Zeitbilder 6, Schulbuch

1.2 Afrika vor der Kolonialisierung Lange Zeit beschränkten sich die meisten europäischen Historikerinnen und Historiker auf die Erforschung der Geschichte Afrikas während der Altsteinzeit, erst seit wenigen Jahrzehnten beschäftigen sie sich auch inten- siver mit der vielfältigen jüngere Geschichte Afrikas. Seit gut 2000 Jahren gibt es südlich der Sahara ständig bewohnte Siedlungen. Ab ca. 500 n. Chr. bildeten sich dort in verschiedenen Regionen unterschiedliche König- reiche heraus. Erste Berichte von den kulturellen und wirtschaftlichen Reichtümern Afrikas stammen von ara- bischen Gelehrten. Die Araber hatten nämlich bereits seit dem 8. Jh. die nordafrikanische Mittelmeerküste erobert und Muslime waren bis nach Mauretanien vor- gedrungen. Karawanenhandel und Seehandel vor dem 15. Jh. Ab diesem Zeitpunkt durchquerten arabische Kaufleute, Abenteurer und Forscher mit Karawanen die Sahara und traten so in Verbindung mit schon bestehenden westafri- kanischen Reichen. Die Könige von Ghana lebten beispielsweise in prunk- vollen Palästen, regierten ein Riesenreich und bezogen ihren Reichtum vor allem aus Steuern auf Kupfer-, Gold- und Salztransporte. Auch das westafrikanische König- reich Mali erlebte zwischen 1200 und 1500 eine beacht- liche Blüte unter einheimischen, muslimischen Herr- schern. Schon lange vor diesem Karawanenhandel mit Westafri- ka gab es einen regen Seehandel zwischen den ostafri- kanischen Handelsplätzen (z. B. Mogadischu) und asia- tischen Küstenstädten in Arabien und Indien. Von der ostafrikanischen Küste aus wurden hauptsächlich Elfen- bein und Tierfelle gehandelt. Während an den Küsten- strichen der Islam weit vorgedrungen war, herrschten in den verschiedenen Reichen Innerafrikas die Naturreli- gionen vor. Weil diese afrikanischen Gesellschaften kei- nen Unterschied zwischen staatlicher und religiöser Funktion kannten, übten ihre Herrscher beide Gewalten aus. Der Handel zwischen diesen Reichen war sehr begrenzt: Es fehlten Straßen, Zugtiere und damit auch Wagen. Zu Wasser verwendete man vorwiegend Kanus, sofern nicht Stromschnellen, Überschwemmungen während der Re- genzeit oder die ausgetrockneten Flusstäler in den Trockenperioden den Verkehr auf den Flüssen unmög- lich machten. Das fehlende Verkehrssystem erschwerte die Bildung großer politischer Verwaltungseinheiten. Das häufig ungesunde Klima hemmte zusammen mit immer wiederkehrenden Seuchen (Malaria, Schlaf- krankheit) die Entwicklung Afrikas und ein Ansteigen der Bevölkerung: Für die Gesamtfläche von 30 Millio- nen km 2 werden im Jahre 1680 nur ca. 5 Millionen Men- schen geschätzt. Insgesamt wissen wir über die Entwicklung dieser Rei- che recht wenig, da bis ins 15. Jh. nie ein Europäer den Dschungel betreten hat und schriftliche Aufzeichnun- gen gänzlich fehlen. Grundbesitz spielte als Quelle von Macht und Reichtum wegen der dünnen Besiedlung Afrikas kaum eine Rolle. Die Afrikaner kannten keinen Pflug. Sie betrieben Hackbau, wo es der Boden zuließ. Nomadisierende Hir- ten zogen mit Schafen, Ziegen und Rindern umher. Die Tiere waren ein Zeichen von Wohlstand und ersetzten oft das fehlende Geld als Währung. An Bodenschätzen war das Eisen weit verbreitet. Selte- ner war schon das Kupfer, das in Barrenform auch als Währungseinheit, vor allem aber zur Schmuckherstel- lung verwendet wurde. Gold- und Sklavenhandel ab dem 15. Jh. Das Gold in Südostafrika und an der Guineaküste lockte schließlich fremde Kaufleute an. Besonders die Portugie- sen verstärkten im 15. Jh. den Handelsaustausch an der Westküste Afrikas. Bald danach gründeten sie eigene Niederlassungen an der Küste und begannen von hier aus mit der Ausbeutung Afrikas. Bedeutend wurde be- sonders der Handel mit Sklavinnen und Sklaven, den die Afrikaner schon lange praktizierten. Nach den Portugiesen kamen auch Holländer und Eng- länder, die in den folgenden Jahrhunderten Millionen schwarzer Afrikanerinnen und Afrikaner als Sklavinnen und Sklaven nach Amerika verkauften. Die Durchdrin- gung und Kolonialisierung des Kontinents setzte erst im 19. Jh. ein. Mecia de Viladestes, Mansa Musa (Ausschnitt). Pergament, 1413. Aus dem Atlas Karls V. Ausschnitt aus einer auf Pergament gezeichneten mittelalterlichen See- karte: Sie zeigt Mansa Musa, den König des islamischen Königreiches Mali (1312–1337) mit einem Goldklumpen in der rechten Hand. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Beschreibe, wie König Mansa Musa im Atlas Karls V. darge- stellt ist. Erkläre dazu die europäischen Herrschafts- symbole. 2. Sammelt in Kleingruppen aus unterschiedlichen Medien politische, wirtschaftliche und kulturelle Informationen über ausgewählte afrikanische Staaten der Gegenwart. Expansion – vom Kolonialismus zum Imperialismus 65 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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