Zeitbilder 6, Schulbuch

M4: Franz Anton Zauner: Denkmal Kaiser Josephs II. auf dem Wiener Josephsplatz, 1807 enthüllt: Im 19. Jh. wurden zur Erinnerung an Joseph II. zahlreiche Denkmäler errichtet. Eines steht auf dem Wiener Josephsplatz. Als Vorbild dafür diente die Statue von Marc Aurel am Kapitol in Rom. Das Denkmal wurde 1807 (Widmung 1806) in Anwesenheit von Franz II. enthüllt. Die Inschrift bestätigt Josef II., dass er „dem öffentlichen Wohl zwar nicht lange, aber ganz lebte“. Sein Leben und Wirken wird in insgesamt 16 detailreichen Medaillons dargestellt. Zwei bronzene Reliefs illustrie- ren die Förderung von Ackerbau und Handel durch ihn. (Foto, 2005) M5 Der österreichische Historiker Stephan Gruber über Joseph II. (2010): Joseph II. verehrte den Erzfeind seiner Mutter Maria Theresia, den Preußenkönig Friedrich II.: Wie dieser empfand er sich als „erster Diener des Staates“. Seine private Sparsamkeit und seine Abnei- gung gegenüber dem barocken Hofzeremoniell brachten ihm den Ruf der Volksnähe ein. Zu einer tatsächlichen Überwindung sozialer Unterschiede kam es aber nie: Zwar war Joseph von der Aufklärung beeinflusst, er war aber weit davon entfernt, absolu- tistische Grundsätze in Frage zu stellen. Er bediente sich der Modernisierung und Vereinheitlichung des Staates, zum revolutionären Kern der Aufklärung blieb er auf Distanz. Joseph folgte unter dem Schlag- wort der Nützlichkeit einem unbedingten Fortschritts- glauben. Seine Reformen konzentrierten sich auf Ver- waltung, Zentralisierung und Bürokratie des Herr- schaftsbereiches: Es ging um eine staatliche Erfas- sung der Untertanen und des Herrschaftsgebietes sowie um polizeiliche Überwachung. Das alles erfolg- te aus ökonomischen Überlegungen: Die Produktivi- tät der Bevölkerung sollte zum Allgemeinwohl gestei- gert werden. Auch die „Toleranz“ gegenüber Protes- tantInnen und Menschen jüdischen Glaubens war schließlich wirtschaftlich „nützlich“ […]. Der Erneue- rungswille ist Joseph II. nicht abzusprechen. Nach- haltige, tiefgreifende Veränderungen im habsburgi- schen Vielvölkerreich und in seiner Verwaltung konn- ten die Reformen aber nicht bewirken. (Gruber, Herrschafts.Zeiten VI. Der nützliche Kaiser: Joseph II., Die Welt der Habsburger, online, 2010) M6: In einem zeitgenössischen Volkslied werden die Modernisierungsmaßnahmen Josephs II. kritisiert: Ein Liedlein will ich singen, Merkt auf mit großem Fleiß! Die Feiertag abbringen, Ist zwar nichts mehr so neu´s, Viel lutherische Tempeln baut man, des ist ein Graus, Auch will man alles stempeln, Fürwahr mit uns ist´s aus. Man nummeriert die Häuser, Beschreibet groß und klein, So will es jetzt der Kaiser, Es muss beschrieben sein. Man misst auch ab die Felder, Die Güter allesamt, Die Weinberg, Wiesen, Wälder im ganzen Kaiserland. (Zit. nach: Herwig Wolfram (Hg.) Österreichische Geschichte 1699– 1815, Karl Vocelka, Glanz und Untergang der höfischen Welt, Wien, 2001, S. 389) Fragen und Arbeitsaufträge 1. Benenne die persönlichen Charakterzüge und Verhaltens- weisen Maria Theresias gegenüber ihren Mitmenschen, die ihr in M2 zugeschrieben werden. 2. Arbeite heraus, was der Verfasser der Darstellung M3 der allgemein verbreiteten positiven Beurteilung Maria Theresias entgegenhält. Beschreibe, welche Aspekte ihrer Persönlich- keit und ihrer Politik negativ bzw. kritisch beurteilt werden. 3. Analysiere die unterschiedlichen Bewertungen der beiden Autoren in M2 und M3. Diskutiert in der Klasse über die möglichen Gründe dafür. 4. Beschreibe das Denkmal Maria Theresias (M1). Erläutere, welche Meinung von Person und Herrschaft es wohl aus- drücken wollte. Erkläre, wann und warum es errichtet wurde und weshalb bei der Enthüllung die ganze kaiserliche Fami- lie anwesend war. 5. Dekonstruiere die Bewertung der Regierung Josephs II. in der Darstellung M5. Erläutere die positiven und die eher kritischen Beurteilungen seiner politischen Maßnahmen. 6. Analysiere, welche politischen Maßnahmen und Reformen Josephs II. im Volkslied M6 kritisiert werden. 7. Beschreibe das Denkmal Josephs II. (M4), berücksichtige dabei auch die Informationen der Bildbeschreibung. Erläu- tere, welche Aspekte von Person und Herrschaft dargestellt wurden. Analysiere auch das Gemälde, das Joseph II. beim Pflügen zeigt (S. 159), und erläutere, inwiefern es als „poli- tische Propaganda“ bezeichnet werden könnte. Österreich vom Aufgeklärten Absolutismus bis zum Ende der Monarchie 163 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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