Zeitbilder 6, Schulbuch

Merkantilismus – vom König gelenkte Wirtschaft Der absolutistische Staat benötigte wegen der prunkvol- len Hofhaltung, des großen Beamtenapparats und der teuren Kriege enorm viel Geld. Es entwickelte sich da- her eine vom Staat gelenkte Wirtschaftsform – der Mer- kantilismus. Dieser Wirtschaftslehre lag die Annahme zu Grunde, dass die Produktion von Waren angekurbelt werden müsse. Ludwigs engster Berater war sein Fi- nanzminister Jean-Baptist Colbert. Dieser schrieb in ei- ner Denkschrift an den König: Q Die Papiermühlen, Metallwarenfabriken, Seiden- und Leinenwebereien, Seifensiedereien und über- haupt alle sonstigen Manufakturen waren und sind völlig ruiniert. […] Würden diese Manufakturen bei uns wieder eingerichtet, so hätten wir nicht nur deren Er- zeugnisse für unseren Bedarf, sondern wir hätten auch noch Überschüsse für die Ausfuhr, die uns wiederum einen Rückfluss an Geld einbrächten. Dies aber ist, mit einem Wort gesagt, das einzige Ziel des Handels und das einzige Mittel, Größe und Macht dieses Staates zu vermehren. […] Ich glaube, man wird ohne weiteres in dem Grundsatz einig sein, dass es einzig und allein der Reichtum an Geld ist, der die Unterschiede an Macht und Größe zwischen den Staaten begründet. (Zit. nach: Geschichte in Quellen III, 1966, S. 447 f.) Das Herrschaftssystem Ludwigs XIV. König regiert absolut durch Position des obersten Richters und Gesetzgebers Entscheidung über Krieg und Frieden Ernennung von Beamten und Ministern Entscheidung über Ausgaben Ein uss auf Wirtschaft Entscheidung über Einnahmen, Steuer- gesetzgebung Untertanen über die Schildere das zentrale Anliegen der wirtschaftspolitischen Maßnahmen Colberts. Beschreibe, worin er den Unterschied zwischen den Staa- ten begründet sieht. Erläutere, ob die Grundsätze Colberts heute noch Gültig- keit besitzen. Das wichtigste Ziel der Merkantilisten war eine aktive Handelsbilanz: Der Gesamtwert der Exporte sollte grö- ßer sein als der Gesamtwert der Importe. Luxusgüter (feine Stoffe, Spiegel, Gobelins, kostbare Möbel etc.) sollten im eigenen Land produziert und verkauft, aber auch exportiert werden. Erwünscht war auch die Einfuhr von Rohstoffen. Diese wurden im Inland zu Fertigwaren verarbeitet und dann mit Gewinn exportiert. Im Inland vorkommende Rohstof- fe sollten jedoch auf keinen Fall ausgeführt werden. Ge- steuert wurde dies durch eine strenge Zollpolitik mit hohen Einfuhrzöllen. Die Merkantilisten befürworteten auch den Erwerb von Kolonien, die als Lieferanten billiger Rohstoffe und als Abnehmer teurer Fertigwaren dienen sollten. Im Inland sollten die Löhne niedrig gehalten werden. Dadurch wollte man auf den internationalen Märkten wettbewerbsfähig sein. Deshalb forderten die Mer- kantilisten niedrige Nahrungsmittelpreise, um den Arbeitern trotz der niedrigen Löhne den Hunger zu er- sparen. Durch diese Politik wurde die bäuerliche Bevölkerung stark benachteiligt. Sie konnte nämlich ihre Erzeugnisse nur unter ungünstigsten Bedingungen (Höchstpreisbe- stimmungen) verkaufen. Dennoch kam es im 17. und 18. Jh. in Frankreich infolge von Missernten immer wieder zu Hungersnöten. Diese führten oft zu Aufständen der vielen am Existenzmini- mum lebenden Menschen. Zur Ankurbelung des Handels im Inland wurden die Ab- schaffung der Binnenzölle und die Verbesserung der Verkehrswege (Straßen, Kanäle) gefordert. Der Spiegelsaal im Schloss Versailles. Der Raum ist 73 Meter lang und mit 17 kostbaren Spiegeln aus- gestattet. (Foto von Rossi Xavier, 2007) Die frühe Neuzeit – Europa im Wandel 35 Nur zu Prüfz ecken – Eigentum des Verlags öbv

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