und -rechtlerinnen ziehen zum Muttertag mit Pfannen und Kochlöffeln über die Wiener Mariahilferstraße. Sie demonstrieren für die Gleichberechtigung und das Selbstbestimmungsrecht der Frauen, gegen das Abtreibungsverbot. Mit hörbarem Erstaunen registriert und kommentiert ein ORF-Reporter diese „Demonstration von Anhängern der Frauenemanzipation“, mit der sich der Aufbruch der Frauenbewegung auch in Österreich ankündigt. (Geiger/Hacker, Donauwalzer – Damenwahl, 1989, S. 13) Im Herbst 1972 erfolgte die Gründung der ersten „Autonomen Frauenbewegung“ (AUF). Ihre Hauptanliegen waren die Emanzipation der Frau, die Neubewertung der Aufgaben in der Familie und die Ermöglichung des straffreien Schwangerschaftsabbruchs. Dieses letzte Ziel wurde 1975 mit der Einführung der „Fristenlösung“ erreicht. 1975 trat das „Gesetz über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe“ in Kraft, das erstmalig eine Verbindung der Ehepartner nach dem Grundsatz der Gleichheit der Geschlechter und dem Partnerschaftsprinzip vorsah: Q§ 89: Die persönlichen Rechte und Pflichten der Ehegatten im Verhältnis zueinander sind, soweit in diesem Hauptstück nicht anderes bestimmt ist, gleich. (BGBl. vom 31. 7. 1975/412) Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die familienrechtlichen Vorschriften des „Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches“ (ABGB) aus dem Jahre 1811 gegolten. Dort stand: Q§ 91 Der Mann ist das Haupt der Familie. In dieser Eigenschaft steht ihm vorzüglich das Recht zu, das Hauswesen zu leiten; (…) § 92 Die Gattin erhält den Namen des Mannes, und (…) ist verbunden, dem Manne in seinen Wohnsitz zu folgen, in der Haushaltung und Erwerbung nach Kräften beyzustehen, und soweit es die häusliche Ordnung erfordert, die von ihm getroffenen Maßregeln sowohl selbst zu befolgen, als befolgen zu machen. (ABGB 1811, § 91 und 92. Online auf: http://www.renner-institut.at/ fileadmin/frauenmachengeschichte/sd_frgesch/sub-dat/famrecht. htm, 7. 7. 2018) Die Abschaffung der Vorrangstellung des Mannes in der Familie führte auf gesetzlicher Ebene zur Gleichberechtigung der beiden Ehepartner. Auch Elternkarenzzeiten stehen Müttern und Vätern gleichermaßen zu. In der Lebenswirklichkeit entstehen in der Regel aber weiterhin Probleme, wenn ein Paar Kinder bekommt: Meist erzieht die Frau die Kinder und besorgt den Haushalt, auch wenn sie berufstätig ist. 1996 führte die Frauenministerin Helga Konrad eine Kampagne für die Gleichstellung von Frauen durch. „Ganze Männer machen Halbe-halbe“ lautete der damalige Slogan: Nicht nur bei der Hausarbeit, sondern auch bei allen politischen Mandaten sowie in allen Führungsgremien sollten Frauen und Männer zu gleichen Teilen vertreten sein. 1997 lenkten Frauen mit dem „Volksbegehren für Frauenförderung“ unter dem Motto „Alles, was Recht ist“ die Aufmerksamkeit auf ihre vielfältigen Benachteiligungen in Österreich. Folgende gesetzliche Maßnahmen wurden gefordert: gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, staatliche Bildungsmaßnahmen für Frauen, ganztägige qualifizierte Betreuungseinrichtungen für Kinder, Anspruch auf Teilzeitarbeit für Eltern bis zum Schuleintritt ihrer Kinder u. v. a. m. Etwa 645 000 Frauen und Männer haben das Frauenvolksbegehren unterschrieben. Einen weiteren Schritt in Richtung soziale und ökonomische Gleichstellung von Frauen und Männern forderte 2018 das „Frauenvolksbegehren 2.0“, das etwa 482.000 Unterschriften erzielte. Eine Demokratie bleibt unvollständig ohne Geschlechtergerechtigkeit. Berechne den aktuellen Frauenanteil in den politischen Vertretungsgremien, welche dich betreffen: Nationalrat, Landtag, Gemeinderat. „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ Die Gleichberechtigung der Frauen beim Arbeitsentgelt wurde 1979 mit dem „Gleichbehandlungsgesetz“ rechtlich verankert. Der vierte Frauenbericht des Bundeskanzleramts aus dem Jahr 2010 stellte fest, dass sich die Einkommenssituation der Frauen in den 1980er Jahren zwar spürbar verbessert hat, dass aber nach wie vor deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede gegeben sind. Als Gründe für diesen „Gender Pay Gap“ werden u.a. angeführt: Teilzeitarbeit, geringere Stundenlöhne, unterschiedliche Bildungs- und Berufslaufbahnen, geringere regionale Mobilität und Erwerbsunterbrechungen der Frauen aufgrund von Betreuungsarbeit z.B. von Kindern und pflegebedürftigen Familienangehörigen (vgl. 4. Frauenbericht 2010). Ein weiteres Beispiel bildet der „Equal Pension Day“. Diesen legte man in Österreich für das Jahr 2017 auf den 27. Juli. Bis zu ihm erhielten die Männer von Jahresbeginn an so viel Pension, wie die Frauen für das ganze Jahr bekommen werden. Das bedeutet, dass Frauen im Schnitt nur 57 Prozent des Betrages bekommen, den Männer erhalten. 130 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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