Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Die städtische Selbstverwaltung Seit dem 12. Jh. gelang es manchen Städten, wenn auch meist nach schweren Kämpfen, die Herrschaft des Stadt- herrn abzuschütteln und die Verwaltung der Stadt in die eigene Hand zu nehmen. An der Spitze der städtischen Selbstverwaltung stand der Stadtrat. Er hielt im Rathaus seine Sitzungen ab. Zu seinen Aufgaben gehörte die Sor- ge um die städtischen Wehranlagen, die Einhebung von Steuern und Abgaben, die Überwachung von Handel und Verkehr sowie die Überprüfung von Maßen und Ge- wichten. Dem Rat stand auch die niedere Gerichtsbarkeit zu. Größere Städte übten sogar die Blutgerichtsbarkeit aus, doch wurde der Stadtrichter meist vom Landesherrn bestellt. Doch darf man die Ratsverfassung der mittel- alterlichen Städte nicht als demokratische Einrichtung missverstehen. Das aktive Wahlrecht war auf die Voll- bürger beschränkt, das passive nur auf wenige, meist wohlhabende „ratsfähige“ Familien. Der Rat herrschte über „seine“ Bürger kaum anders als jede andere Obrig- keit auch. Ihm standen städtische Beamte zur Verfügung. Der Wohnsitz der ratsfähigen Familien war im Zentrum der Stadt – und da wollte man auch unter sich bleiben: Q In der Innenstadt darf sich nur niederlassen, wer mindestens 200 Gulden besitzt und dies nach- weisen kann. (Aus einer Nürnberger Ratsverordnung, 15. Jh.) Patrizier und Handwerker kämpfen um das Stadtregiment Die Bürgerschaft schied sich in zwei große Gruppen: die reichen Kaufmannsgeschlechter und alteingesessenen Grundbesitzer (= Patrizier) sowie die Kleinhandwerker und Kleinhändler. Zunächst spielten die Patrizier die führende Rolle in der Stadtregierung. Diese entschied nicht nur über allgemein politische, sondern auch die Handwerker betreffende Fragen (Steuern, Löhne, Prei- se u. a.). In vielen Städten Mittel- und Westeuropas wa- ren „Bürgerkriege“ – besonders im Spätmittelalter – die Folge, weil der „Stadtadel“ eine Regierungsbeteiligung der Handwerker und Kleinhändler zunächst ablehnte. Die Zünfte entschieden diese Kämpfe – meist mit Hilfe der städtischen Unterschichten – in der Regel für sich. Fast überall wurden sie in den Stadtrat aufgenommen. Doch die unselbstständigen Handwerker und Lohnar- beiter hatten weiterhin keine politischen Mitsprache- rechte.  Bürgerinnen und Bürger bei einer Tanzveranstaltung. (Gemälde eines unbekannten Malers, um 1500) Die italienischen Seestädte und der Fernhandel Der wirtschaftliche Aufschwung der Städte im Hoch- und Spätmittelalter hing eng mit der Ausweitung des Fern- und Binnenhandels zusammen. Aus dem Handel mit dem Vorderen Orient, dem Levantehandel, zogen die italienischen Seestädte auf Grund ihrer günstigen geographischen Lage den größten Nutzen. Vornehm- lich die Handelsherren aus Venedig, Pisa und Genua nützten die Häfen des östlichen Mittelmeeres (in Ägyp- ten, Syrien, Konstantinopel) und auch des Schwarzen Meeres für ihre einträglichen Geschäfte. Denn dort en- deten die wichtigsten Karawanenstraßen aus Arabien, Indien, China und Afrika.  Verkaufsstände in einer mittelalterlichen Stadt, rechts ist ein Apotheker vor Regalen mit Tiegeln und Mörsern zu sehen, links ein Schneider. Im Hinter- grund hantiert ein Bader, schon von weitem an den aufgehängten Becken zu erkennen. (Aus einer fran- zösischen Handschrift, Mitte des 15. Jh.) 103 Das Mittelalter – eine 1000-jährige Epoche Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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