Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Längsschnitt: Sklaverei – Unmenschlichkeit seit Jahrtausenden Seit der Herausbildung einer diffe- renzierten Gesellschaft in den Hoch- kulturen kennen wir eine besondere Art der Abhängigkeit des Menschen von anderen Menschen – die Skla- verei! Wenn es auch im Wandel der Jahrtausende verschiedene Ausfor- mungen der Sklaverei gab, so ver- stehen wir darunter immer noch: –– den Verlust der persönlichen Frei- heit und damit aller persönlichen Rechte durch völlige Abhängig- keit von einer anderen Person, in deren Eigentum eine Sklavin oder ein Sklave gleichsam übergeht; –– die unbeschränkte Gewalt über diese Menschen, die bis zur Macht über Leben und Tod reichen kann. Sklaverei gibt es heute noch! Am 10. Dezember 1948 beschloss die Generalversammlung der Ver- einten Nationen die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“. Ihr Artikel lautet: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde geboren“. Und in der Europäischen Menschen- rechtskonvention (Artikel 4) heißt es: „Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden“, und: „Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten“. Doch das Bekennt- nis der UN-Mitgliedsstaaten zum Verbot der Sklaverei steht in kras- sem Gegensatz zur Wirklichkeit im 21. Jh. Eine finanziell besonders ertrag- reiche Form der Ausbeutung ist der Menschenhandel, wie Sascha Aumüller in der Tageszeitung „Der Standard“ berichtet: Q Die Konjunktur der neuen Sklaverei [...] Aktuelle Schätzungen der In- ternational Labour Organisation (ILO) gehen davon aus, dass welt- weit bereits 2,4 Millionen Men- schen jährlich Opfer „moderner Sklaverei“ werden [...]. Gleich nach dem illegalen Drogen- und Waffenhandel liegen die aus der „Ware Mensch“ erzielten Gewin- ne an dritter Stelle. Kriminelle Netzwerke verdienen daran laut ILO jährlich 25 Milliarden Euro. Die „moderne Sklaverei“ findet in Asien und Afrika, aber ebenso auch in den westlichen Indust- riestaaten statt: In den USA gab es Fälle, wo Haushaltshilfen wie Sklavinnen gehalten wurden. Seit Jahrzehnten gibt es den zehntau- sendfachen Menschenhandel mit vorwiegend (sehr) jungen Frauen aus Asien, Afrika und Osteuropa, die um sehr viel Geld zur Prosti- tution in „reiche“ Länder weiter- verkauft und dort wie Sklavinnen gehalten werden. Doch auch Männer sind immer öf- ter Opfer von Zwangsarbeit, wie z. B. Vietnamesen und Chinesen in Frankreich, die in so genannten Sweatshops [Niedriglohnbetriebe ohne Arbeitnehmerschutzbedin- gungen, Anm. d. A.] wie Sklaven schuften müssen. (Der Standard, 1. 2. 2012, S. 17) Besonders hilflos sind Kinder den Menschenhändlern ausgeliefert: Q UN fürchtet Drama um Kinder- sklaven – 200 verkaufte Kinder seit Tagen verschollen Ein Schiff mit vermutlich 200 Kin- dersklaven an Bord ist vor der Küs- te Westafrikas seit Tagen verschol- len. Die „MV Etireno“ war am 30. März von Cotonou, Benin, auf- gebrochen und sollte die Kinder nach Gabun bringen. Dort wies man das Schiff jedoch ab; ebenso in Douala, Kamerun. Seither ist es auf Irrfahrt. Die dauert nun schon mehr als zwei Wochen. In Douala erfuhr man von den erkrankten Kindern. Die UNO will die Kinder zu den Familien zurückbringen. Der Vorfall wirft ein trauriges Licht auf die Zustände, wie sie in vie- len Staaten der Dritten Welt herr- schen. Familien in Ländern wie Benin, Togo oder Mali verkaufen ihre Kinder um etwa 250 Schil- ling [€ 18,17] als Sklaven an Coca- oder Kaffeeplantagenbesitzer oder auch andere Familien in wohl- habenderen Ländern wie Gabun oder Elfenbeinküste. Die Kinder müssen 12, manchmal auch bis zu 16 Stunden am Tag arbeiten, wer- den oft misshandelt oder sexuell missbraucht. Interpol und UNO kämpfen verzweifelt gegen die meist gut organisierten Schlep- perbanden – mit geringem Erfolg. Weitere Zentren des Kinderhan- dels: Indien, Pakistan, Nepal. (Kurier, 17. 4. 2001) Stelle fest, ob es ähnliche Formen von Sklaverei in der Gegenwart gibt. Ermittle dazu mit Hilfe der Online- Archive österreichischer Tageszei- tungen und Zeitschriften. Erstellt dazu in Kleingruppen eine eigene Wandzeitung und präsentiert sie in der Klasse. Die Antike als schlechtes Vorbild Schon in der Antike war die Ver- schuldung der wirtschaftlich Schwa- chen ein häufiger Grund für die Versklavung. Sie hafteten den Gläu- bigern nicht nur mit ihrem Besitz, sondern auch mit ihrer Person und der ganzen Familie. In Athen verbot schon der Politiker Solon 594 v. Chr. diese Schuldknechtschaft (siehe S. 16). In Rom wurde sie erst im spä-  Kriegsgefangene Nubier werden in die Sklaverei geführt. (Ägyptisches Relief, Abu Simbel) 52 Längsschnitt Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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