Zeitbilder 5/6, Schulbuch

19. Streiflichter aus mittelalterlichen und modernen Städten Unter Historischer Orientierungskompetenz versteht man die Fähigkeit, Informationen über Vergangenheit und Geschichte zur Orientierung in Gegenwart und Zukunft zu nutzen. Die In- halte in diesem Abschnitt sollen dich dazu befähigen, solche Orientierungsangebote in Darstellungen über die Entwicklun- gen der Stadt im Mittelalter und in der Gegenwart zu erkennen. Burg und Bürger: Bis zum 12. Jh. unterschieden die Menschen da- mals noch nicht zwischen Burg und Stadt. Bei- des nannte man „Burg“. Wie die Mauer der Burg, so „birgt“ auch die Mauer einer Stadt. Davon kommt un- ser Wort „Bürger“ für Stadtbewohner. Städtenamen wie Salzburg oder Regensburg gehen darauf zurück. (Hilsch, Das Mittelalter – Die Epoche, 2012, S. 182 f.; modifiziert und vereinfacht) Stadtbild – Idee und Planung: Noch vor dem Betreten einer mittelalterlichen Stadt konnte ein Besucher dem Stadtbild, wie es sich dem außerhalb der Stadtmauern Stehenden prä- sentierte, Einblicke in das Leben einer Stadt abgewin- nen. Aus der Masse der Gebäude heben sich durch ihre Größe und ihre Höhe drei Bauwerke heraus: Die Pfarrkirche in der Mitte, die Franziskanerkirche links und das Rathaus rechts. Die Pfarrkirche ist das weitaus größte unter diesen Gebäuden; das Rathaus ist das kleinste. Die Bürger, so lehrt schon diese An- sicht von außen, haben größere Vermögenswerte in Kirchenbauten als in weltliche öffentliche Gebäude investiert. Erst recht von einem Flugzeug aus bieten sich weitere Einsichten. Die Größe der Stadt wird er- kennbar. Es wird sichtbar, dass viele spätmittelalterli- chen Städte nicht mehr Bewohner gehabt haben kön- nen als Dörfer. Und man sieht, dass manche Städte nicht allmählich gewachsen, sondern planmäßig an- gelegt worden sind. Die mittleren bis größeren Städte weisen sogar so etwas wie Wachstumsringe auf. (Boockmann, Die Stadt im späten Mittelalter, 1987, S. 25; bearb.) Mittelalterliche Städte – moderne Städte:  Rattenberg am Inn in Tirol. (Foto, 2008)  Bankenviertel in Frankfurt am Main. (Foto, 2015) Moderne Stadtentwicklung: Als eines der größten gegenwärtigen Stadtent- wicklungsprojekte in Europa gilt das der „See- stadt Aspern“ in Wien: Einkaufsmöglichkeiten ums Eck; die Nähe von Schu- len, Kindergärten und Arbeitsplätzen; das vielfältige kulturelle Angebot; die gute medizinische Versor- gung; der Anschluss ans Verkehrsnetz – all das zieht die Menschen in die Stadt. Doch die Anforderungen an eine Stadtentwicklung für die Gegenwart und Zu- kunft sind groß: Bevölkerungswachstum, hoher Flä- chenbedarf, dichter werdender Verkehr, zunehmen- de Umweltbelastung und damit verbunden eine zu- kunftsorientierte Technik, um energiearmes Wohnen zu ermöglichen. Außerdem wollen die Menschen ihr Lebensumfeld mitgestalten u. v. a. m. Dazu braucht es den Dialog zwischen Stadtplanung, Bevölkerung, Wirtschaft und Verwaltung. Ein Beispiel dafür bie- tet die Entwicklung der Seestadt Aspern in Wien/ Donaustadt. Es gehört gegenwärtig zu den größten Stadtentwicklungskonzepten Europas. Auf 240 Hekt- ar werden Wohnungen für 20 000 Menschen gebaut und 21 000 Arbeitsplätze (15 000 im Bereich Dienst- leistung, 6 000 in den Bereichen Gewerbe und For- schung) geschaffen. Im Zentrum liegt ein 5 Hektar großer Grundwassersee. Der Standort liegt an der zukunftsträchtigen Wirtschaftsachse Wien – Bratisla- va. Er verfügt über eine ausgezeichnete Infrastruktur und liegt in der Nähe zum Nationalpark Donau-Auen. „Außerdem werden ‚Urban Living Labs‘ eingerichtet, um verhaltensangepasste Optimierungen vorzuneh- men. In drei Gebäudekomplexen verschiedener Grö- ßen werden Stromverbrauch, Zimmertemperatur und Raumluftqualität erfasst. Dies dient unter anderem dazu, Beleuchtung, Heizung und Wasserverbrauch von jedem Ort aus zu regeln. Das Verfahren erlaubt zwar, Energieeffizienz und Wohnkomfort zu verbes- sern, erzeugt aber jede Menge sensibler Daten, er- zeugt den Druck zu sozial ‚besserem‘ Verhalten. Die Unternehmen wollen mit solchen städtischen Labo- ren herausfinden, ob sich Techniken zur Verbrauchs- steuerung wirtschaftlich lohnen.“ An der Entwicklung der Seestadt sind mehr als 20 Dienststellen der Stadt Wien beteiligt: Von der Raum- M1 M2 M3 M4 106 Kompetenztraining  Historische Orientierungskompetenz Orientierungsangebote in Darstellungen der Vergangenheit erkennen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv

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