Zeitbilder 7/8, Schülerbuch

und beschwört damit Konflikte herauf, welche die Region noch hundert Jahre später plagen werden. (Zand, Hundert Jahre Krieg, 27. 1. 2014. Online auf: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-124 719 307.html, 19. 9. 2017) 1917 erklärte der britische Außenminister Balfour, dass seine Regierung die „Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“ begrüße. Noch war nicht von einem jüdischen Staat die Rede, aber von da an wurde das arabisch-jüdische Zusammenleben zu einer bedeutenden politischen Frage. Im Gebiet des ehemaligen Osmanischen Reiches lebten Minderheiten, deren Hoffnungen auf einen eigenen Staat sich 1918 nicht erfüllten. Dies galt für die Kurden und für die Armenier. An den Armeniern wurde während des Krieges ein Genozid verübt. Die britische Historikerin Margaret MacMillan antwortete 2015 auf die Frage: „Welches waren die größten Fehler der vier (Siegermächte), aus denen wir heute mit Blick auf Konflikte wie mit Russland oder im Nahen Osten lernen sollten?“ L Sie haben nicht alle Beteiligten an den Tisch geholt, haben die Verträge ohne die Deutschen gemacht und ohne die Russen. Sie hätten mehr tun müssen, um alle zu versammeln. Und sie hätten stärker auf die betroffenen Bevölkerungen hören müssen – insbesondere im Nahen Osten, wo die Siegermächte Grenzen ohne Rücksicht auf die Einheimischen zogen. Die Spätfolgen dieser Politik sind dort bis heute zu besichtigen. (MacMillan, Den Versailler Vertrag trifft keine Schuld. Online auf: http://www.zeit.de/2015/46/margaretmacmillan-versailler-vertrag-woodrow-wilson/komplettansicht, 19. 9. 2017) Neue politische Entwicklungen in Europa Nach dem Ersten Weltkrieg entstanden neue internationale Machtverhältnisse. Europa verlor seine Vormachtstellung. Die USA stiegen zur führenden Industrienation und zum größten Kreditgeber der Welt auf. Das Deutsche Reich und die Sowjetunion waren nach Kriegsende international isoliert: das Deutsche Reich als Kriegsverlierer, die Sowjetunion wegen der kommunistischen Machtübernahme. Dies führte trotz aller ideologischer Gegensätze zu einer Annäherung der beiden Staaten. 1922 schlossen sie im italienischen Rapallo einen Handelsvertrag ab, der wenige Jahre später zu einem Freundschaftsvertrag erweitert wurde. Eine wesentliche Rolle spielte dabei das gemeinsame Interesse an der Zerschlagung Polens. Frankreich reagierte auf die deutsch-sowjetische Annäherung mit einem Bündnis mit der Tschechoslowakei und Rumänien („Kleine Entente“), um seine Stellung in Europa zu festigen. Folgen im Nahen Osten Der Zerfall des Osmanischen Reiches führte zu großen Veränderungen im Nahen Osten (vgl. S. 272 ff.). 1916 schlossen Großbritannien und Frankreich ein geheimes Abkommen („Sykes-Picot-Abkommen“). Darin einigten sie sich darauf, wie sie das Osmanische Reich nach dem Sieg aufteilen wollten. Die Grenzziehung erfolgte dabei willkürlich, mit „Lineal und Zirkel“. Dies geschah, obwohl Großbritannien den Arabern, die bei der Neuordnung des Nahen Ostens auf das nationale Selbstbestimmungsrecht pochten, die Unabhängigkeit versprochen hatte. Gemäß dem Sykes-Picot-Abkommen erhielt Frankreich nach dem Ersten Weltkrieg vom Völkerbund ein Mandat (= das Recht auf Verwaltung) für das Gebiet, in dem heute Syrien und der Libanon liegen. Den Briten wurden der Irak, Jordanien und Palästina zugesprochen. Der Journalist Bernhard Zand beschreibt das SykesPicot-Abkommen und seine Folgen so: L Am Anfang der hundert Jahre Krieg im Nahen Osten aber steht der mutwillige Beschluss zweier europäischer Kolonialmächte, diesen Teil der Welt nach ihren Bedürfnissen zu ordnen und buchstäblich eine Linie in den Wüstensand zu ziehen. (…) Das Sykes-Picot-Abkommen ist ein ungeniert imperialistisches Dokument. Es nimmt keine Rücksicht auf die Wünsche der betroffenen Bevölkerung, setzt sich willkürlich über die ethnischen und konfessionellen Grenzen der arabischen und kurdischen Welt hinweg Naher Osten 1916 und heute. Bis 1948 entstanden im Nahen Osten neue Staaten. Sie gehen auf die Aufteilung in ein französisches und ein britisches Mandatsgebiet zurück. 12 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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