Zeitbilder 6, Schulbuch

Beschreibe die Karikatur. Analysiere sie hinsichtlich der möglichen Aussagen des Künstlers. Ziehe dazu zum Ver- gleich auch die Karikatur auf S. 128 heran. Liberalismus und Nationalismus Mit der Restauration der europäischen Staaten versuch- ten die Fürsten, die absolutistische Herrschaftsform zu erneuern und ihre Machtbefugnisse (wieder) auszubau- en. Alle Forderungen der Bevölkerung nach Mitbestim- mung sollten zurückgedrängt werden (= Reaktion). Die Regierungen stützten sich dabei auf eine starke Polizei, auf ein ausgedehntes Spitzelwesen und auf treue Beam- te. Die Überwachung der Bevölkerung erreichte dabei solche Ausmaße, dass man die Staaten im Vormärz auch als „Polizeistaaten“ bezeichnet. Gegen diese Ziele der Herrschenden richteten sich die jungen Ideen des Liberalismus und des Nationalismus. Sie stießen in der Bevölkerung auf immer mehr Zustimmung. Den Liberalen ging es dabei vor allem um eine Verfas- sung. Sie sollte die Grundrechte garantieren. Besonders wichtig waren ihnen die Freiheit der Presse und der Uni- versitäten, die Rechtsgleichheit und zu deren Sicherung die Einführung von Geschworenengerichten. Auch die Repräsentation in einem Parlament, das die Gesetze be- schließt und die Regierung kontrolliert, war ein liberales Ziel. Die Anhänger einer republikanischen Staatsform waren damals noch eine kleine Minderheit. In den Kriegen gegen die französische Nation und ge- gen Napoleon sind den Völkern ihre Gemeinsamkeiten bewusst geworden: gemeinsamer Lebensraum und ge- meinsame Abstammung, gemeinsame Sprache, Ge- schichte, Sitten und Brauchtum. Die Wünsche der Natio- nalisten gipfelten in einem eigenen nationalen (Ein- heits-)Staat. Auf dem Wiener Kongress wurden aus dynastischen Überlegungen (Legitimität) diese Vorstellungen nicht beachtet. Deutschland blieb zersplittert und viele Gebiete Europas wurden von land- fremden Herrschern regiert. Ein geeintes deutsches Reich? Auch in den deutschen Län- dern verstärkte sich nach dem Sieg über Napoleon der Wunsch nach einem neuen, geeinten Deutsch- land. Besonders Studenten und Universitätsprofessoren waren Anhänger dieser Idee, die sie eifrig verbreite- ten. Ihre Hoffnungen blie- ben (vorerst) unerfüllt. Die Fürsten wollten sich mit ei- nem Machtverlust nicht ab- finden. Metternich befürch- tete eine Beispielwirkung auf die vielen Völker der Habsburgermonarchie. So schuf man 1815 den Deutschen Bund, der vierund- dreißig Fürstentümer und vier Freistädte umfasste. Die Bundesgewalt lag bei einer ständigen Konferenz von weisungsgebundenen Gesandten (Bundestag in Frank- furt amMain) unter dem Vorsitz Österreichs. Die Rechte des Bundestages waren aber sehr beschränkt und für Beschlüsse war Einstimmigkeit notwendig. Dies verhin- derte fast jede Entscheidung. Schließlich gestaltete sich 1817 ein Turnfest auf der Wartburg bei Eisenach in Thüringen zu einer öffentli- chen Demonstration für ein geeintes Deutschland und gegen den Polizeistaat. Für die Fürsten und für Metternich stellten solche und ähnliche Vorfälle eine drohende Gefahr dar. Sie reagier- ten mit den „Karlsbader Beschlüssen“ (1819), die der Höhepunkt der Reaktion waren: – Die Studentenverbindungen wurden aufgelöst und die Universitäten unter Polizeiaufsicht gestellt. – Die Turnbewegung Ludwig Jahns wurde verboten, er selbst als „Demagoge“ sechs Jahre eingesperrt. – Eine „Zentraluntersuchungskommission gegen de- magogische Umtriebe“ wurde eingesetzt. – Die Zensur aller gedruckten Texte wurde verschärft. – Alle Gegner des Systems wurden überwacht bzw. in- haftiert. Viele Menschen beschlossen auszuwandern (USA, Großbritannien, Schweiz). Unterdrückte und erfolgreiche Revolutionen In Spanien und Neapel schlugen Interventionsarmeen der Heiligen Allianz Revolutionen gegen die absolutis- tischen Herrscher nieder. Anonym, Der Denker-Club. Kolorierte Radierung, um 1825. Karikatur auf die Unterdrückung der Rede- und Pressefreiheit. Der Text auf der rechten Wandtafel lautet u.a.: „Schweigen ist das erste Gesetz […] – Auf dass kein Mitglied in Versuchung geraten möge, seiner Zunge freien Lauf zu lassen, so werden beim Eintritt Maulkörbe ausgeteilt.“ Von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg 105 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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