Zeitbilder 5, Schulbuch

Missionierung der Slawen Knapp vor der Jahrtausendwende (im Jahr 988) ent- schied sich Vladimir, der damals regierende Fürst von Kiew, unter dem Einfluss Ostroms für die Übernahme des Christentums und gegen den Islam. Bereits vor der Missionierung Russlands wurde der südslawische Raum im 9. Jh. durch die beiden Griechen Konstantin (Mönch- name: Kyrill) und Method sowie deren Schüler missio- niert. Durch die Umgestaltung des griechischen Alpha- bets in eine den slawischen Sprachen angemessene Schrift, schuf Kyrill die Grundlagen zur Verbreitung der byzantinischen Kultur auf dem Balkan und im russi- schen Raum sowie zum Aufbau eigener Kulturen. Q Da offenbarte Gott dem Philosophen Konstantin [= Kyrill] die slawische Schrift und sogleich bil- dete er die Buchstaben und begann den Wortlaut des Evangeliums aufzuschreiben. Es gab aber viele Leu- te, die die slawische Schrift tadelten, indem sie sag- ten: „Keinem anderen Volk ziemt es, eigene Buchsta- ben zu haben mit Ausnahme der Hebräer, Griechen und Lateiner, gemäß der Inschrift auf dem Kreuze des Herrn.“ Der Philosoph entgegnete ihnen: „Kommt nicht der Regen von Gott, und zwar in gleicher Weise über alle? Scheint nicht ebenso die Sonne auf alle und atmen wir nicht in gleicher Weise die Luft? Wie kommt es, dass ihr euch nicht schämt, nur drei Spra- chen zuzulassen, während ihr alle anderen Völker- stämme blind und taub sein lässt?“ [...] Mit solchen und anderen Worten beschämte er sie. (Konstantinvita und Methodiosvita, um 900; zit. nach: Bujnoch, Zwischen Rom und Byzanz, 1972, S. 67, 71 ff. u. 89) Mit der Missionierung der Bulgaren (ab 864) und des Fürstentums von Kiew konnte die byzantinische Kultur einen Einflussbereich gewinnen, der über den Unter- gang des Reiches hinaus bis in die heutige Zeit Bestand hat. So gilt heute in Griechenland wie auch in Serbien, Bulgarien, Russland und der Ukraine das Christentum in seiner von Byzanz vermittelten Fassung. Byzantinische Kultur bereichert die Welt Der Glanz der byzantinischen Kultur überstrahlte mehr als tausend Jahre den osteuropäischen Raum. Während im westlichen Europa die antike Kultur im Laufe der Völkerwanderungen größtenteils unterging, blieb die griechisch-römische Zivilisation im oströmischen Be- reich erhalten. Die römischen Elemente wurden jedoch zunehmend zurückgedrängt. Das Griechische überwog ab dem 7. Jh. eindeutig. Es wurde im Alltag gesprochen und löste beispielsweise das Lateinische als Behördens- prache ab. In dieser Zeit bildete sich schließlich der eigenständige byzantinische Kulturkreis endgültig heraus. Ohne die Pflege der klassischen griechischen Sprache und der antiken griechischen Kultur durch das Byzantinische Reich wäre ein so rascher Aufschwung des Griechi- schen in der Renaissance des 15. Jh. in Europa nicht möglich gewesen. Aus dem Osten und dem Raum Kleinasien stammende architektonische Grundelemente – Wölbung, Kuppel, Zentralbauprinzip – wurden zu einem ausgeprägten Stil des byzantinischen Kirchenbaus weiterentwickelt. Er fand bereits mit der Hagia Sophia ein nie mehr erreich- tes Vorbild. Den Ruhm der byzantinischen Kunst be- wirkten jedoch vor allem die Mosaiken, Fresken und Ikonen, die zur Ausschmückung des Kircheninneren dienten. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Beurteile die Entscheidung Vladimirs sowie die Missionstä- tigkeit von Kyrill und Method für die Einbindung der Slawen in den christlich-europäischen Kulturkreis. 2. Erörtere die Bedeutung von Sprache, Schrift und Religion für die Kultur eines Volkes. 3. Recherchiere in Lexika oder im Internet nach „byzantini- scher Kultur“, finde dazu Beispiele und beschreibe ihre wichtigsten Merkmale. Präsentiere die Ergebnisse in der Klasse.  Das prächtige Mosaik zeigt Kaiser Justinian (527–565). In seinem Ge- folge sind weltliche (links) und geist- liche (rechts) Persönlichkeiten darge- stellt. Namentlich hervorgehoben wird Maximianus, der zugleich Erzbi- schof und kaiserlicher Statthalter in Ravenna war. (Mosaik in der Kirche San Vitale, Ravenna, 547 n. Chr.) Beschreibe die Kleidung und die Haartracht der dargestellten Personen sowie die ihnen zugeord- neten Gegenstände. Erläu- tere die Schlüsse, die du hinsichtlich ihrer Stellung im gesellschaftlichen Leben daraus ziehst. Das Mittelalter – eine 1000-jährige Epoche 83 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv

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