Zeitbilder 5, Schulbuch

und Hufeisen erreicht. Nahezu 1000 Jahre, bis zur Ent- wicklung des künstlichen Düngers im 19. Jh. und der mechanisierten Landwirtschaft seit Beginn des 20. Jh., blieb diese Form der Landwirtschaft in Europa vorherr- schend. Dorf, Nachbarschaft, Familie/„Haus“ Natürlich konnte sich nicht jede bäuerliche Familie ei- gene Zugtiere oder einen eigenen Pflug leisten. Aus die- sem Grund waren sie auf Zusammenarbeit und Nach- barschaftshilfe angewiesen. Zunächst schlossen sich einzelne Höfe oder Weiler zu lockeren Nachbarschafts- verbänden zusammen. So entstanden im Verlauf des 12. und 13. Jh. neue Bauerndörfer (deren Ortsnamen enden häufig mit -schlag, -hag, -ried, -gseng). Durch das ge- meinsame Leben ergaben sich Aufgaben und Bedürfnis- se, die genossenschaftlich bewältigt werden mussten, zum Beispiel die Anlage von Wegen, Zäunen, Brunnen, Backöfen u. a. („Genossenschaftlich“ bedeutet: Alle wa- ren zunächst gleichberechtigte Mitglieder.) Vor allem die Nutzung des gemeinsamen Waldes und der gemein- samen Weideflächen (Allmende-Nutzung), aber auch der Ackerbau bei der Dreifelderwirtschaft mussten ge- meinschaftlich geregelt werden. Im Dorf lebten neben den Bäuerinnen und Bauern auch Taglöhner/innen, Gesinde, Dorfhandwerker/innen und Keuschler/innen. Sie besaßen zumeist etwas Kleinvieh (Hühner, Ziegen, Schweine). Sie hatten kein Mitbestim- mungsrecht. Ab dem 13. Jh. machten sie aber oft mehr als die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner eines Dorfes aus, das in der Regel zwischen 100 und 300 Men- schen zählte. Die Dorfgemeinschaft oder der Dorfvorste- her (Dorfrichter, Suppan) bestimmte, wann gesät und geerntet wurde und ab wann das Saatfeld nach der Ern- te als gemeinsame Stoppelweide für das Dorfvieh diente. Neben diesen wirtschaftlichen Aufgaben hatte die Dorf- gemeinschaft in eigener Verantwortung auch für Frieden und Recht zu sorgen. Der von einem Zaun umschlossene Wohnbereich des Dorfes bildete einen geschützten Rechts- und Friedensbereich. In der Regel sorgte ein all- jährlich wechselnder Dorfvorsteher für die Schlichtung von internen Streitigkeiten (Beleidigungen, leichteren Körperverletzungen ...). Schwere Rechtsverstöße ahnde- te der Grundherr oder dessen Stellvertreter (Amtmann). Als Hausherr oder Hausvater war der Bauer Herr über das ganze „Haus“, das sind der Bauernhof und die ge- samte Familie mit dem Gesinde. Als solcher hatte er ein Züchtigungsrecht gegenüber den im Haus lebenden und mitarbeitenden Personen, auch gegenüber der Ehe- frau. Nur als Hausherr verfügte er über das Vorrecht der Mitwirkung bei der Verwaltung und Rechtsprechung im Dorf. Die Bauern waren trotz ihrer Abhängigkeit vom Grundherrn unterschiedlich reich. Nenne Unterschiede in der Zusammensetzung der Bevöl- kerung und in ihrer sozialen Gliederung zwischen mittel­ alterlichem Dorf und einem Dorf in der Gegenwart. Die Standesunterschiede mussten auch in der Kleidung erkennbar bleiben. Um den Unterschied zu adeligen Herren noch weiter zu verdeutlichen, hatten die Bau- ern (die „Gscherten“) das Haar so zu tragen, dass es nicht über die Ohren reichte. Das lange Haar kenn- zeichnete den Adeligen. Auch beim Essen waren die Standesunterschiede gegeben. Das Hauptnahrungs- mittel der bäuerlichen Familie bildete jahrhunderte- lang der Brei, vor allem aus Hirse, Hafer oder Gerste. Weißbrot blieb den Adeligen vorbehalten, ebenso das Fleisch vom Wild und Rind. Auf den Tisch kamen nor- malerweise Schweinefleisch, Kraut, Linsen und Boh- nen, wenn nicht gerade Notzeit herrschte. Und eine solche musste die ländliche Bevölkerung meist mehr- mals im Leben überstehen. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse das System der Grundherrschaft in eigenen Worten zusammen. 2. Beschreibe die Ausschnitte aus dem bäuerlichen Festkalen- der. Zeige auf, wie genau die bildlichen Symbole die bäuer- lichen Abgabenleistungen wiedergeben. 3. Erörtere die Eingebundenheit der bäuerlichen Leistungen in den kirchlichen Festkalender. Interpretiere dies im Hin- blick auf die Bedeutung der Kirche im Rahmen der „gottge- gebenen“ feudalen Ordnung. 4. Vergleiche das Abgleiten in die Untertänigkeit ehemals frei- er Bäuerinnen und Bauern mit der Abhängigkeit gegenwär- tiger Mittel- und Kleinbetriebe von Großbanken oder Groß- konzernen. Diskutiert diese Probleme.   Fronende Bauern und ein Meier. (Buchmalerei aus dem 14. Jh.) Das Mittelalter – eine 1000-jährige Epoche 93 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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