Zeitbilder 5/6, Schulbuch

3. Erben der Antike: Byzantiner – Araber – Franken 3.1 Größe und Untergang des Oströmischen Reiches  Ansicht der Stadt Konstantinopel mit einem Zug von Tänzern und Mu- sikanten. (Buchmalerei, England um 1340) Beschreibe das Bild und stelle dabei dar, was sich bezüg- lich der Befestigung Konstantinopels erkennen lässt. L Oft wird behauptet, dass Künste und Wissen- schaften, dass das ganze kulturelle Leben in der Zeit von 400 bis 1400 (Mittelalter) zum Stillstand ge- kommen sei. Diese Deutung der Geschichte ist eine Missdeutung. Denn zwischen dem alten Römischen Reich und der italienischen Renaissance lag das große Zeitalter von Byzanz. Es überdauerte etwa elf Jahrhunderte und bildete eine nicht fortdenkbare Brücke zwischen der Antike und der modernen Welt. (Sherrard, Byzanz. Kaisertum zwischen Europa und Asien, 1972, S. 10) Diese Aussage zeigt, dass es für das Verständnis der (neuzeitlichen) europäischen Kultur wichtig ist, sich auch mit dem Reich von Byzanz, dem Oströmischen Reich, zu befassen. Das Byzantinische oder Oströmische Reich entstand nach der Reichsteilung von 395 aus der östlichen Hälfte des Römischen Imperiums. Sein Gebiet erstreckte sich anfangs bis zur arabischen Halbinsel und nach Ägyp- ten. Ab dem 7. Jh. wurde es auf Grund der Eroberungszü- ge zunächst der Araber und dann von türkischen Stäm- men weitgehend auf Kleinasien und Südosteuropa be- schränkt (vgl. Karte S. 67). Konstantinopel – eine Stadt prägt ein Großreich Der geistige und wirtschaftliche Mittelpunkt innerhalb der elfhundertjährigen Geschichte des Oströmischen Reiches war Konstantinopel. Diese neue Hauptstadt gründete Kaiser Konstantin I. im Jahr 324 auf der al- ten griechischen Siedlung Byzantion am Bosporus, am Schnittpunkt von Handelswegen zwischen Europa und Asien. Dieses „Neue Rom“ markierte für das alte, noch überwiegend heidnische Weltreich einen Neuanfang in christlichem Glauben. Überall in der Stadt betonten Kirchen und christliche Symbole wie Kreuze und Heili- genreliquiare ihren christlichen Charakter. Straffe Verwaltung stärkt den Staat Der Historiker Ernst Pitz beschreibt die Verwaltung des Oströmischen Reiches unter Kaiser Justinian (527–565): L In Zivilverwaltung und Heeresorganisation, im wirtschaftlichen und sozialen Aufbau fußte das Reich noch ganz auf der Ordnung der Kaiser Diok- letian und Konstantin. Vor allem erhielt sich das (im Westen zugrunde gehende) System der Steuer- und Finanzverwaltung, das auf dem Umlauf gemünzten Geldes beruhte. Da [...] die hohen Verwaltungsäm- ter [...] stets nur für ein Jahr vergeben wurden, blieb die Verwaltung fest in der Hand des Kaisers. Nir- gends gelang es dem Adel, seine Stellung durch erb- lichen Besitz von Gütern und Ämtern zu verankern. (Pitz, Mittelalter, In: Elze/Repgen (Hg.): Studienbuch Geschichte, Bd. 1, 2000, S. 323) Politische Blüte und Untergang Ostroms Nachdem die Gefahr der einbrechenden Hunnen und Germanen im 4. und 5. Jh. gebannt war, konnte sich das Oströmische Reich wieder festigen. Unter Kaiser Justinian gelang es für kurze Zeit ein letztes Mal, den lateinisch-germanischen Westen mit dem griechischen Osten in einem Gesamtreich zusammenzufassen. Mit den Arabern, die der Islam geeint hatte, entstanden im Südosten neue feindliche Nachbarn. An sie gingen im Verlauf des 7. und 8. Jh. die Provinzen Syrien, Palästina und Ägypten verloren. Nach der Eingliederung des Bul- garischen Reiches stand das Oströmische Reich um die Jahrtausendwende auf dem Höhepunkt seiner Macht. Thronstreitigkeiten und neue Gegner (Normannen, Kreuzfahrer, italienische Seestädte – allen voran Ve- nedig) führten zum Abstieg. Im Jahr 1354 setzten os- manische Stämme, die den Islam angenommen hatten, erstmals an den Dardanellen nach Europa über. Sie unterwarfen zunächst das Serbische, dann das Bulgari- sche Reich. Nach und nach eroberten die Osmanen alle Gebiete des Oströmischen Reiches. Im Jahr 1453 fiel schließlich auch Konstantinopel in ihre Hände. Die Kirche als gestaltende Kraft in Ostrom Von Anfang an war das Christentum für das Oströmi- sche Reich von wesentlicher Bedeutung. Kaiser Kons- tantin wurde von der Kirche des 4. Jh. als Retter des Christentums und als Ordner bei ihren inneren Ausei- nandersetzungen (z. B. auf dem Konzil von Nikäa) be- trachtet. Da sich alle byzantinischen Kaiser als Nachfol- ger Konstantins verstanden, beanspruchten sie Autori- tät auch in kirchlichen Fragen. Der Patriarch von Kons- tantinopel hatte dagegen nie, wie der Bischof des alten Rom, auf Grund des Zusammenbruches der weltlichen Macht eine politische Aufgabe zu übernehmen. Ihm verblieben lediglich die innerkirchlichen Aufgaben. 64 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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