Zeitbilder 6, Schulbuch

Revolution der Abgeordneten in Versailles Bei der Eröffnungssitzung der Generalstände am 5. Mai 1789 forderte der König die Versammlung auf, die Staatsfinanzen zu sanieren. Die Regierung wollte die absolutistische Herrschaftsform aufrechterhalten, das Gesellschaftssystem sollte nicht angetastet werden. Des- halb nahm sie auch nicht zum Problem Stellung, ob nach Ständen oder nach Köpfen abgestimmt werden sollte. Gerade dies lag aber den Abgeordneten des Dritten Standes am Herzen. Nach Wochen ergebnisloser Diskussion erklärte sich der Dritte Stand zur Nationalversammlung, zur alleinigen Vertretung des französischen Volkes. Als der König da- raufhin den Tagungsraum versperren ließ, versammel- ten sich die Abgeordneten im „Ballhaus“ (Tennissaal) und schworen feierlich, „sich niemals zu trennen, bis die Verfassung vollendet ist“. Aus den Generalständen ist die Verfassungsgebende Nationalversammlung, die „Konstituante“, entstanden. Revolution der Pariser Bevölkerung Nun wurde auch die Pariser Bevölkerung aktiv. Sie be- waffnete sich mit den im Invalidendom gelagerten Waf- fen der königlichen Truppen und stürmte am 14. Juli 1789 die Bastille. Diese mittelalterliche Zwingburg dien- te als Staatsgefängnis. Die Aktion galt weniger den In- haftierten als der Vernichtung des Symbols absolutisti- scher Willkür. Dieses Ereignis nimmt im Bewusstsein des französischen Volkes eine so große Bedeutung ein, dass der 14. Juli bis zum heutigen Tage als Nationalfeiertag begangen wird. Die erste Phase der Französischen Revolution Verfassung von 1791 Menschenrechtserklärung 26. August 1789 Revolution der Abgeordneten des Dritten Standes Revolutionären Akten der Bauern in den Provinzen Revolution der Bürger von Paris Missstände Unzufriedenheit Soziale Spannungen Ängste … Ablösung der Feudalordnung wechselseitige Beeinussung Lokalrevolutionen in anderen Städten führen zu führen zur führen zu Die Pariser Bürgerinnen und Bürger gaben sich aber da- mit nicht zufrieden. Schon bald kam es zur Ermordung hoher Staatsbeamter. Die abgeschlagenen Köpfe der Opfer wurden auf Lanzen gespießt und im Triumphzug durch die Straßen getragen. Als in Paris imOktober 1789 wieder einmal eine Hungers- not drohte, weil das Brot knapp wurde, marschierten die Frauen und Männer nach Versailles. Sie holten die könig- liche Familie in die Hauptstadt. Viele Städte vollzogen nach dem Vorbild der Hauptstadt ihre eigene Revolution. Die staatlichen Einrichtungen begannen sich aufzulösen. Revolution der bäuerlichen Bevölkerung Im Juli 1789 zog die bäuerliche Bevölkerung vor die Schlösser ihrer Herrschaften. Es kam zu Gewaltakten: Die Aufzeichnungen über die verhassten Feudallasten wurden verbrannt, Schlösser gingen in Flammen auf. Adelige wurden misshandelt und manchmal ermordet. Viele flüchteten ins Ausland. Menschenrechte in Frankreich Unter dem Eindruck dieser Ereignisse beschloss die Na- tionalversammlung, die Privilegien, ständische Unter- schiede und Feudallasten ersatzlos aufzuheben. Alle männlichen Bürger Frankreichs sollten gleichberechtig- te Bürger einer Nation sein. Damit war die Gesellschafts- ordnung des Absolutismus zerstört. Bald darauf wurde auf Antrag Lafayettes nach amerika- nischem Vorbild eine feierliche Erklärung der Men- schenrechte abgegeben: Q 1. Die Menschen werden frei und gleich an Rech- ten geboren und bleiben es. Die gesellschaftli- chen Unterschiede können nur auf dem allgemeinen Nutzen begründet werden. 2. Der Zweck jeder staatlichen Vereinigung ist die Er- haltung der natürlichen und unverjährbaren Men- schenrechte. Diese Rechte sind Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung. […] 10. Niemand darf wegen seiner Ansichten, selbst nicht der religiösen, bedrängt werden. […] 11. Die freie Mitteilung der Gedanken und Ansichten ist eines der kostbarsten Menschenrechte; daher kann jeder Bürger frei sprechen, schreiben, drucken, mit dem Vorbehalt, dass er verantwortlich ist für den Missbrauch dieser Freiheit in den vom Gesetz festge- legten Fällen. […] 17. Da das Eigentum ein unverletzliches und geheilig- tes Recht ist, kann es niemandem genommen werden, wenn nicht die öffentliche, gesetzlich festgestellte Notwendigkeit es klar erfordert und unter der Bedin- gung einer gerechten und vorherigen Entschädigung. (Zit. nach: Hartig, Die Französische Revolution, 1984, S. 52 ff.) Beschreibe die Freiheitsrechte, welche in dieser Erklärung garantiert sind. Arbeite heraus, in welchen Aussagen Zu- sammenhänge mit der Aufklärung erkennbar sind. 94 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=