Zeitbilder 6, Schulbuch

heirateten Männer 60 bis 400 km zum Goldgraben fort, und die Frauen blieben in den Häusern und auf den Farmen zurück, um dort Feldarbeit zu verrichten. So kam es, dass die Geburten fast aufhörten. Die neu- geborenen Kinder konnten sich nicht entwickeln, weil die Mütter, von Anstrengung und Hunger erschöpft, keine Nahrung für sie hatten. Aus diesem Grund star- ben z. B. auf der Insel Kuba, als ich dort war, 7 000 Kinder im Lauf von drei Monaten; einige Mütter erdrosselten vor Verzweiflung ihre Kinder. […] Als Ergebnis kann man annehmen, dass in den vier- zig Jahren mehr als 12 Millionen Männer, Frauen und Kinder getötet worden sind. (Las Casas, Sehr kurzer Bericht über die Verwüstung Indiens; in: Schmid, Fragen an die Geschichte, Bd. 2, 1979, S. 169 f.) Viele Indigene starben auch an aus Europa einge- schleppten Krankheiten. Sie hatten gegen Pocken und Typhus, Grippe und Masern zu wenig Abwehrkräfte. Erst als im Laufe des 16. Jh. die indigene Bevölkerung gänzlich auszusterben drohte, wurden die Schutzgeset- ze für die Ureinwohnerinnen und Ureinwohner ernster genommen. Zu ihrer Schonung wurden nun Sklavinnen und Sklaven aus Afrika nach Amerika verkauft. Millio- nen Schwarzafrikanerinnen und Schwarzafrikaner wur- den in den nächsten Jahrhunderten auf Plantagen und in Bergwerken zur Sklavenarbeit gezwungen und ver- halfen damit den Kolonialherren zu ihrem Reichtum. Auch Engländer, Franzosen und Niederländer kommen Nach einem Schiedsspruch des Papstes im Vertrag von Tordesillas war die außereuropäische Welt zwischen Spaniern und Portugiesen vertraglich aufgeteilt (1494). Die anderen europäischen Seemächte traten erst gegen Ende des 16. Jh. in den Kampf um überseeischen „Be- sitz“ ein. Sie erhoben den Anspruch auf „Freiheit der Meere“. Mit Kaperungen von Schiffen und Überfällen auf Häfen führten die Engländer vorerst den europäischen Krieg gegen Spanien auf den Weltmeeren fort. Sie suchten eine Durchfahrt zu den Gewürzinseln auf der nördlichen Route. Erst zu Beginn des 17. Jh. setzten sie sich in Nord- amerika fest. Etwa gleichzeitig landeten die Franzosen am St. Lo- renz-Strom im heutigen Kanada und errichteten von dort aus ein großes Kolonialreich. Im 17. Jh. „entdeckten“ die Niederländer Australien, Neuseeland und Neuguinea und bauten in der indonesi- schen Inselwelt ihr Handelsreich aus. Seit dem 18. Jh. verdrängten die Engländer die Portu- giesen aus Indien. Sie gründeten dort private Handels- kompanien. Diese übernahmen neben ihrer kaufmänni- schen Tätigkeit auch staatliche Funktionen (z. B. den Ausbau von befestigten Stützpunkten). Was bewirken die „Entdeckungen“? Bis zum Ende des Mittelalters war den Europäern der größte Teil der Welt noch unbekannt. Doch innerhalb der folgenden 250 Jahren unterwarfen die wenigen eu- ropäischen Mächte den größten Teil der ihnen damals bekannten Erdteile. Sie leiteten damit jene „Europäisie- rung der Welt“ ein, die bis heute noch spürbar ist: in Wissenschaft und (Kriegs-)Technik, Architektur und Ge- sellschaftsordnung, Herrschaftsformen, Wirtschaft und Rechtspraxis. Einen „Kulturaustausch“ gab es in der Neuzeit nur im landwirtschaftlichen Bereich: Die Europäer brachten ne- ben Schafen, Pferden, Rindern und Hühnern auch Zuckerrohr, Kaffee, Oliven, Orangen, den Rebstock und Weizen in die „Neue Welt“. Aus Amerika fanden Tabak, Kartoffeln, Mais, Kakao, Tomaten, Erdnüsse und der Truthahn den Weg nach Europa. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Arbeite mit Hilfe des Internets (z. B. http://www.national- geographic.de/reportagen/entdecker/die-bedeutends- ten-entdecker-aller-zeiten) und/oder eines Sachbuches (z. B. Christine Schulz-Reiss, Wer war das? Abenteurer und Entdecker, Loewe Verlag) folgende Informationen über die auf der Karte „Große Entdeckungsfahrten“ auf S. 69 ange- führten Entdecker heraus: Herkunft, Auftraggeber, wich- tigste „Entdeckungen“. 2. Sammelt in Kleingruppen aus unterschiedlichen Medien politische, wirtschaftliche und kulturelle Informationen über ausgewählte afrikanische Staaten der Gegenwart. 3. Diskutiert in der Klasse, welche Art von Kultur- und Wirt- schaftsaustausch es heute zwischen „Nord“ und „Süd“, „Ost“ und „West“ gibt. Kompetenztraining Geschichtskarten hinsichtlich ihrer Konstruktion hinterfragen Die Karten-Darstellungen auf S. 69 helfen dir, Historische Me- thodenkompetenz zu entwickeln und die beiden Kartendarstel- lungen als Konstruktionen zu erkennen. Ausgehend von unter- schiedlichen Ausgangsvorstellungen zeigen die Karten zwei unterschiedliche Sichtweisen der Welt. Die aus den Umset- zung der Arbeitsaufträge gewonnenen Erkenntnisse sollen es dir ermöglichen, auch andere Geschichtskarten hinsichtlich ihrer Konstruktion zu hinterfragen. 1. Vergleiche die beiden Karten auf S. 69 hinsichtlich ihrer Perspektive (Sicht auf die Welt). 2. Analysiere und bewerte mit Hilfe der beiden Karten, ob bzw. inwieweit die Bezeichnung „Europäisierung“ der Welt (vom 15. bis 17. Jh.) gerechtfertigt ist. 68 Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags ö b v

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=