Zeitbilder 6, Schulbuch

Imperialismus Der Imperialismus des 19. und frühen 20. Jh. steht geschichtlich in enger Verbindung zum Kolonialismus der frühen Neuzeit. Er bezeichnet ein Streben nach Herrschaft und Macht, das vor allem in Afrika und Asien zu einer for- mellen oder informellen Beherrschung von Territorien und Ländern durch die im- perialen Mächte führte. Gründe für die imperiale Politik waren in erster Linie ein verbreitetes Großmachtstreben, daraus entstehende Rivalitäten sowie wirtschaft- liche und militärische Ziele. Kolonialismus Mehrere europäische Staaten eroberten seit dem 16. Jh. z. T. große Gebiete auf anderen Kontinenten. Diese Eroberungen führten zur totalen, jahrhundertelangen Beherrschung der dort lebenden Völker durch die europäi- schen Mächte. Die wichtigsten Kolonial- mächte: im 16. Jh. Spanien (v. a. in Mittel- und Südamerika) und Portugal (Stütz- punkte in Indien, Ostasien, Brasilien), im 17. Jh. die Niederlande (v. a. Ostasien, Nordamerika), England und Frankreich (v. a. Nordamerika und Indien) sowie Russland (Sibirien). Rasse Der Begriff „Rasse“ wurde in der Aufklärung des 18. Jh. als ein Merkmal verwendet, um Menschen biologisch und anthropologisch zu unterscheiden und in Kategorien einzuteilen. Gefördert durch die Theorien von Charles Darwin wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jh. „Rasse“ endgültig zu einem zentralen Begriff der Klassifizierung von Menschen. „Rasse“ blieb allerdings nicht ein ausschließlich „wissenschaftlicher“ Begriff, sondern wur- de sehr rasch mit ideologisch-politischen Interessen und Wertvorstellungen von „höher- bzw. minderwertig“ verbunden. Dies geschah insbesondere in der Ideolo- gie des Nationalsozialismus. Obwohl von wissenschaftlicher Seite die Aussagekraft des Begriffs in Frage gestellt wird, findet „Rasse“ weiterhin ihre (pseudo-)wissen- schaftliche Begründung und ideologisch wertende Verwendung. Grundbegriffe Expansion – vom Kolonialismus zum Imperialismus Die Europäer „entdecken“ und erobern die Welt • Der Handel der italienischen Seestädte im östlichen Mittel- meer geriet seit der Eroberung Konstantinopels (1453) durch die Osmanen ins Stocken. Sie versperrten die Handelswege nach (Ost-)Asien. Portugiesen und Spanier suchten einen Weg nach Indien zur See. • Die Portugiesen fanden den Weg nach Indien in der zweiten Hälfte des 15. Jh. rund um Afrika (Vasco da Gama, 1498) und sicherten ihn durch Handelsstützpunkte ab. • Kolumbus wollte im Auftrag der spanischen Krone Indien auf dem Westweg erreichen. Dabei „entdeckte“ er Amerika. Die Spanier eroberten danach große Teile Mittel- und Südamerikas. Sie zerstörten dabei die Kulturen der Maya, Azteken und Inka. • 1494 teilte ein päpstlicher Schiedsspruch die außereuropäi- sche Welt zwischen Spaniern und Portugiesen auf. • Die Weltumseglung des Portugiesen Magellan (1519–1522) bewies die Kugelgestalt der Erde auch in der Praxis. • Die Ausbeutung der neuen Kolonien führte zu einer weitge- henden Ausrottung der amerikanischen Ureinwohnerinnen und Ureinwohner. Seit Beginn des 17. Jh. wurden bis ins 19. Jh. Millionen von Sklavinnen und Sklaven aus Afrika zur Zwangsarbeit in die „Neue Welt“ verschifft. • Seit Beginn des 17. Jh. wurden auch England, Frankreich und die Niederlande als Seemächte aktiv. England errichtete Kolonien in Nordamerika und verdrängte die Portugiesen aus Indien. Frankreich errichtete ein Kolonialreich vom heutigen Kanada aus, die Niederlande in der ostasiatischen Inselwelt. • Innerhalb von 250 Jahren fand die „Europäisierung der Welt“ statt. Sie ist z. T. heute noch spürbar: in Wissenschaft und Technik, Architektur und Gesellschaftsordnung, Wirtschaft und Rechtspraxis. Imperialismus • Die Jahrzehnte von ca. 1880 bis 1914 werden auch als die Epoche des (Hoch-)Imperialismus bezeichnet. Zu den wich- tigsten imperialistischen Akteuren zählten Großbritannien, Frankreich, Belgien, Japan, das Deutsche Reich, Italien und die USA. • Kolonien galten als Stützpunkte, Siedlungsräume, Rohstoff- lieferanten, Absatzmärkte oder als Prestigeobjekte. • Unter dem Druck britischer Kriegsschiffe öffnete China 1840 die Häfen und gewährte freie Schifffahrt sowie Zoll- und Han- delsbegünstigungen. Hongkong wurde britische Kolonie (1842). • Trotz heftiger innerer Konflikte öffnete auch Japan nach 1853 seine Grenzen und entwickelte sich bis 1890 zu einem wirtschaftlich und militärisch mächtigen Staat. • 1869 wurde der Suezkanal fertig gestellt. Weil sich Ägypten durch die hohen Baukosten übernommen hatte, wurde es einer europäischen Finanzaufsicht unterstellt. 1882 kam es unter direkte britische Herrschaft. • Auf einer Konferenz 1884/85 in Berlin sicherten sich die europäischen Staaten ihre Interessen in Afrika. • 1898 übernahmen die USA auf Hawaii und Guam, auf Puerto Rico und den philippinischen Inseln die Macht. Auf Kuba, Haiti und der Dominikanischen Republik erzwangen sie wie in ganz Mittelamerika ein „Recht auf Intervention“. In Pana- ma sicherten sich die USA die Kanalzone. • Der Aufstand der „Boxer“ in China (1900) sowie jener der He- rero und Nama in der deutschen Kolonie „Südwestafrika“ (1904/07) wurden niedergeschlagen. • 1911 wurde in China das Kaisertum gestürzt und die Repu- blik ausgerufen. 81 Basiswissen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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