Zeitbilder 6, Schulbuch

1. Die Reformen Maria Theresias und Josephs II. Zahlreiche Reformen kennzeichnen Maria Theresias Herrschaft. Ihre politischen Vorstellungen erscheinen uns heute großteils konservativ, manche ihrer Maßnah- men und Einstellungen intolerant. Dennoch hatten Ma- ria Theresias Reformen große Auswirkungen. Militär und Steuereinhebung Anstelle der Werbung für das Heer wurden nun Solda- ten für einen lebenslänglichen Militärdienst ausgeho- ben. Betroffen davon waren nur Bauernsöhne und Tage- löhner. Die Ausbildung der Offiziere erfolgte in der neu gegründeten Wiener Neustädter und Wiener Akademie (Theresianische Militärakademie). Bis zur Regierung Maria Theresias wurde der größte Teil der Steuern von den Bürgern aufgebracht. Nun mussten auch Adelige und Geistliche für ihren Grundbesitz Steu- ern zahlen. Um für die Rekrutierungen und die Steuer- vorschreibungen die nötigen Unterlagen zu erhalten, ließ sie eine Volkszählung durchführen. Die Häuser wur- den nummeriert und ein Grundbuch angelegt. Lege die Bedeutung einer Volkszählung heute dar. Erkläre, was man im Grundbuch nachschlagen kann. Zentralisierung der Verwaltung Maria Theresia gliederte die böhmisch-österreichischen Erbländer in Gubernien (etwa Landesregierungen) und diese wieder in Kreisämter (etwa Bezirkshauptmannschaf- ten). Die Spitze bildete die Vereinigte böhmisch-öster- reichische Hofkanzlei (Innenministerium). Maria Theresia schaltete damit die (Mit-)Verwaltung der Stände aus. Die Beziehungen mit dem Ausland betreute die Haus-, Hof- und Staatskanzlei. Ein eigenes Commerzdirektori- um (Handelsministerium) kümmerte sich umWirtschaft, Handel und Verkehr. Verwaltung, Justiz (Oberste Justiz- stelle) und Finanzen (Hofkammer) wurden streng von- einander getrennt. Maria Theresia gründete eine eigene Studienhofkommis- sion, die für die Bildungseinrichtungen zuständig war. Damit wurde sie Vorläuferin des heutigen Bildungsminis- teriums. Der Staatsrat hatte die Aufgabe, die Arbeit der einzelnen Ministerien aufeinander abzustimmen und die Herrscherin zu beraten. Ermittle, welche Einrichtung der Republik Österreich diesem Staatsrat entspricht. Vereinheitlichung der Rechtspflege Maria Theresia ließ das Strafrecht – die „allgemeine peinliche Halsgerichtsordnung“ – vereinheitlichen. Dem Gleichheitsgrundsatz der Aufklärung entsprechend wurden viele gutsherrliche und städtische Gerichte auf- gehoben. Schließlich wurde auch die Folter als Beweis- mittel abgeschafft. Die Reformen Maria Theresias Heerwesen: Vereinheitlichung, Of zierkorps Staatsverwaltung: Zentralbehörden Gerichtswesen: Strafgesetz, Abschaffung der Folter Finanzwesen: Aufhebung der Steuerfreiheit von Adel und Geistlichkeit Maria-Theresianischer Kataster Schulwesen: Trivialschulen (Land), Hauptschulen (Stadt) Einheitlliche Lehrpläne Staatliche Beaufsichtigung der Universitäten Wirtschaftspolitik: Einheitliches Zollgebiet (ohne Ungarn) Kolonisten Banat, Bukowina, Galizien Kirchenpolitik: Aufsichtsrecht des Staates über die Kirche Aufhebung des Jesuitenordens Österreichische Volksschule – Unterrichtspflicht Unter Maria Theresia wurde auch eine sechsjährige Un- terrichtspflicht und mit ihr die Volksschule (damals Tri- vialschule von Trivium: Lesen, Schreiben, Rechnen) ein- geführt. Schätzungen gehen allerdings davon aus, dass noch Jahrzehnte später (um 1800) nur etwa 25% der Kinder diese Unterrichtspflicht erfüllten. Der Aufgeklärte Absolutismus Maria Theresias Sohn Joseph II. verstand sich nicht mehr als „Besitzer“ des Staates und leitete seine Beru- fung nicht mehr von Gottes Gnaden ab. Dennoch hielt er am absoluten Herrschaftsanspruch des Fürsten fest und auch die bestehende gesellschaftliche Ordnung durfte nicht in Zweifel gezogen werden. Joseph II. setzte viele wirkungsvolle Reformen. Sein Grundsatz war: „Alles für das Volk, aber nichts durch das Volk!“ Als Joseph II. nach dem Tode seiner Mutter Maria The- resia die Alleinregierung antrat, begann er eine Reihe von Reformen. Er wollte in kürzester Zeit einen zentra- listischen Wohlfahrts- und Einheitsstaat errichten. Dabei nahm er keine Rücksicht auf Traditionen oder religiöse Gefühle. 158 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv

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