Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Die frühe Neuzeit – Europa im Wandel Veränderungen in Kultur und Technik • Seit dem 14. Jh. beschäftigten sich Gelehrte und Künstler mit der Kultur der griechisch-römischen Antike. Klassisches Latein und Griechisch, Philosophie und Rhetorik wurden wie- der „modern“ (Humanismus). Auch in der Architektur, Plastik und Malerei kam es zur „Wiedergeburt der Antike“ (Renais- sance) – weltberühmte Kunstwerke entstanden (z. B. von Leonardo da Vinci, Michelangelo). • Naturwissenschafter kämpften gegen die absolute Autorität der Theologie: Die Lehren von Kopernikus, Galilei und Kepler verdrängten das geozentrische Weltbild und verhalfen dem heliozentrischen zum Durchbruch. • Leonardo da Vinci plante und erfand verschiedene neue Kriegsgeräte (Gewehre, Panzerwagen, Belagerungsgeräte etc.). Kriegs- und chemische Industrie erlebten einen großen Aufschwung. Kompass, Seekarten und Karavelle erlaubten Fahrten auf das offene Meer. • Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern (Gu- tenberg) revolutionierte die Kommunikation. Politische und religiöse Schriften konnten nun zahlreich und mit großer Geschwindigkeit in ganz Europa verbreitet werden. • Seit dem Spätmittelalter entwickelte sich von Italien aus- gehend das Geld- und Kreditwesen. Zu Beginn der Neuzeit entstand die Wirtschaftsform des Frühkapitalismus. Sie war geprägt von einem neuen Unternehmertyp (Verleger) und neuen Unternehmensformen (z. B. Kapitalgesellschaften). Viele (Zunft-)Handwerksmeister sanken zu lohnabhängigen Heimarbeitern ab. • Vor allem wegen der großen Silberimporte aus Bolivien nahm im 16. Jh. der Silbergeldumlauf in Europa stark zu und führte zu einer starken Inflation. Da die Preise wesentlich stärker stiegen als die Löhne, kam es zu einer weiteren Verarmung der Unterschichten. Von der Glaubensspaltung zum Glaubenskrieg • Mit der „babylonischen Gefangenschaft der Päpste“ in Avig- non (1309–1377) endete der Weltherrschaftsanspruch der Päpste. Das anschließende Große Schisma, das erst auf dem Konzil von Konstanz (1414–1418) beendet wurde, führte zu einer langen Krise in der Kirche. • In der katholischen Kirche gab es eine Reihe von Missstän- den: u. a. Simonie, Pfründenwirtschaft, verschwenderische bzw. ausschweifende Lebensstile vieler hoher Geistlicher und eine durchwegs schlechte Ausbildung von hohen und niedri- gen Geistlichen. • Erste Reformversuche (z. B. Wyclif, Hus) schlugen fehl, die Reformer und ihre Anhänger wurden als Ketzer aus der Kir- che ausgeschlossen und meist blutig verfolgt. • Der Ablasshandel wurde zum Auslöser der Reformation durch Martin Luther (95 Thesen, 1517). Auch er wurde mit Bann und Reichsacht belegt, konnte aber seine Lehre unter dem Schutz der Landesfürsten weiter entfalten. • Die außenpolitische Bedrohung (Franzosen, Osmanen), die breite Zustimmung in der Bevölkerung sowie die Unterstüt- zung durch einige Landesfürsten ermöglichten die Zulassung der lutherischen Lehre. • Die Reformation wurde auch zum Auslöser einer Sozialrevolution im Heiligen Römischen Reich. Doch sowohl der Aufstand der Reichsritter als auch jener der Bauern (= Großer Bauernkrieg, 1525/26) endeten mit einer totalen Niederlage. • Von Genf aus verbreitete sich eine andere reformatorische Lehre, der Calvinismus, über große Teile Europas. • Die katholische Kirche reformierte sich im Konzil von Trient (1545–1563). Neue Orden (Ursulinen, Piaristen, Jesuiten) wurden gegründet. Vor allem mit Unterstützung der Jesuiten wurde in den katholischen Ländern die Gegenreformation durchgeführt. • Durch den Prager Fenstersturz wurde in Böhmen der Drei- ßigjährige Krieg ausgelöst. An diesem Krieg waren auch die protestantischen Dänen und Schweden sowie später auch die katholischen Franzosen aktiv beteiligt. Er endete mit großen Zerstörungen und Verwüstungen sowie vielen Opfern durch Kriegshandlungen, Hungersnöte und Seuchen. Folgen waren ein deutlicher Machtverlust des Kaisers und eine Stärkung der Reichsstände sowie ein Zerfall des Deut- schen Reiches in etwa 2 000 kleinere und größerer Herr- schaftsgebiete. Der Absolutismus • In Frankreich wurden ab 1614 die Generalstände (Geistlich- keit, Adel, Dritter Stand) nicht mehr einberufen, um über Steuern, Gesetze und allgemeine Angelegenheiten des Staa- tes zu beraten. Kardinal Richelieu leitete als Premierminister die Regierungsgeschäfte und festigte damit die absolute Macht des Königs. • Unter seinem Nachfolger Kardinal Mazarin konnte die habs- burgische Vormachtstellung weiter zurückgedrängt werden. Frankreich baute eine Hegemonie in Europa auf. Es erreichte im Westfälischen Frieden (1648) die „natürlichen Grenzen Frankreichs“ (Rhein- und Pyrenäengrenze). Frankreich unter Ludwig XIV. • Unter Ludwig XIV. (1643/1661–1715) stieg Frankreich zur politischen und kulturellen Vormacht in Europa auf. • Ludwig XIII. machte Kardinal Richelieu zum Minister. Dieser baute die absolute Monarchie aus. Seit 1641 waren die Generalstände nicht mehr einberufen worden. Das absolute Königtum wollte ihre Mitwirkung an der Verwaltung des Staa- tes verhindern. • Frankreich mischte sich auch in den Dreißigjährigen Krieg ein. Richelieu wollte die habsburgische Vormachtstellung durch eine französische Hegemonie ersetzen. • Nach dem Tod Mazarins (1661) übernahm Ludwig XIV. (der „Sonnenkönig“) allein die Regierung. Er fühlte sich als das Zentrum der Verwaltung und des Staates, das hoch und erha- ben über allen Mitmenschen stand („Der Staat bin ich“) und versuchte, alle wichtigen Entscheidungen selbst zu treffen. • Wichtige Merkmale moderner Staaten wurden im Absolutis- mus grundgelegt: Bürokratisierung, Militarisierung, Zentra- lisierung, Disziplinierung der Untertanen und Eingriffe des Staates in die Wirtschaft 148 Basiswissen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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