Zeitbilder 5/6, Schulbuch

2. Aufschwung von Technik und Wissenschaft  Holzmodell eines Flugmodells, gebaut nach Skizzen Leonardo da Vincis. Das Modell war wegen seines Gewichtes nicht flugfähig. Nicht jede Idee lässt sich technisch umsetzen  In der Zeit des Spätmittelalters (ca. 1250–1500) vollzog sich in Europa eine nachhaltig wirksame technische Ent- wicklung. Sie führte zu einer Überlegenheit der Europä- er in der landwirtschaftlichen Produktivität und im Handwerk. Vor allem erzielten sie damit einen Vor- sprung in der Kriegsindustrie (Waffen- und Geschütz- bau) und in der Seefahrt. Manche der (technischen) Ide- en wurden damals in ihrer Bedeutung noch gar nicht erkannt. Andere, wie z.B. der Antriebsmotor, konnten zu Beginn der Neuzeit wegen der fehlenden technischen Voraussetzungen noch nicht verwirklicht werden. So hatte der englische Franziskanermönch Roger Bacon schon um 1260 eine Zukunftswelt mit Automobilen, Un- terseebooten und Flugzeugen vorausgesehen. Bereits um 1010 baute der englische Benediktinermönch Eilmer von Malmesbury ein Gleitflugzeug, mit dem er von einem Klosterturm aus immerhin eine Strecke von 600 Metern flog. Das italienische Universalgenie Leo- nardo da Vinci entwarf 500 Jahre später nicht nur eine Art Hubschrauber, er plante auch eine vom Menschen mechanisch betriebene Flugmaschine. Und ein nament- lich unbekannter italienischer Ingenieur hatte schon Jahre vor Leonardo die Idee des Fallschirms.  Leonardo da Vinci, „Helix Pteron“, Luftschraube. Skizze eines Flugge- rätes, Feder und Tinte auf Papier, ca. 23 x 16 cm, 1487–99. Die Maschinentechnik im Aufschwung Schon im Spätmittelalter versuchten Technikkundige, wie beispielsweise die Zisterzienser, neue Energiequel- len ausfindig zu machen und entsprechende Maschinen zu bauen. Wassermühlen zum Getreidemahlen verwen- dete man schon seit der Antike. Spätestens seit der Wen- de zum 2. Jahrtausend nutzten die Europäer die Wasser- kraft auch für viele andere Produktionszweige: Es gab Mühlen zum Walken der Tuche, zum Metallschneiden und -schleifen, zum Stampfen der Biermaische und des Eisens (in der Steiermark schon um die Mitte des 12. Jh.) oder zum Betreiben einer Säge. Die Wasserkraft benö- tigte man auch für die großen Blasbälge zum Betrieb der Eisenschmelzöfen und für die Wasserförderung in den Bergwerken. Windmühlen sind seit dem 12. Jh. in Eng- land bezeugt. Kurbel, Bohrer und Pleuelstange waren seit dem 15. Jh. in Mitteleuropa in Verwendung. Die Erfindung der mechanischen Uhr am Ende des 13. Jh. veränderte bald das Alltagsleben in den Städten: Pünktlich, Stunde für Stunde, schlug nun die Glocke vom Rathaus oder vom Kirchturm und bestimmte fortan den Tagesablauf der arbeitenden Menschen. Auf dem Lande richtete sich die Arbeitszeit weiterhin nach dem Sonnenaufgang und -untergang. Für kürzere Zeitmes- sungen gab es damals die Sanduhr. Die Taschenuhr aber wurde erst um 1510 erfunden (das Nürnberger Eierlein). Ende des 13. Jh. kamen erstmals Spinnräder aus China in den Westen. Sie beschleunigten und verbilligten die Garnproduktion erheblich. Damit erhöhte sich auch der Leinenverbrauch für Kleidung und Tücher gewaltig. Die Leinenlumpen bildeten gleichzeitig auch jenen Rohstoff, der ab 1450 in immer größeren Mengen gebraucht wur- de: das Papier. Der Buchdruck beschleunigt die Kommunikation Q Zu dieser Zeit [1450] wurde zu Mainz, einer Stadt Deutschlands am Rheine, jene wunderbare und früher unerhörte Kunst, Bücher mittels Buchstaben zu­ sammenzusetzen und zu drucken, durch Johannes Gu­ tenberg, einen Mainzer Bürger, erfunden und ausge­ dacht. Nachdem er beinahe sein ganzes Vermögen auf­ gewendet hatte, vollbrachte er doch endlich mit dem Rat und den Vorschüssen des Johannes Fust die ange­ fangene Sache. Sie erfanden die Kunst, die Formen al­ ler Buchstaben des lateinischen Alphabets zu gießen. Diese Formen nannten sie Matrizen, und aus ihnen gos­ sen sie wiederum eherne oder zinnerne, zu jeglichem Drucke geeignete Buchstaben; solche hatte man früher mit den Händen geschnitzt. […] Sie hielten ihre Art und Weise, zu drucken, einige Zeit geheim, bis sie durch Gehilfen, ohne deren Mitwirkung sie die Kunst nicht selbst ausüben konnten, zuerst bei den Straßburgern und schließlich bei allen Nationen verbreitet wurde. (Aus den Hirsauer Annalen; in: Hug u. a., Geschichtliche Weltkunde, 1990, S. 4 f.) Bis zu Gutenbergs Erfindung waren Bücher sehr kost- spielig. Trotz des billigen Papiers, welches das teure Pergament abgelöst hatte, verursachte nämlich das Ab- schreiben-Lassen eines Buches enorme Kosten. Später erfand man die nur begrenzt haltbaren hölzernen Druck- stöcke. Doch diese enthielten immer nur den einen ein- mal eingeschnitzten Text. Erst Gutenbergs Erfindung re- volutionierte den Buchdruck: Er verwendete bewegliche metallene Buchstaben, die man beliebig oft auswechseln und zu neuen Texten zusammensetzen konnte. Binnen weniger Jahrzehnte schossen in ganz Europa Druckerei- en aus dem Boden und begründeten eine neue Industrie. 116 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv

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