Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Die Macht lag beim Kaiser, bei der Regierung und ei- nigen Großfamilien, die vor allem das Bankwesen und die Wirtschaft beherrschten. 1895, nach einem militärischen Sieg über China, wur- de Japan in Ostasien endgültig zur imperialistischen Macht. Im Krieg gegen Russland (1904/05) ging es um Einflussbereiche im Fernen Osten. Als Sieger konnte Japan seine Position als Großmacht weiter stärken. Die USA – von der Kolonie zur Weltmacht Um 1840 setzte in den USA der Prozess der Industria- lisierung ein. Schon gegen Ende des Jahrhunderts wa- ren die USA eine wirtschaftliche Weltmacht und produ- zierten beinahe ein Drittel der Industriegüter der Welt. Ein britischer Journalist veröffentlichte unter dem Titel „The Americanization of the World“ einen Artikel. Ihm war aufgefallen, L dass sein gesamter Alltag von amerikanischen Produkten [...] bestimmt war. Morgens rasierte er sich mit einem amerikanischen Apparat, zog seine Uhr aus Massachusetts auf, schnürte seine Stiefel aus Boston, aß Brot aus Prairiemehl, Speck aus Kan- sas City und zündete sich eine Zigarette aus Virginia an, während er sich in einem Kippstuhl aus Neb- raska zurücklehnte. Materiell gesehen schienen die Vereinigten Staaten der übrigen Welt vorauszueilen [...]. (Raeithel, Nordamerikanische Kultur, 1988, S. 248) Diese Entwicklung führte zu vielen Veränderungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Schon lange hatten die USA Lateinamerika und den pazifischen Raum als einen Bereich der politischen Einflussnahme angesehen und als Absatzmarkt für ihre industriellen und landwirt- schaftlichen Produkte genutzt. Gegen Ende des Jahr- hunderts verstärkte sich dieses Interesse. Unternehmer- verbände forderten eine Ausweitung der Exportmög- lichkeiten. Dies sollte durch eine „Politik der offenen Tür“, aber auch durch Landgewinn geschehen. Hinzu kam, dass eine imperialistische Außenpolitik von den großen Konflikten im Inneren ablenken konnte. Ein Se- nator drückte dies mit Blick auf China so aus: „Wir brau- chen den Markt, oder wir bekommen eine Revolution.“ Dies ging vielfach Hand in Hand mit nationalistischen und religiösen Motiven: L Außenminister John Hay sah im Imperialismus „eine edle Manifestation des amerikanischen Geis- tes“. [...] In den viel gelesenen Schriften des Geistli- chen Josiah Strong war von der „exclusiveness“ der amerikanischen Nation die Rede, von der Koppelung der Wirtschaftsinteressen an die Vorsehung und die Auserwähltheit der Amerikaner. Mexiko, Mittel- und Südamerika hießen die neuen Ziele, dann die Inseln des Ozeans [...]. (Raeithel, Nordamerikanische Kultur, 1988, S. 248) In den Neunzigerjahren des 19. Jh. wurde in den USA mit dem Ausbau der Flotte begonnen und um die Jahr- hundertwende landete sie 37-mal an fremden Küsten: 1898 wurde die Pazifikinsel Hawaii annektiert. Im sel- ben Jahr unterstützten die USA den Aufstand auf Kuba gegen die spanische Kolonialherrschaft. Kuba war für die amerikanische Zuckerindustrie von besonderer Be- deutung. In einer von der Presse aufgeheizten Atmo- sphäre kam es zum Krieg, in dessen Verlauf die spa- nische Kolonialherrschaft in der Karibik und im pazifi- schen Raum nach ca. 400 Jahren zusammenbrach. Auf die neue Verfassung von Kuba nahm die Regierung in Washington großen Einfluss. Puerto Rico, die Pazifikin- sel Guam sowie die philippinischen Inseln fielen nun- mehr unter amerikanische Herrschaft.  Anonym. Druck, 1853. Die „schwarzen Schiffe“ eines amerikanischen Geschwaders in der Bucht von Edo, heute Tokio. Die Philippinen blieben bis 1946 amerikanische Kolo- nie. Kuba erlangte zwar die Selbstständigkeit, doch er- zwangen die USA ein Interventionsrecht auf der Insel. Dieses „Recht auf Intervention“ wurde für die gesam- te Region beansprucht und gegenüber Mexiko, Nica- ragua, Haiti und der Dominikanischen Republik auch zur Anwendung gebracht. In Panama sicherte sich die amerikanische Regierung die Kanalzone, um den stra- tegisch und wirtschaftlich wichtigen Panamakanal fer- tig zu stellen (1914). Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse Merkmale von „Eroberungspolitik“ einer ausgewähl- ten imperialistischen Macht zusammen. Ziehe dazu die auf S. 173–176 angebotenen Literatur- und Quellenstellen heran. 2. Betrachte das Bild „Schwarze Schiffe“ und notiere deine ersten Eindrücke. Beschreibe und analysiere die Bildkom- position: Größe der Schiffe und ihre Relation zueinander; Art der Schiffe; Farben der Schiffe. Diskutiert darüber, welche Bedeutung der Maler damit zum Ausdruck brin- gen wollte. Vergleiche die Bildquelle mit der sieben Jahre später geschriebenen Textstelle von W. Whitman (S. 175). Arbeite heraus, welche Sichtweisen über die Beziehungen beider Länder zum Ausdruck gebracht werden. 176 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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