Zeitbilder 6, Schulbuch

8. Vom Augsburger Religionsfrieden zur Gegenreformation Die neue Lehre: einmal verboten, einmal erlaubt Wegen der außenpolitischen Situation konnte der Kaiser das Wormser Edikt (Verbot der Lehre Luthers) vorerst nicht durchsetzen. Im Südosten des Reiches rückte das Heer des osmanischen Sultans immer näher. Im Westen stellte sich der französische König den Hegemonieansprüchen Karls V. kampfbereit entgegen. Daher benötigte er die wirtschaftli- che und militärische Hilfe aller deutschen Fürsten. Deshalb musste Karl V. – je nach Kriegslage – den An- hängern der „neuen Religion“ Zugeständnisse machen. So sicherte er beim 1. Reichstag von Speyer (1526) den Reichsständen freie Religionsausübung zu. Kaum aber hatte er mit Frankreich Frieden geschlossen und waren die Osmanen von Wien abgezogen (1529), bestand er wieder auf strenger Durchführung des Edikts. Dagegen „protestierten“ nun die evangelischen Reichs- städte und Fürsten (daher der Name „Protestanten“). Sie überreichten dem Kaiser auf dem Augsburger Reichstag im Jahre 1530 ihr eigenes Glaubensbekenntnis, das so genannte Augsburger Bekenntnis (A. B.). Da Karl V. – gestärkt durch seine Erfolge – unnachgiebig blieb, schlossen sich die protestantischen Reichsstände zum Schmalkaldischen Bund zusammen. Damit war aus dem Religionskonflikt auch ein politischer Konflikt ent- standen. Der Kampf um Religion und Macht im Reich Karl V. wollte die Fürsten mit aller Macht unterwerfen. Nur so glaubte er, eine einheitliche katholische Religion im Reich durchsetzen zu können. Doch es ging auch um die politische Macht: Da Luther die Landesfürsten als Leiter der evangelischen Landeskirchen vorsah, verei- nigten diese nun die weltliche und geistliche Führung in einer Person. Dieser Machtzuwachs der Landesherren schwächte den Kaiser und seine zentrale Reichsgewalt. Das wollte der Kaiser um jeden Preis verhindern. Wegen eines neuerlichen Angriffs der Osmanen und weiterer Kriege gegen die Franzosen konnte der Kaiser vorerst nichts gegen die Reichsfürsten unternehmen. Doch nachdem er mit beiden Mächten Frieden geschlos- sen hatte, wollte er 1546 seine Macht auch im Reich mi- litärisch durchsetzen. Im folgenden Schmalkaldischen Krieg fügte er den Pro- testanten eine schwere Niederlage zu. Nun verbündeten sich die protestantischen und auch katholischen Fürsten sogar mit dem König von Frankreich, um sich gegen die kaiserlichen Machtansprüche zu wehren. Der Augsburger Religionsfrieden– die Kirchenspaltung ist vollzogen Erbittert zog sich Karl V. daraufhin nach Spanien zurück und überließ die Regelung der religiösen Frage seinem Bruder Ferdinand, der in den österreichischen Erb- landen regierte. 1555 kam es zum Augsburger Religionsfrieden, in dem verfügt wurde: Jean Perrissin, Innenraumdes reformierten „Temple Le Paradis“ (Paradies- kirche). Gemälde, Lyon, 16. Jh. Beschreibe den Innenraum dieser calvinistischen Kirche und arbeite die Unterschiede zu einer katholischen Kirche heraus. Beachte dabei z. B. die Kanzel und die unter- schiedlichen Sitzgelegenheiten. – Das Augsburger Bekenntnis ist dem römisch-katholi- schen gleichberechtigt. – Der Landesfürst kann seine Religion wählen und be- stimmt damit das Bekenntnis seiner Untertanen. – Wer den Glauben des Fürsten nicht annimmt, muss auswandern. – Die geistlichen Landesfürsten (Äbte, Bischöfe), die zum evangelischen Glauben übertreten, verlieren Amt und Güter. Schildere, warum Karl V. seinen Machtanspruch gegen- über den Protestanten schließlich nicht durchsetzen konn- te. Diskutiert anhand eines aktuellen Beispiels, ob sich eine (politische, soziale, religiöse) Idee durchsetzen kann, wenn sie nicht von einflussreichen Gruppen in der Gesell- schaft unterstützt wird. Der Calvinismus – eine demokratische Kirche? Luther war nicht der einzige Reformator im Heiligen Rö- mischen Reich. In der Schweizer Stadt Genf verwirklich- te der aus dem katholischen Frankreich geflüchtete Jean Calvin (1509–1564) seine Reformvorstellungen. Im Ge- gensatz zu Luthers Vorstellung vom gütigen und gnädi- gen Gott meinte Calvin, dass das Schicksal jedes Men- schen durch Gott zur Verdammnis oder ewigen Seligkeit vorherbestimmt ist (Prädestinationslehre). Nur wer ein strebsames und pflichterfülltes Leben führe, könne hof- fen, zu den Auserwählten für die ewige Seligkeit zu ge- 24 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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