Zeitbilder 6, Schulbuch

5. Reformation statt Reform Zeitalter der Konfessionalisierung (1517–1648) Anspruch der Kirche im Mittelalter: – alles bestimmend – einziger Weg zum ewigen Leben – es gibt nur eine katholische Kirche Vorwürfe an die Kirche im Spätmittelalter: – Versagen der Seelsorge – Beschäftigung mit Politik und Besitz – Verkauf der Sakramente – Missbrauch des Ablasses Reformbewegungen Glaubensspaltung Ursachen für diese Entwicklung – Hochklerus zählt zu Reichsfürsten – Kirche als Versorgungsanstalt – Papst kämpft um Kirchenstaat – Papst kämpft um Vormachtstellung – Simonie schädigt Seelsorge } Zu Beginn des 16. Jh. kam es dann doch zu jener religiösen Erneuerungsbewegung, die nachhaltig bis in unsere Ge- genwart wirksam ist. Ihr Endergebnis war eine Reform der katholischen Kirche, aber auch, ursprünglich ungewollt, die Kirchenspaltung – die Reformation. Den Hauptanstoß dazu gab der MönchMartin Luther (1483–1546). Der Erfolg der Reformbewegung hatte mehrere Gründe: – Der Großteil der Bevölkerung war für eine Verände- rung aufnahmebereit. – Viele hohe Adelige bzw. Landesfürsten unterstützten die Reformbewegung und übernahmen die Leitung der evangelischen Landeskirchen. – Die gefährliche außenpolitische Lage des Heiligen Römischen Reiches zwang den Kaiser zu Zugeständ- nissen („Türkengefahr“, Krieg gegen die Franzosen). Die Reformation beeinflusste auch die politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung Europas. Nun begann das Zeitalter der Konfessionalisierung. Auslöser der Reformation – der Ablasshandel Ursprünglich bestanden die zur Vergebung der Sünden auferlegten Bußstrafen aus Gebeten, Wallfahrten oder Fasten. Im Laufe des Spätmittelalters wurden sie häufig auch durch Geldspenden ersetzt. Schließlich setzte sich bei vielen Menschen die Überzeugung durch, dass sie durch Geld den Nachlass ihrer Sünden (= Geldablass) erreichen könnten. Papst und Bischöfe unterstützten diesen Ablasshandel, weil er eine weitere Einkommens- quelle bedeutete. Selbst für schon Verstorbene wurde der Ablass angeboten. „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt!“, war der Werbeslogan des Mönches Tetzel. Er zog durch die deutschen Lande, um einen Ablass für den Bau des Petersdomes in Rom zu verkaufen. Martin Luther lehrte zur selben Zeit an der Universität Wittenberg (in Sachsen). Als nun der Domi- nikaner Tetzel in der benachbarten Mark Brandenburg mit seinem Ablasskasten herumzog, strömten auch aus Wittenberg viele Gläubige dorthin, um ihre Sünden mit Ablassbriefen loszuwerden. Luther aber lehnte den Ablasshandel schärfstens ab. Seiner Meinung nach erzählten die Ablassprediger nur „erlogene Märchen“. Er selbst war nach langen Glau- benszweifeln fest davon überzeugt, dass nur durch die „Kraft des inneren Glaubens“ und die Gnade Gottes die Menschen erlöst werden könnten. Die 95 Thesen – Luthers Abkehr von der Kirche Luther beschäftigte sich schon länger mit der Interpre- tation der Bibel und den Zuständen in der Kirche. Seine Arbeit fasste er in den berühmt gewordenen 95 Thesen (1517) zusammen. Sie waren eigentlich nur als Diskus- sionspapier für Theologen gedacht. Dennoch wurden die Thesen bald vielfach abgedruckt und rasch im Land verbreitet. Viele Humanisten und katholische Theologen nahmen sie begeistert auf. Q 1. Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: Tut Buße […], hat er gewollt, dass alles Leben seiner Gläubigen Buße sein soll. 32. Wer durch Ablassbriefe meint, seiner Seligkeit gewiss zu sein, der wird ewiglich verdammt sein samt seinen Lehrmeistern. 36. Jeglicher Christ hat, wenn er in aufrichtiger Reue steht, vollkommenen Erlass von Strafe und Schuld, die ihm auch ohne Ablassbrief zusteht. 43. Man lehre die Christen, dass, wer dem Armen gibt oder dem Bedürftigen leiht, besser tut, als wenn er Ablass löste. 50. Man solle die Christen lehren, dass der Papst, falls er vom Schacher der Ablassprediger wüsste, lieber die Kirche des heiligen Petrus zu Asche verbrennen ließe, als dass diese von Haut, Fleisch und Knochen seiner Schafe erbaut werden sollte. (Zit. nach: Guggenbühl, Quellen zur Geschichte der Neueren Zeit, 1976, S. 27) Fasse die Argumente gegen den Ablass zusammen. Anfangs übertrug der Wittenberger Theologe die Ent- scheidung über seine Thesen noch Papst Leo X. („billige oder missbillige sie, ganz wie es dir gefällt“). Doch schon bald forderte er, man möge ihm mit Hilfe der Bibel mög- liche Irrtümer bei seinen Thesen nachweisen. Außerdem übte Luther nun auch offene Kritik am päpstlichen Pri- mat, an der Unfehlbarkeit des Konzils und an der Bedeu- tung der kirchlichen Tradition. Jetzt reagierte der Papst: Ein Teil von Luthers Thesen wurde als ketzerisch er- kannt. Es folgte die schriftliche Drohung: Widerruf oder Bann! Luther reagierte mit einer öffentlichen Aktion vor den Toren Wittenbergs: In Anwesenheit von Profes- soren-Kollegen, Studierenden sowie Bürgerinnen und Bürgern hielt er eine Brandrede gegen den Papst („der Antichrist“) und verbrannte die Bannbulle (1520). Luther hatte mittlerweile auch noch andere Schriften verfasst, die für Aufregung sorgten. Sie wurden von vielen be- geistert aufgenommen. Bei der Amtskirche stießen sie aber auf Widerstand. In seiner Schrift „An den christli- chen Adel deutscher Nation …“ stand zu lesen: 18 Nur zu Prüfzwecken – E gentum h des V rlags öbv

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