Zeitbilder 5, Schulbuch

3. Die Entwicklung der „attischen Demokratie“ Erste Machtwechsel in Athen Auch in Athen herrschten in der Frühzeit Könige (wie z. B. der sagenumwobene Theseus). Seit dem 8. Jh. v. Chr. jedoch übernahmen langsam ihre Gefolgs- leute, die berittenen Adeligen, die politische Macht. Sie besaßen große Güter und galten als die Besten (grie- chisch: aristoi) der Gesellschaft. Diese Machtübernahme geschah in Athen durchaus friedlich. Zuerst wurde die Regierungsdauer des Königs auf zehn Jahre beschränkt. Ab dem 7. Jh. v. Chr. teilten sich zunächst drei, bald danach neun Adelige als Oberbeamte (= Archonten) die Regierungsgewalt. Später wechselten sie einander sogar jährlich ab. Seit dem 7. Jh. v. Chr. führten die gesellschaftlichen Ver- änderungen zu einem großen sozialen Konflikt. Es gab zwei aufstrebende Bevölkerungsgruppen: –– den neuen „Geldadel“: Er war durch den blühenden Handel mit den Kolonien und die damit aufkommen- de Geldwirtschaft entstanden; –– die reichen Großgrundbesitzer. Ihnen standen die vielen nicht konkurrenzfähigen Klein- bäuerinnen und Kleinbauern als Verlierer gegenüber: Sie gerieten in wirtschaftliche Schwierigkeiten, mussten zunächst bei einem Grundbesitzer Schulden machen und dafür ihr Land als Sicherstellung bieten. Waren sie nicht in der Lage, den Kredit zurückzuzahlen, boten sich ihnen zwei Möglichkeiten: Sie konnten entweder ihren Besitz dem Grundherrn überlassen und in die Stadt zie- hen oder sie begaben sich in die Leibeigenschaft. Viele der ehemals freien Bäuerinnen und Bauern wurden schließlich als Sklavinnen und Sklaven verkauft.  Aufnahme der Akropolis mit dem Parthenon im Mittelpunkt Die (Verfassungs-)Reform des Solon Im Jahr 594/593 v. Chr. sollte der Archon Solon, ein rei- cher Kaufmann, als „Versöhner und weiser Reformator“ diesen sozialen Konflikt lösen. Er genoss nämlich bei allen Bevölkerungsgruppen das Vertrauen. Sein Reform- programm umfasste folgende Punkte: –– Die auf Grundstücken lastenden Schulden wurden wesentlich gemindert. –– Alle wegen Schulden leibeigen gewordenen Personen wurden freigelassen; die ins Ausland verkauften Skla- vinnen und Sklaven auf Staatskosten zurückgeholt. –– Die Verpfändung der eigenen Person wurde verboten. –– Ein neues Recht sah für reiche wie arme Bürger die gleiche Behandlung vor (Gleichheitsgrundsatz – Iso- nomie). Solon vergrößerte aber auch die politischen Rechte des „Geldadels“, der ihn als Gesetzgeber in das Regierung- samt gedrängt hatte. Er teilte die attischen Bürger in vier Vermögensklassen ein. Je nach der Größe ihres Vermö- gens (und ihrer Steuerleistung) durften sie künftig in der Politik mitbestimmen. Nur die Reichsten konnten Ar- chonten werden und nur die Besitzlosen durften nicht in die Regierung. Alle Bürger aber waren in der Volksver- sammlung vertreten, wo die Gesetze beschlossen wur- den (Timokratie = Herrschaft des Vermögens). Erörtert die Möglichkeit, politische Mitbestimmung nur von der Höhe der Steuerleistung abhängig zu machen, und geht auch darauf ein, welche Auswirkungen das auf die politische Situation in Österreich hätte. Sammelt dazu Pro- und Kontra-Argumente und führt darüber eine Dis- kussion in der Klasse. Tyrannis auch in Athen Solons Reformen änderten nichts daran, dass die besitzlo- sen Bäuerinnen und Bauern weiterhin als billige Arbeits- kräfte in der Landwirtschaft oder im Gewerbe ihr Leben meistern mussten. Ihre Unzufriedenheit nützte um 560 v. Chr. der Adelige Peisistratos und erkämpfte sich mit ihrer Hilfe schließlich die Alleinherrschaft (= Tyrannis). Er schickte feindlich gesinnte Adelige in die Verban- nung und teilte deren Grundbesitz und auch Staatsbo- den unter den besitzlosen Bauern auf. Die armen Stadt- bewohner beschäftigte er im Straßen-, Wasserleitungs- und Tempelbau. Peisistratos förderte durch viele Aufträ- ge auch Kunst und Kultur, die er mit einer neuen Steuer finanzierte. Sein Sohn Hippias führte die Tyrannis weiter fort, bis er 510 v. Chr. von gegnerischen Adelsgeschlech- tern aus Athen vertrieben wurde. Kleisthenes entwickelt die Demokratie weiter Der Athener Adelige Kleisthenes, der maßgeblich an der Vertreibung des letzten Tyrannen mitgewirkt hatte, führte im Jahre 508 v. Chr. als neuer „weiser Gesetzge- ber“ die nächste Verfassungsreform durch. Er löste die alten, auf Verwandtschaft beruhenden vier Stammesver- bände (= Phylen) auf und fasste die attischen Bürger in zehn neuen Phylen zusammen. Nun konnten z. B. der Bauer vom Bergland, der Kaufmann aus der Stadt und der Fischer von der Küste in ein- und derselben Phyle zusammenkommen. Eine Phyle bildete gleichzeitig auch eine Heereseinheit. Das Archontenamt durften weiterhin nur die Reichsten ausüben. Doch nunmehr konnten auch die Besitzlosen in die Regierung gelost werden. Neu war seit Kleisthenes das Amt des Strategen: Von der Volksversammlung wurde aus jeder Phyle ein militärischer Oberbefehlshaber gewählt – die einzige Funktion, welche die Athener auf Grund ihrer Wichtigkeit nicht dem Losentscheid überließen. 18 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv

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