Zeitbilder 6, Schulbuch

Postkarte nach einem Gemälde von Richard Assmann (1887–1965), 20. Jh. Das Bild zeigt Joseph II., römisch-deutscher Kaiser (1780– 1790), wie er auf einer Reise durch Mähren 1765 bei dem Dorf Slavikovitz den Pflug führte, um seine Wertschätzung für den Bauernstand zu bezeugen. Joseph II. schafft die Todesstrafe ab Joseph II. legte im Rechtswesen einen einheitlichen In- stanzenzug fest: Gegen Urteile konnte nun bis zur Obersten Justizstelle Berufung eingelegt werden. Jo- seph schaffte mit Ausnahme des Verbrechens des Auf- ruhrs die Todesstrafe ab. Informiere dich, in welchen Ländern und für welche Delikte heute noch die Todesstrafe verhängt wird. Toleranzpatent – freie Religionsausübung Als erster Fürst in Europa verkündete Joseph 1781 im Toleranzpatent die Zulassung aller christlichen Konfes- sionen. 1782 wurde es auch auf das Judentum ausge- dehnt (vgl. dazu Politische Bildung: Toleranz, S. 160 f.). Staatliche Eingriffe in das kirchliche Leben Joseph hob alle Klöster in seinem Herrschaftsbereich auf, deren Mitglieder keinen sichtbaren Nutzen für die Gesellschaft erbrachten. Er ließ nur die Orden bestehen, die sich der Seelsorge, der Krankenpflege oder dem Un- terricht widmeten. Rund ein Drittel aller Klöster war von der Aufhebung betroffen. Das beschlagnahmte Vermö- gen wurde zur Finanzierung kirchlicher Einrichtungen verwendet. Joseph reformierte auch die Pfarreinteilung: Kein Ort sollte weiter als eine Gehstunde von seiner Pfarrkirche entfernt sein. Priester wurden zu Staatsbe- amten, die in Priesterseminaren ausgebildet wurden. Der Kaiser griff auch in religiöse Gebräuche ein. Er be- stimmte z. B. die Zahl der Kerzen während der Messe und ließ einen Sarg für mehrfache Verwendung entwer- fen. Solche Maßnahmen riefen große Verärgerung in breiten Schichten der Bevölkerung hervor. Aufhebung der Leibeigenschaft Im Sinne der Physiokraten (vgl. S. 87) hob Joseph II. die Leibeigenschaft auf. Das bedeutete auch, dass Unterta- nen von ihrer Herrschaft wegziehen und sich auch ver- heiraten konnten. Gründung des Allgemeinen Krankenhauses in Wien Joseph II. führte auch Maßnahmen auf sozialem Gebiet und im Gesundheitswesen durch. Er errichtete in Wien das Allgemeine Krankenhaus, ein Taubstummeninstitut sowie Waisen- und Invalidenhäuser. Geisteskranke, die bisher wie Verbrecher in Gefängnis- sen gehalten wurden, erhielten ärztliche Behandlung: Joseph II. ließ die erste „Irrenanstalt“ der Welt erbauen („Kaiser-Joseph-Gugelhupf“). Anonym. Kolorierter Kupferstich nach einer Zeichnung von Joseph Schaffer, 1787. Das Allgemeine Krankenhaus in Wien, in der Mitte des Bildes der „Narrenturm“. Seine Gründung durch Joseph II. kommt einer weiteren Forderung der Aufklärung nach. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse die wichtigsten Reformen Maria Theresias nach fol- genden Aspekten zusammen: Bildung, Militär, Verwaltung, Rechtsprechung, Finanzen, Wirtschaft und Kirchenpolitik. 2. Erkläre den Begriff „Aufgeklärter Absolutismus“. Analysiere dazu auch das Gemälde, das Joseph II. beim Pflügen zeigt. Achte dabei auf die Darstellung der Personen, ihre Kleidung und Haltung. Erörtere, welche Aussage über die Herrschaft Josephs II. damit wohl beabsichtigt war. Österreich vom Aufgeklärten Absolutismus bis zum Ende der Monarchie 159 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=