Zeitbilder 5/6, Schulbuch

nicht übersetzt werden, weshalb arabische Sprache und Schrift überall vorherrschend wurden. Auf der Höhe seiner Macht erstreckte sich das arabi- sche Imperium von Spanien bis nach Indien, weiter also als das Weltreich des Alexander und das Römerreich zu deren Blütezeit. Damals begannen sich im Mittelmeer- raum drei Kulturwelten zu etablieren: die der griechisch orientierten Byzantiner im Osten, die lateinisch ausge- richtete der Germanen (Franken) im Westen und das Herrschaftsgebiet der Araber im Süden. Religiöse und politische Zwistigkeiten führten ab dem 9. Jh. schließlich zur Auflösung des arabischen Welt- reiches. Im Süden Spaniens endete die arabische Herr- schaft nach fast 800 Jahren Dauer mit der Kapitulation Granadas erst im Jahr 1492. Das kulturelle Erbe wird genutzt Die Offenheit gegenüber dem geistigen Erbe der ver- schiedensten Traditionen und Kulturen drückte der Ge- lehrte al-Kindi (gest. um 870) folgendermaßen aus: Q Wir sollen keine Scham empfinden, die Wahrheit anzuerkennen und zu verarbeiten, von welcher Quelle sie auch zu uns kommt, selbst wenn sie zu uns von früheren Geschlechtern und fremden Völkern gebracht wird. Für den, der die Wahrheit sucht, gibt es nichts von höherem Wert als die Wahrheit selbst; niemals erniedrigt oder demütigt sie ihn, der nach ihr sucht, vielmehr erhöht und ehrt sie ihn. (Nach: Samman und Mazal, Die Arabische Welt und Europa, 1988, S. 33 f.) Um das geistige Erbe der eroberten Gebiete voll zu nutzen, schufen die Kalifen zunächst wissenschaftliche Schulen. Diese hatten die Aufgabe, vor allem griechi- sche, aber auch sonstige fremdsprachige Werke in das Arabische zu übersetzen. Eine Unzahl griechischer, persischer und indischer Werke wurde ins Arabische übertragen. In vielen großen Städten, wie in Bagdad, Damaskus, Kairo, Alexandria, Toledo oder Córdoba, entstanden Zentren wissenschaftlicher Forschung. Man gab sich beim Streben nach neuen Erkenntnissen nicht – wie die Griechen und Byzantiner – mit theoreti- schen Überlegungen zufrieden. Hunderte von Gelehr- ten prüften die theoretischen Vorstellungen ständig an der Erfahrung und auf ihre praktische Anwendbarkeit. Europa empfing im Laufe des Mittelalters im Großen wie im Kleinen unzählige Impulse aus der arabischen Welt. Das bildete einen wesentlichen Teil der Grundla- gen für die Entwicklung der neuzeitlichen abendländi- schen Wissenschaften (vgl. besonders S. 92). Fragen und Arbeitsaufträge 1. Beschreibe mit Hilfe der Geschichtskarte die beiden Er- oberungswellen. Vergleiche die Karte mit einem Atlas: Be- nenne die heutigen Staaten, welche Teil des „islamischen Weltreichs“ waren. Bezeichne diejenigen, welche heute mehrheitlich muslimisch geprägt sind. 2. Der Mittelmeerraum war von drei Kulturwelten geprägt (s. Text oben). Gib wieder, welche weltpolitischen „Gleichgewichtskonstel- lationen“ dir aus dem Geschichtsunterricht der Unterstufe bereits bekannt sind. D o n Toledo Córdoba Sizilien Zypern Granada Rom Tunis Kairuan Tripolis Barka Alexandria Jerusalem Damaskus Basra Kufa Isfahan Nischapur Hamadan Fustat (Kairo) Konstantinopel Chiwa Buchara Kabul Samarkand Yatrib (Medina) Mekka Aden Maskat Mansura Poitiers Tours P e r s i e n A r a b i e n Ä g y p t e n N u b i e n Aksum Jemen O m a n I n d i e n A r m e n i e n S y r i e n B y z a n t i s c h e s R e i c h M a g h r e b S p a n i e n F r a n k e n - r e i c h A s t u r i e n L a n g o b a r d e n - r e i c h H e d s c h a s W E S T - S L A W E N O S T S L A W E N B U L G A R E N S Ü D S L A W E N S c h w a r z e s M e e r K a s p i s c h e s M e e r Aral- see S y r d a r j a A m u d a r j a Wo l g a Indus P e r s i s c h e r G o l f A r a b i s c h e s M e e r R o t e s M e e r M i t t e l m e e r N i l D o n a u T i g r i s E u p h r a t Frankenreich um 750 sonstige christliche Staaten im Zuge der Reconquista von den christlichen Königen in Spanien bis 1260 zurück- eroberte Gebiete Byzantinisch kontrollierte Gebiete im Vorderen Orient und in Nordafrika im 7. Jh. Byzantinisches Reich um 750 um das Jahr 1000 zum Oströmischen Reich gehörig nördliche Verbreitungs- grenze des Islam zu Beginn des 20. Jh. Eroberungen bis zum Tode Mohammeds 632 Eroberungen unter den ersten vier Kalifen bis 656 Eroberungen unter den Omaijaden 661-750 Großreich der Seldschuken um 1071  Ausdehnung der islamischen Reiche bis 750: In zwei Eroberungswellen begründen die Araber ihr Weltreich. Die Karte zeigt auch die neue Machtver- teilung zwischen Franken, Byzantinern und Arabern sowie die Ausdehnung des Byzantinischen Reiches im Vorderen Orient und in Nordafrika im 7. Jh. 67 Das Mittelalter – eine 1000-jährige Epoche Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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