Zeitbilder 5/6, Schulbuch

len begeistert aufgenommen. Bei der Amtskirche stie- ßen sie aber auf Widerstand. In seiner Schrift „An den christlichen Adel deutscher Nation …“ stand zu lesen: Q Man hat erfunden, dass Papst, Bischof, Priester und Klosterleute der geistliche Stand genannt wird; Fürsten, Herren, Ackersleut und Handwerker der weltli­ che Stand [...]. Doch alle Christen sind in Wahrheit geist­ lichen Standes [...]. Demnach werden wir also allesamt durch die Taufe zu Priestern geweiht [...]. Wie sollten wir dann nicht auch die Macht haben [...], zu urteilen, was da Recht oder Unrecht im Glauben wäre? (Zit. nach: Steigerthal, Stundenblätter, 1985, S. 41) In derselben Schrift verwarf er die Ehelosigkeit der Priester, die Heiligen- und Reliquienverehrung sowie das Mönchstum. Grundsätzlich galt für ihn die Heilige Schrift als einzige Glaubensgrundlage. Lehre Luthers Lehre Luthers Heilige Schrift einzige Glaubensquelle Erlösung nur durch die Gnade Gottes Sakramente: nur Taufe und Abendmahl Verwerfung des päpstlichen Primates Evangelisches Landeskirchentum Ablehnung der Heilgenverehrung, der Wallfahrten, des Mönchtums Stelle die Haltung Luthers der katholischen Lehre gegenüber. Die kaiserliche Reichsacht bleibt wirkungslos Der junge Kaiser Karl V. wollte die religiöse Frage un- bedingt lösen und berief einen Reichstag nach Worms ein (1521). Er forderte Luther gegen Zusicherung freien Geleits auf, sich dort zu verantworten. Luther erschien vor dem Reichstag, war aber selbst nach tagelangem Verhandeln nicht bereit, wenigstens einzelne Teile sei- ner Schriften zu widerrufen: Q Es sei denn, dass ich durch Zeugnisse der Schrift oder durch klare Vernunftgründe überwunden wer­ de – denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzi­ lien allein, dieweil am Tag liegt, dass sie öfters geirrt ha­ ben und sich selbst widersprochen –, so bleibe ich über­ wunden durch die von mir angeführte Heilige Schrift und mein Gewissen gefangen in Gottes Wort; widerru­ fen kann ich nichts und will ich nichts, dieweil wider das Gewissen zu handeln unsicher und gefährlich ist. (Zit. nach: Looß, Luther in Worms, 1983, S. 31) Benenne und bewerte die Begründung, mit welcher Luther den Widerruf verweigert. Damit war der weltgeschichtlich bedeutsame Bruch zwischen Luther und der höchsten politischen Macht vollzogen. Denn die Antwort des Kaisers vor den versammelten Reichsständen war ebenso klar und scharf: Q Weil nun dieser eine Bruder mit seinemWahn wider die ganze Christenheit streitet, als ob alle Christen heute und vor tausend Jahren sich im Irrtum befunden hätten, so will ich alles daran setzen, dass dies gottlose Vernehmen nicht weiter um sich greife. [...] Nachdem wir gestern die Rede Luthers hier gehört haben, sage ich Euch, dass ich bedaure, so lange ge­ zögert zu haben, gegen ihn vorzugehen. Ich werde ihn nie wieder hören; er habe sein Geleit; aber ich werde ihn fortan als notorischen Ketzer betrachten und hoffe, dass ihr als gute Christen das Eure tut. (Zit. nach: Looß, Luther in Worms, 1983, S. 32) Benenne und bewerte die Begründung, mit welcher Karl V. Luther verdammt. Karl V. verhängte nun die Reichsacht über Luther, verbot seine Lehre und befahl die Verfolgung seiner Anhänger (Wormser Edikt). Der Reformator aber wurde auf dem Heimweg von Reitern seines Landesherrn zum Schein überfallen und auf die sichere Wartburg gebracht. In den folgenden Monaten übersetzte er dort das Neue Testament ins Deutsche. Es wurde bald weit verbreitet und bildete die Grundlage des Neuhochdeutschen.  Anonym, Luther vor dem Reichstag zu Worms. Holzschnitt, koloriert, aus: L. Rabus, Historien der Heyligen Ausserwählten Gottes Zeugen, 1557. Die lateinische Inschrift „Intitulentur libri“ bedeutet, dass gerade die Bücher von Luther aufgezählt werden. Der deutsche Text im Bild lautet: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen.“ Mit diesem Satz soll Luther seine Rede vor dem Kaiser und den Fürsten beendet haben. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse wesentliche Kritikpunkte Luthers an der katholischen Lehre zusammen und erörtere sie. 123 Die frühe Neuzeit – Europa im Wandel Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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