Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Cato, dem römischen „Musterpatriarchen“, war das na- türlich zuwider: Q Was ist das für eine Sitte, aus dem Haus zu laufen und fremde Männer anzusprechen! Konntet ihr nicht auch zu Hause die eigenen Männer um dassel- be bitten? Oder könnt ihr auf der Straße besser ein- schmeicheln als im Haus und mit fremden Männern besser als mit den eigenen? Indessen hättet ihr euch nicht einmal zu Hause darum kümmern dürfen, welche Gesetze beantragt oder aufgehoben werden, wenn der Anstand die Frauen dazu brächte, die Grenzen ihres Rechts nicht zu überschreiten. Unsere Vorfahren ha- ben gewollt, die Frauen sollten kein Rechtsgeschäft, nicht einmal ein privates, ohne Genehmigung des Vor- mundes abschließen und sollten unter der Vormund- schaft ihrer Väter, Brüder oder Männer stehen. Wir, wenn es den Göttern gefällt, dulden jetzt sogar, dass sie die Hand nach dem Staat ausstrecken und sich schon aufs Forum und in die Volksversammlung drängen. Was tun sie denn jetzt anderes auf den Stra- ßen und Kreuzungen, als dass sie dem Volk zur An- nahme des Antrags der Tribunen raten [der nämlich die Aufhebung dieses Gesetzes vorsah]? (Livius, Römische Geschichte, 34, 1 f.) Arbeite jene Textstellen heraus, in denen die Ungleichheit zwischen Mann und Frau zum Ausdruck kommt. Erläutere die Arbeit von Frauen im politischen Leben heute. Nenne dazu einige bekannte Politikerinnen.  Diese junge Frau hält den Griffel an die Lippen, sodass der Eindruck entsteht, sie denke gespannt nach, was sie auf die wachsüberzogenen Tafeln notieren werde. Lesen und Schreiben war im Allgemeinen ein Pri- vileg der Oberschicht. (Pompeji, 1. Jh. n. Chr.) Als Mutter der Familie befahl die wohlhabende Röme- rin über ihre Kinder, Dienerinnen und Diener sowie Sklavinnen und Sklaven. Sie war verantwortlich für das heilige Herdfeuer und die Verehrung der Haus- und Fa- miliengötter. Um die Familientradition weiterführen zu können, war zahlreicher Nachwuchs wichtig. Der Va- ter als Familienoberhaupt konnte bei der Geburt eines Kindes jedoch entscheiden, ob er es behalten, aussetzen oder sonst wie beiseite schaffen wollte. Wie die Männer die Frauen sehen Mit der Ausbreitung zum Weltreich hielten griechische Bildung und Künste in Rom Einzug. Sie beeinflussten auch viele Frauen, die bei entsprechenden finanziellen Voraussetzungen eine – private – Schulbildung erhalten konnten. Sallust erzählt uns in seinem Buch über die staatspolitisch brisante „Verschwörung des Catilina“ von der hochadeligen Sempronia: Q Mehr als einmal schon hatte sie Verbrechen be- gangen, zu denen die Verwegenheit eines Man- nes gehört. Im Hinblick auf ihre Herkunft und Schön- heit sowie als Gattin eines angesehenen Mannes und als Mutter von Kindern war sie vom Schicksal nicht wenig begünstigt. In griechischer und lateinischer Literatur war sie bewandert; sie musizierte und tanz- te kunstvoller, als es eine ehrbare Frau nötig hatte, und wusste auch in vielen anderen Dingen Bescheid, die zu einem galanten Leben gehören. Jederzeit galt ihr alles mehr als Zucht und Sitte. Ob sie ihr Vermö- gen weniger schonte als ihren Ruf, war schwer zu entscheiden; sie war von solcher Sinnlichkeit ent- brannt, dass sie häufiger Männer verführte als sich von ihnen verführen ließ. Oft schon hatte sie vordem ihr Wort gebrochen, ein Darlehen abgeschworen und um Mordtaten gewusst. (Sallust, Verschwörung des Catilina, 25) Auch das Christentum brachte keine Gleichberechtigung: Q Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie über ihren Mann herrsche; sie soll sich still verhalten. Denn zuerst wurde Adam geschaffen, dann Eva. Und nicht Adam wurde verführt, sondern die Frau. [...] Sie wird aber dadurch gerettet werden, dass sie Kinder zur Welt bringt, wenn sie in Glaube, Liebe und Heiligkeit ein besonnenes Leben führt. (Paulusbriefe, 1 Timotheus 2, 12–15) Was Plinius der Jüngere an seiner Frau besonders schätzte, können wir aus seinem Brief an deren Tante herauslesen: Q Sie hat ausnehmenden Verstand, sie ist eine vor- zügliche Haushälterin, sie liebt mich zärtlich, ein sicheres Zeichen ihrer Keuschheit! Hinzu kommt ihre Neigung zu den schönen Wissenschaften, eine Folge ihrer Liebe zu mir. Sie besitzt meine Schriften, liest sie beständig und lernt sie sogar auswendig. Wie ängstlich ist ihre Sorge, wenn ich vor Gericht reden soll, wie groß ihre Freude, wenn es vorbei ist. [...] Meine Verse singt sie und spielt sie auf der Kithara ohne eine andere Anweisung als die Liebe, die die beste Lehrerin ist. Hieraus schöpfe ich die zuversicht- liche Hoffnung, dass unsere Einigkeit beständig und täglich zunehmen werde. Denn sie liebt nicht meine Jugend oder meine Person [...], sondern meinen Ruhm. (Plinius d. J., Briefe 4, 19) 48 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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