Zeitbilder 6, Schulbuch

Ggs. zu Willkür und Gewalt – berechenbar für die Be- troffenen ist. Im polit. Raum ist der Staat die organi- sierte Form der H.; die staatliche H. erhält ihr beson- deres Gewicht durch ihre gesamtgesellschaftl. Trag- weite; […] H. ist zugleich eine Erscheinung in Teilbe- reichen der Gesellschaft, z. B. in der Familie, in Be- trieben und Unternehmen, in Institutionen (Schule, Univ.) und Organisationen (Parteien, Gewerkschaf- ten, Verbände) […] (Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden. 19. völlig neu bearbeitete Auf- lage. 10. Band, Mannheim 1989, S. 9) Die Historikerin und Geschichtelehrerin Nicola Becker-Waßner definiert „Herrschaft“ in einer Zeitschrift: Unter dem Begriff Herrschaft versteht man eine stabile, asymmetrische soziale Beziehung, bei der die eine – übergeordnete – Seite von der anderen erwartet, dass sie ihre Anordnungen befolgt. Prinzi- piell fallen auch private Beziehungen unter den Be- griff, tatsächlich wird er aber meist im politischen Bereich verwendet. Deshalb sind Aspekte des Staa- tes, vor allem der Staatsform (Monarchie, Republik, Verfassung) eng mit dem Begriff verbunden. Da Herr- schaft Gehorsam verlangt, besteht die Notwendig- keit, sie zu rechtfertigen. Daraus ergibt sich das Pro- blem der Herrschaftslegitimation, die sich an ganz unterschiedlichen Prinzipien orientieren kann. Wer in diesem Zusammenhang von Herrschaft spricht, kommt um Max Weber nicht herum, der mit seinen drei Herrschaftsformen (der traditionalen, der ratio- nalen und der charismatischen) drei Idealtypen von Herrschaftslegitimierung vorgestellt hat. Gerade in der neueren Geschichte mit der Entwicklung hin zu demokratischen Systemen ist zudem der Gedanke der Partizipation größerer Bevölkerungsgruppen von Be- deutung, der sich etwa im Wahlrecht oder im Parla- mentarismus zeigt. […] (Nicola Becker-Waßner „Wer soll regieren?“ in: Geschichte lernen. 168, November 2015, S. 48) Verwendungs- und Bedeutungsmöglichkeiten der Begriffe „Herrschaft“, „herrschen“, „Herrscherin/ Herrscher“ in Einzelsätzen: a) Ein Einzelner herrscht, ohne von anderen be- auftragt worden zu sein, über alle. b) Alle üben die Herrschaft aus, weil sie Vertreter wählen, die dann Politik machen. c) Die Herrschaften ließen im 19. Jh. häufig ihre Die- ner antreten, um ihnen Befehle zu geben. d) Der Herrscher/die Herrscherin führte Reformen für das Volk durch, ließ das Volk aber nicht mitbestimmen. e) Es herrschen diejenigen, deren Vorfahren auch schon immer geherrscht haben. f) Der Herrscher/die Herrscherin war davon über- zeugt, dass ihre Legitimierung von Gott kommt. g) Eine Person übt die Herrschaft aus, ihre Rechte und Pflichten und die des Volkes sind aber schriftlich fixiert. M6 M7 h) Die politische Herrschaft wird durch gewählte Ver- treter ausgeübt. i) Das Los bestimmt zufällig, wer für eine bestimmte Zeit politische Herrschaft ausübt. (Nicola Becker-Waßner „Wer soll regieren?“ in: Geschichte lernen. 168, November 2015, S. 48) Fragen und Arbeitsaufträge 1. Arbeite die Merkmale (M1) heraus, die Bossuet der Herr- schaftsform unter Ludwig XIV. zuschreibt. Erkläre, welche Folgen sich daraus für die Untertanen ergeben. 2. Erläutere die religiösen Bezüge bei der Beschreibung des Begriffes „Absolutismus“ (in M1). 3. Erörtere, wie sich wohl die Position des Verfassers am Hof und die persönliche Beziehung zum König auf seine Defi- nition von „Absolutismus“ ausgewirkt haben. 4. Beschreibe die inhaltlichen Aspekte von Absolutismus in M2. 5. Erkläre auch, inwiefern Sprache und Umfang der Definition deiner Altersgruppe entsprechen. 6. Beschreibe die Inhalte in M3 und die Elemente, die in M2 fehlen. 7. Erkläre, welche Querverweise im Zusammenhang mit dem Begriff „Absolutismus“ im Lexikon-Artikel M3 hergestellt werden („Siehe auch: Feudalismus//Gewaltenteilung …“). 8. Erörtere, für welchen Adressatenkreis diese Begriffsdefiniti- on (M3) wohl geeignet ist. 9. Arbeite die wichtigsten Einzelaspekte der Begriffsdefinition in „Wikipedia“ (M4) heraus. Erörtere, inwiefern diese Enzy- klopädie eine unsichere Informationsquelle darstellt. 10. Vergleiche die vier Texte M1, M2, M3, M4 in Hinblick auf: Sprache, Länge, Adressatinnen und Adressaten, Komplexi- tät/Einzelaspekte. 11. Ordne den drei Texten M2, M3, M4 die Begriffe „niedriges Anforderungsniveau“, „mittleres Anforderungsniveau“ und „hohes Anforderungsniveau“ zu. Begründe deine Meinung. 12. Erläutere in eigenen Formulierungen, wie der Begriff „Herr- schaft“ im Brockhaus-Lexikon (M5) definiert wird. Kläre ev. vorher die darin vorkommenden Fachbegriffe und Fremd- wörter. 13. Arbeite inhaltliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwi- schen M5 und M6 heraus. Beurteile, welche der beiden Definitionen für welchen Adressatenkreis als Informations- basis empfehlenswert sind. Begründe deine Meinung. 14. Ordne den Einzelsätzen von M7 ihre jeweilige Verwendungs- bzw. Bedeutungsmöglichkeit zu (Mehrfachzuordnungen sind möglich): Alltag, Absolutismus, Aufgeklärter Absolutismus, Demokratie, Diktatur, Parlamentarismus, konstitutionelle Monarchie, Gottesgnadentum, Republik, Erbmonarchie. 15. Nenne historische Beispiele für die in M7 genannten Herr- schaftsformen. Erkläre, inwiefern sie sich voneinander un- terscheiden. Beurteile sie in Hinblick auf ihre jeweiligen Vor- und Nachteile. 16. Diskutiert die Aussage des ehemaligen britischen Premier- ministers Winston Churchill: „Tatsächlich ist behauptet wor- den, die Demokratie sei die schlechteste aller Regierungs- formen, abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.“ (Zit. nach: http://bit.ly/1V97Hzm , 21. 4. 2016) Die frühe Neuzeit – Europa im Wandel 43 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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