Zeitbilder 6, Schulbuch

Das Ende des Bauernkrieges Diesen Landsknechtheeren gelang es innerhalb weniger Monate, die Gruppen aufständischer Bauern im Heili- gen Römischen Reich in blutigen Schlachten zu besie- gen. Denn die Aufständischen hatten zwar ein gemein- sames politisches Programm, aber kein gemeinsames Heer und auch keine übergeordnete Führung. Bei den folgenden „Strafgerichten“ soll die Obrigkeit mehr als 100 000 Aufständische getötet haben. Dabei zeichnete sich vor allem der aus Spanien gekommene neue Herr der österreichischen Länder, Ferdinand I., durch besondere Grausamkeit aus. Aus Wien kam z. B. der Befehl, die überlebenden Bauern zu vierteilen und aufzuspießen und deren Häuser niederzubrennen. Auch viele Frauen und Töchter dieser Bauern wurden verge- waltigt und umgebracht. Die „Tiroler Landesordnung“ des Michael Gaismair Wesentlich besser organisiert als im übrigen Reich ver- lief der Bauernaufstand in Tirol. Dessen gewählter An- führer war Michael Gaismair (1490–1532) aus Sterzing. Er war ursprünglich Besitzer eines Bergwerkstollens und später Sekretär des Bischofs von Brixen. Die Vertreter der Bauern, Städter und erstmals auch der Bergknappen bildeten „Landtage“ und entmachteten Adel und Klerus. Gaismair wurde später verhaftet, konnte aber in die Schweiz fliehen. Dort verfasste er eine „Tiroler Landes- ordnung“, in der er die Gleichheit aller Menschen ver- kündete. Bauern, Bergleute und Gelehrte sollten die Regierung bilden. Handel und Bergbau sollten verstaat- licht, Alte und Kranke „staatlich“ versorgt werden. Später trat Gaismair als Söldnerführer in die Dienste der Republik Venedig. Von dort aus wollte er einen militäri- schen Umsturz in Tirol herbeiführen. Ferdinand I. hatte auf ihn jedoch ein hohes Kopfgeld ausgesetzt. Schließ- lich fiel Gaismair einem der unzähligen Mordanschläge zum Opfer. Die Folgen der Bauernkriege Luther hatte die Revolution der Bauern abgelehnt und ihre Niederschlagung durch die Landesfürsten unter- stützt. Statt seine Reformation „von unten“, also von den Gemeinden her, durchzuführen, unterstellte er die evan- gelische Lehre der landesfürstlichen Obrigkeit. Luther anerkannte auf diese Weise die Landesfürsten als Leiter der evangelischen Landeskirchen. Als „Notbischöfe“ sollten sie künftig die Kirche organisieren (d. h. auch die Pfarrer einsetzen) und sie mit den eingezogenen Kir- chengütern auch finanzieren. Die brutale Niederwerfung dieser bisher größten Volks- bewegung hatte schwerwiegende Folgen: Die Unterta- nen fielen für die nächsten Jahrhunderte in politische Passivität, es gab keinen Kampf mehr um Freiheit und Gerechtigkeit. Die Obrigkeit baute ihren Herrschafts- apparat aus: Die Polizeitruppen wurden verstärkt, Spit- zel in allen Ortschaften mussten jede verdächtige Re- gung melden. Die Buchdrucker mussten ihre Werke der Zensur vorlegen, bevor sie erschienen. Die Reichspost wurde als Monopol den adeligen Herren von Thurn und Taxis übergeben: Seither erreichten Briefe nur noch den Empfänger, wenn sie vorher in den „schwarzen Kabi- netten“ geöffnet, gelesen und nötigenfalls kopiert wor- den waren. Peter Harer, Die Verbrennung des Bauernführers Jakob Rohrbach am 21. Mai 1525 in Neckargartach bei Heilbronn. Kolorierte Zeichnung aus der Chronik „Beschreibung des Bauernkrieges“, 1551. Der Text lautet: „Jacob Rohrbach hatt auffruhr geraten / des muß er wer- den gebratten / bey Neckargartach an einr weyden /must er des feurs flam leyden / Bis er sein leben Endt / Sein leib zu pulver wardt ver- brendt / Jacob Rohrbach von /Böckingen, des/ auffrührers endt.“ Der so genannte „Neckartaler Haufen“ lagerte zu Ostern 1525 unter der Führung von Jakob Rohrbach bei Weinsberg. Dort ließen sie einen beson- ders verhassten Grafen Spießruten laufen, er wurde dabei zu Tode geprü- gelt. Obwohl diese Gewalttat eine Ausnahme bei der Erhebung der Bau- ern blieb, trug sie dazu bei, dass viele (darunter Luther) von da an bedin- gungslose Härte im Vorgehen gegen die Bauern forderten. Übersetze den Text in ein modernes Deutsch. Erörtere, welche Absichten mit dieser Darstellung möglicherweise verbunden waren. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Diskutiert darüber, wie autoritäre Staaten heute versuchen, ihre Macht im Staate aufrechtzuerhalten. Benennt die Mittel, die sie dazu benützen. Erörtert die Argumente, mit denen die Tötung/Ermordung von politisch gefährlichen und/oder gewalttätigen Gegne- rinnen und Gegnern heute gerechtfertigt wird. Die frühe Neuzeit – Europa im Wandel 21 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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