Zeitbilder 6, Schulbuch

vorsah. Als es imMai zu neuerlichen Unruhen kam, ver- ließ der Kaiser mit seinem Hof die Hauptstadt, die zen- trale Regierungsgewalt befand sich in einer Krise. Am 22. Juli wurde der erste gewählte österreichische Reichs- tag eröffnet. Dieser Reichstag beschloss auf Antrag des Abgeordneten Hans Kudlich, die bäuerliche Grundun- tertänigkeit aufzuheben. Diese hatte schon lange als unhaltbarer Zustand gegolten, und unter dem Eindruck der Revolution hatten die Bauern ihre Abgaben und Dienste zunehmend verweigert. Nun wurde sie auf Dau- er beseitigt und die Bauernbefreiung durchgeführt. J. Albrecht, Märzrevolution. Kolorierte Lithographie, 31,5 x 23 cm, undatiert. Am 13. März 1848 forderten Studenten in Wien vor dem Landhaus der niederösterreichischen Stände: Rede- und Pressefreiheit, Lehr- und Lernfreiheit, Gleichheit der Religionen, öffentliche und mündliche Ge- richtsverfahren, Geschworenengerichte, Beseitigung der bäuerlichen Untertänigkeit, allgemeine Volksvertretung. Die Kundgebung endete mit blutigen Zusammenstößen zwischen dem Militär und den Demon- strierenden. Franz Kaliwoda, Sturm auf die Baumwollfabrik in Granichstätten. Aquarell, 29,5x43,5 cm, 1848. In der Nacht vom 13. auf den 14. März 1848 wurde die Baumwollfabrik Granichstätten in Sechshaus bei Wien gestürmt. Anonym. Kolorierte Lithographie, 1848. Erzherzog Johann eröffnet den ersten österreichischen Reichstag am 22. Juli 1848 in der Hofreitschule. Mit der Verwirklichung dieses Zieles zogen sich die Bauern in weiterer Folge aus der Revolution zurück. Im Laufe des Sommers verschärften sich allerdings auch die Gegensätze unter den Revolutionären. Die gemäßigten Liberalen hatten bereits ihre Vertreter in der Regierung und damit ihr Interesse an der Revolution verloren. Radikale Gruppen waren aber noch nicht zufrieden. Auch viele soziale Fragen waren ungelöst. Vor diesem Hintergrund entzündete sich die Wiener Oktoberrevolu- tion, die jedoch militärisch niedergeschlagen wurde. Zahlreiche Verhaftungen und Hinrichtungen folgten. 1848 – „Völkerfrühling“ Voneinander angeregt fanden im habsburgischen Viel- völkerstaat mehrere nationale Revolutionen statt, im Frühjahr 1848 tauchte auch das Schlagwort „Völkerfrüh- ling“ auf. – In den italienischen Gebieten der Monarchie (Lom- bardo-Venetien) strebten die Revolutionäre die Tren- nung vom gemeinsamen Staat an, doch letztlich blieb hier die kaiserliche Armee unter Feldmarschall Ra- detzky siegreich. – Die tschechische Nationalbewegung wollte eine eige- ne Verfassung für das Königreich Böhmen. Anfang Juni tagte in Prag sogar ein Kongress aller slawischer Nationalitäten der Monarchie, der aber zu keinem Er- gebnis führte. Kurz danach kam es zum „Prager Pfingstaufstand“, doch hatten auch hier die Revoluti- onäre gegen den massiven Einsatz von Militär und Kanonen keine Chance. – In Ungarn forderte Lajos Kossuth Anfang März eine eigene ungarische Regierung. Unter dem Druck der revolutionären Ereignisse stimmte Ferdinand I. zu. Viele Ungarn forderten nun, die Verbindung zur Ge- samtmonarchie auf eine reine Personalunion zu be- schränken. Innerhalb des Königreiches Ungarn bra- Von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg 133 Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des V rlags öbv

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