Zeitbilder 5/6, Schulbuch

17. Gesellschaft und Geschlechterrollen in Rom In Rom herrschen klare Standesunterschiede Seit Beginn der Republik war die römische Gesellschaft in klar voneinander abgegrenzte Stände gegliedert. Diese scharfe Trennung der Bevölkerungsschichten wurde bis in die Spätantike beibehalten. Die Spitze der Gesellschaftspyramide bildete die Nobilität. Diese sehr reiche Senatsaristokratie war bis zum Ende der Repu- blik allein für die Regierung des zum Großreich ange- wachsenen Stadtstaates verantwortlich. Mit der römi- schen Expansion im Zweiten Punischen Krieg bildete sich der Ritterstand heraus. Er erlangte nicht annähernd die politische Bedeutung des Senatorenstandes. Seine Mitglieder aber brachten es als Statthalter, Steuerpäch- ter, Geldverleiher, (Fern-)Händler und Hausvermieter teilweise zu riesigen Vermögen. Mit dem Übergang zur Monarchie änderte sich dieses soziale Gefüge nur wenig. Neu war nun, dass anstelle rivalisierender Parteien oder Einzelpersonen das Kai- serhaus an der Spitze dieser Pyramide stand und sich die Zahl der sozial Privilegierten erweiterte: Seit der Verleihung des Bürgerrechts an die Bundesgenossen (88 v. Chr.) war die italische Oberschicht allmählich in die führenden römischen Kreise aufgestiegen. Bereits zu Beginn der Kaiserzeit erhielten immer mehr Provinz- bewohner das Bürgerrecht und wurden damit in die römische Gesellschaft einbezogen: Waren es im Jahre 28 v. Chr. erst wenig mehr als vier Millionen, so zählte man unter Kaiser Claudius bereits knapp sechs Millio- nen Bürger. Die gesellschaftliche Spitze in den insgesamt mehr als 1 000 Städten stellten die Stadträte. Manchen von ih- nen gelang es sogar, in den Ritter- und Senatorenstand aufzusteigen. Mit dem Spanier Trajan bestieg am Ende des 1. Jh. erstmals ein Provinziale den Kaiserthron. Die- ser bevorzugten „Reichsaristokratie“ stand die breite Masse der Unterschicht gegenüber. In den Städten war das die Bevölkerung, die mit Handwerk, Handel, Musik und Schauspielerei ihren Lebensunterhalt verdiente, arme und reiche Freigelassene, Sklavinnen und Skla- ven, aber auch Ärzte, Pädagogen und Ingenieure. Auf dem Land zählten die freie, mitunter wohlhabende bäu- erliche und kleinbäuerliche Bevölkerung, die Tagelöh- nerinnen und Tagelöhner, die Freigelassenen und die vielen ländlichen Sklavinnen und Sklaven dazu. Grundbesitz und Herkunft sind entscheidend Die Aristokratie zeichnete aus: ihre mit der besonderen Abstammung verbundene Autorität, das Zusammenge- hörigkeitsgefühl, Privilegien und ein großes Vermögen. Nicht Bargeld war unmittelbares Zeichen des Reich- tums, sondern der große Grundbesitz, dessen Wert na- türlich in Geld ausgedrückt wurde. Unter den Senatoren gab es riesige Vermögensunter- schiede: Für die Aufnahme in diesen Stand war seit Augustus ein Mindestvermögen von 1 Mio. Sesterzen erforderlich. Plinius der Jüngere, der kaiserliche Statt- halter, schätzte sich mit seinem Vermögen von 20 Mio. Sesterzen nur als „bescheiden reich“ ein. Crassus, Mit- glied des Ersten Triumvirats, soll durch Bergwerke und Landbesitz ein Vermögen von 170 Mio. Sesterzen er- wirtschaftet haben, der Senator Lentulus zu Beginn der Kaiserzeit sogar 400 Mio. Am reichsten waren dennoch die Kaiser: Augustus schrieb, er habe für öffentliche Bauten, Spiele, Geschen- ke an die Plebs und Soldaten, aber auch zur Unterstüt- zung der Staatskasse mehr als 2 Milliarden ausgegeben. Für einen nicht im Senatorenstand Geborenen war es kaum möglich, zu dieser Elite aufzusteigen. Nur durch persönliche, politische oder militärische Leistungen für den Kaiser konnte dieser Aufstieg gelingen.  Landhaus eines reichen Römers. (Wandgemälde aus Pompeji, 1. Jh.) Ritter, Stadträte und Neureiche Die Zahl der Senatsmitglieder in der Prinzipatszeit blieb mit ca. 600 Senatoren recht konstant. Die – geschätzten – 20 000 Ritter zur Zeit des Augustus bekamen in der Kai- serzeit ständigen Zuwachs aus der reichen provinzialen Oberschicht. Sie erhielten Zutritt zu den hohen Ämtern der kaiserlichen Verwaltung. Sie benötigten 400 000 Sesterzen als Vermögensnachweis für die Aufnahme in den zweithöchsten Stand der römischen Gesellschaft. Die Ritter lebten aber in unterschiedlichen Verhältnis- sen: Manche konnten sich kaum die standesgemäße, aufwändige Lebensführung leisten, andere wiederum waren weitaus reicher als ein Großteil der Senatoren. Im Römischen Reich gab es keine regelmäßige staat- liche Sozialfürsorge. Daher kamen neben dem Kaiser und den Senatoren auch die vermögenden Ritter, die Oberschicht in den Städten, aber auch die reichen Frei- gelassenen immer wieder für die Versorgung der Unter- schichten mit „Brot und Spielen“ auf. Kaiser Trajan kümmerte sich in besonderer Weise um bedürftige Landkinder in Italien: Er vergab an die Grundbesitzer Darlehen, von dem sie nur die Zinsen (5%) zurückzahlen mussten. Diese Zinsrückzahlungen kamen in die so genannte Alimentarstiftung, aus der arme Kinder eine monatliche Geldunterstützung beka- men (Buben 16, Mädchen 12 Sesterzen). Damit konnten sich auch ärmere Ehepaare mehrere Kinder „leisten“, Gutsbesitzer wiederum kamen zu billigem Geld für not- wendige Investitionen. 46 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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