Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Der Spiegelsaal im Schloss Versailles. Der Raum ist 73 Meter lang und mit 17 kostbaren Spiegeln aus- gestattet. (Foto von Rossi Xavier, 2007) Merkantilismus – vom König gelenkte Wirtschaft Der absolutistische Staat benötigte wegen der prunk- vollen Hofhaltung, des großen Beamtenapparats und der teuren Kriege enorm viel Geld. Es entwickelte sich daher eine vom Staat gelenkte Wirtschaftsform – der Merkantilismus. Dieser Wirtschaftslehre lag die Annah- me zu Grunde, dass die Produktion von Waren angekur- belt werden müsse. Ludwigs engster Berater war sein Finanzminister Jean-Baptist Colbert. Dieser schrieb in einer Denkschrift an den König: Q Die Papiermühlen, Metallwarenfabriken, Seiden- und Leinenwebereien, Seifensiedereien und über­ haupt alle sonstigen Manufakturen waren und sind völlig ruiniert. [...] Würden diese Manufakturen bei uns wieder eingerichtet, so hätten wir nicht nur deren Er­ zeugnisse für unseren Bedarf, sondern wir hätten auch noch Überschüsse für die Ausfuhr, die uns wiederum einen Rückfluss an Geld einbrächten. Dies aber ist, mit einem Wort gesagt, das einzige Ziel des Handels und das einzige Mittel, Größe und Macht dieses Staates zu vermehren. [...] Ich glaube, man wird ohne weiteres in dem Grundsatz einig sein, dass es einzig und allein der Reichtum an Geld ist, der die Unterschiede an Macht und Größe zwischen den Staaten begründet. (Zit. nach: Geschichte in Quellen III, 1966, S. 447 f.) Das Herrschaftssystem Ludwigs XIV. König regiert absolut durch Position des obersten Richters und Gesetzgebers Entscheidung über Krieg und Frieden Ernennung von Beamten und Ministern Entscheidung über Ausgaben auf Wirtschaft Entscheidung über Einnahmen, Steuer- gesetzgebung Untertanen über die Ein uss Schildere das zentrale Anliegen der wirtschaftspolitischen Maßnahmen Colberts. Beschreibe, worin er den Unterschied zwischen den Staa- ten begründet sieht. Erläutere, ob die Grundsätze Colberts heute noch Gültig- keit besitzen. Das wichtigste Ziel der Merkantilisten war eine akti- ve Handelsbilanz: Der Gesamtwert der Exporte sollte größer sein als der Gesamtwert der Importe. Luxus- güter (feine Stoffe, Spiegel, Gobelins, kostbare Möbel etc.) sollten im eigenen Land produziert und verkauft, aber auch exportiert werden. Erwünscht war auch die Einfuhr von Rohstoffen. Diese wurden im Inland zu Fertigwaren verarbeitet und dann mit Gewinn expor- tiert. Im Inland vorkommende Rohstoffe sollten jedoch auf keinen Fall ausgeführt werden. Gesteuert wurde dies durch eine strenge Zollpolitik mit hohen Einfuhr- zöllen. Die Merkantilisten befürworteten auch den Erwerb von Kolonien, die als Lieferanten billiger Rohstoffe und als Abnehmer teurer Fertigwaren dienen sollten. Im Inland sollten die Löhne niedrig gehalten werden. Dadurch wollte man auf den internationalen Märkten wettbewerbsfähig sein. Deshalb forderten die Merkan- tilisten niedrige Nahrungsmittelpreise, um den Arbei- tern trotz der niedrigen Löhne den Hunger zu erspa- ren. Durch diese Politik wurde die bäuerliche Bevölkerung stark benachteiligt. Sie konnte nämlich ihre Erzeugnisse nur unter ungünstigsten Bedingungen (Höchstpreisbe- stimmungen) verkaufen. Dennoch kam es im 17. und 18. Jh. in Frankreich infolge von Missernten immer wieder zu Hungersnöten. Diese führten oft zu Aufständen der vielen am Existenzmini- mum lebenden Menschen. Zur Ankurbelung des Handels im Inland wurden die Abschaffung der Binnenzölle und die Verbesserung der Verkehrswege (Straßen, Kanäle) gefordert. 139 Die frühe Neuzeit – Europa im Wandel Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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