Zeitbilder 6, Schulbuch

Kirchengut, Assignaten und Inflation Um den völligen Zusammenbruch der Staatsfinanzen zu verhindern, beschloss die Nationalversammlung, alle Klöster und Orden aufzuheben. Das Kirchengut wurde zu Gunsten des Staates eingezogen. Auf die beschlag- nahmten kirchlichen Güter wurden Anteilsscheine (= Assignaten) ausgegeben. Diese dienten bald als Pa- piergeld. Die Regierungen Frankreichs verursachten nun durch maßlose Vermehrung dieser Wertpapiere eine Geldentwertung. Dies führte zu einem starken Preisan- stieg und dadurch zur weiteren Verschlechterung der Lebenssituation der Unterschichten. Andererseits ge- Das Jahr 1789 5. Mai 17. Juni 20. Juni 14. Juli 2. Julihälfte 4. August 26. August 5./6. Oktober 2. November Eröffnung der Generalstände in Versailles Der Dritte Stand erklärt sich zur Nationalversammlung. „Schwur im Ballhaus“ Sturm auf die Bastille Beginn der bäuerlichen Revolution Die „Nacht des 4. August“: Abschaffung der Privilegien des Klerus und des Adels Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers Marsch nach Versailles: Der König und die Abgeordneten werden nach Paris geholt. Die Kirchengüter werden der Nation übereignet. Die Verfassung vom 3. September 1791 Kontrolle Ausführende Gewalt König der Franzosen von Gottes Gnaden und durch die Verfassung Fachminister Beamte der Gemeinden und Départements National- versammlung Natio- nal- garde Außen- minis- ter Wahlmänner Oberste Gerichtshöfe Richter und Geschworene Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789 Aktiv-Bürger 4,3 Mio. Passiv-Bürger 3 Mio. Frauen und Personen unter 25 Jahren sind nicht wahlberechtigt (ca. 18 Mio.) Gesetzgebende Gewalt Richterliche Gewalt Wahl Wahl Wahl Wahl Kontrolle Kontrolle Ober- aufsicht ernennt entlässt Kontrolle Kontrolle Kontrolle Ober- aufsicht lang es Spekulanten, enorme Vermögen zu erwerben. Da nun der Staat für die Bezahlung des Klerus zuständig war, organisierte die Nationalversammlung die franzö- sische Kirche genauso wie jede öffentliche Verwaltung. Die religiösen Gelübde wurden abgeschafft. Die Priester galten als Beamte, die einen Eid auf die Verfassung leis- ten mussten. Damit war die Trennung vom Papst in Rom vollzogen. Fortschrittlich war die Einführung einheitli- cher Maße und Gewichte immetrischen System. Es wur- de bald in großen Teilen der Welt verbindlich. Revolutionskriege Ab dem Herbst 1791 ergab sich eine enge Wechselwir- kung zwischen der Innen- und der Außenpolitik Frank- reichs. Die emigrierten Adeligen Frankreichs drängten nämlich die Fürsten Europas zu einem bewaffneten Ein- greifen. Diese waren bereit dazu, denn sie befürchteten das Übergreifen der Revolution auf ihre Länder. Der französische Hof erhoffte einen Sieg der Gegner Frankreichs und die Wiederherstellung der absolutisti- schen Herrschaft. Die übrigen Gruppierungen gingen davon aus, dass Frankreich siegen werde. Besonders die Girondisten (Vertreter des mittleren und gehobenen Bürgertums) traten für den Krieg ein. Sie erhofften sich davon eine nationale Begeisterung, die von den inneren Problemen ablenken und die Revolution über die Gren- zen tragen werde. Schließlich wurde Österreich der Krieg erklärt. Tatsäch- lich stand Frankreich jedoch von Anfang an einer Koa- lition gegenüber, der auch Preußen, Russland, Piemont und Spanien angehörten. Die schlecht ausgerüsteten und desorganisierten französischen Truppen (die Hälfte der Offiziere war in der Emigration) erlitten Niederlage um Niederlage. Die Legis- lative erklärte feierlich: „Das Vaterland ist in Ge- fahr.“ Daraufhin strömten aus allen Landesteilen Ba- taillone von Nationalgar- disten nach Paris, darunter auch jene aus Marseille, deren Marschlied – die Marseillaise – bald populär wurde. Der Sieg bei Valmy am 20. September 1792 ge- gen die preußische Armee machte dem revolutionä- ren Frankreich neue Hoff- nungen. Anonym, Bewaffneter Sanscu- lotte. Radierung, um 1791. Als Sansculotten wurden in der Französischen Revolution die Pari- ser Arbeiter und Kleinbürger (es gab auch Frauen darunter) be- zeichnet, da sie im Gegensatz zum Adel und Klerus keine Kniebund- hosen (sog. Culottes), sondern lan- ge Beinkleidung trugen. Sie vertra- ten die eigentliche Volksherr- schaft. Von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg 95 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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