Zeitbilder 5/6, Schulbuch

christliche Missionierung der keltischen Landbevölke- rung erschwert. Der Einfall der Awaren und Slawen be- reitete jedoch dem Christentum, zumindest im heutigen Ost- und Südösterreich, ein Ende. In diesen Gegenden wurde im 8. Jh. mit bayerischer und fränkischer Unter- stützung erneut missioniert. 1.2 Was blieb von der antiken Welt? Natürlich lernten die Germanen in ihrer jahrhunder- telangen Nachbarschaft zum Römischen Reich dessen vielfältige Errungenschaften kennen und schätzen. Sie zerstörten daher die vorgefundene Ordnung des Römi- schen Reiches bei weitem nicht vollständig. Im kirchlichen Bereich, in Sprache und Recht Die wichtigste Einrichtung, welche antike Errungen- schaften überlieferte, war die Kirche. Sie trug in vielen Bereichen maßgeblich zur Kontinuität zwischen antiker und mittelalterlicher Welt bei. Dadurch, dass zunächst viele ihrer Bischöfe aus dem römischen Adel hervorgegangen waren, lehnte man sich in Kleidung, Insignien und liturgischem Zeremo- niell an Vorbilder der aristokratischen römischen Welt an. Gleichfalls wurden durch sie die antike Bildung und Gelehrsamkeit weitergetragen. Die junge Kirche über- nahm in vielem die Verwaltungspraxis des spätantiken Reiches, z. B. mit der Einteilung der kirchlichen Verwal- tungssprengel: Stadt und Umland blieben als Verwal- tungseinheiten in den kirchlichen Bistümern (= Diöze- sen) bestehen. Und natürlich pflegte sie die lateinische Sprache, die noch heute in der katholischen Kirche Ver- wendung findet. Während die Sprache der Römer, das Lateinische, die Grundlage der so genannten romanischen Sprachen bil- det, ist das römische Recht Ursprung fast aller europäi- scher und auch einiger überseeischer Rechtsordnungen. Asowsches Meer Schwarzes Meer J ü t e n A n g e l n S a c h s e n W e s t g o t e n W e s t g o t e n H u n n e n H u n n e n O s t g o t e n O s t g o t e n G o t e n W e s t g o t e n 150-200 375 451 um 450 um 400 439 470 418 410 S u e b e n Franken Burgunder 4 11 4 5 5 2 5 0 4 4 3 4 3 6 4 5 5 451 410 V a n d a l e n Atlantischer Ozean Die Völkerwanderungen vom 3. bis 5. Jh. n. Chr. Im wirtschaftlichen Bereich Die Germanen verän- derten die Eigentums- verhältnisse in den von ihnen besiedelten Ge- bieten des Römischen Reiches nicht grundsätz- lich. Ehemals kaiserli- cher Großgrundbesitz wurde zu Königsbesitz. Die Kirche behielt ihr Land ebenso wie die römischen Großgrund- besitzer. Dort, wo diese verdrängt und vertrie- ben wurden, führten hochrangige Germanen den Grundbesitz weiter. Zur Bearbeitung der Gü- ter wurden wie im Römi- schen Reich Sklavinnen und Sklaven, aber auch unfreie Bäuerinnen und Bauern herangezogen. Dort, wo sich die romanische Bevölke- rung halten konnte, überlieferte diese den Germanen und später den Slawen wichtige Techniken, wie die Salzgewinnung, den Weinbau oder die Bienenzucht. Städte überleben In den zentralen Gebieten des Reiches (Italien, Grie- chenland) hatten die Städte die Jahrhunderte der Spät­ antike überlebt. In Mitteleuropa und im europäischen Westen hingegen blieb die Siedlungskontinuität nur in wenigen Gebieten erhalten. Die handwerklichen Pro- duktionen, die in der Spätantike vorwiegend in Städten angesiedelt waren, wurden in zunehmendem Maße in die Guts- und Bauernhöfe verlagert. Damit verloren die noch verbliebenen Städte gegenüber dem Land an Be- deutung. Die Stadtkultur erlangte in unserem Bereich erst wieder im Hoch- und Spätmittelalter einen neuen Aufschwung. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Beschreibe mit Hilfe der Karte den Verlauf der Völkerwan- derungen und arbeite die Ergebnisse in chronologischer Reihenfolge in eine Tabelle ein (Herkunftsgebiete der Stämme und Völker sowie ihr neues Siedlungsgebiet). 2. Vergleiche die Umgestaltung der antiken Welt mit der Um- gestaltung der Welt im 20. Jh. (Verlagerung des Schwer- punktes vom Land in die Städte, von Europa nach Ameri- ka). Suche Parallelen, finde auch Unterschiede. 61 Das Mittelalter – eine 1000-jährige Epoche Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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