Zeitbilder 5, Schulbuch

Wenn wir heute von „Österreich“ sprechen, meinen wir damit meist die Zweite Republik mit den neun Bundesländern. Der uns bekannte Kleinstaat entstand aber erst 1918, nach dem Zu- sammenbruch der Habsburgermonarchie. Seine heutigen Gren- zen bekam er 1921, als mit dem Burgenland das letzte Bundes- land zur Republik dazu kam. In den Jahrhunderten davor gehörten die Gebiete des heutigen Österreich unterschiedlichen Herrschaftsgebieten an. Sie durch- lebten eine wechselvolle Geschichte: In der Römerzeit waren sie Teil der Provinzen Norikum, Panno- nien und Rätien. Ein erster Grundstein für die Entwicklung des Territoriums Österreich wurde gelegt, als die Babenberger mit der Mark an der Donau belehnt wurden. Im Jahr 996 wurde „Ostarrîchi“ (= Österreich) erstmals urkundlich erwähnt. Im Mit- telalter verstand man unter „Österreich“ das relativ kleine Her- zogtum und später Erzherzogtum Österreich. Davon ausgehend wurden in einem langen Prozess die anderen Länder von den Habsburgern durch Heirats-, Kriegs- und Erbpolitik angegliedert. In der frühen Neuzeit spricht man in Zusammenhang mit den Besitzungen bzw. Erbländern der Habsburger auch vom „Haus Österreich“ oder der „Casa de Austria“. 1804 wurde das Kaiser- reich Österreich als eigener Staat gegründet. Damals löste es sich aus dem „Heiligen Römischen Reich“ heraus. Durch eine große politische Reform entstand 1867 die „Österreichisch-Un- garische Monarchie“. Sie brach am Ende des Ersten Weltkrieges auseinander, teilweise entstanden aus ihr neue Staaten. Einer davon war die Republik Österreich. Genauso interessant wie die Herausbildung des heutigen Staa- tes Österreich ist auch die Entstehung der österreichischen Bun- desländer. Über die Frage, wann diese zum ersten Mal als Länder bezeugt werden, schreiben die Historiker Kugler und Wolfram: L Sechs der neun österreichischen Bundesländer, nämlich Ober- und Niederösterreich, die Steier- mark, Kärnten, Tirol und Salzburg, stehen in der Tra- dition hochmittelalterlicher Länder. Ein solches Land hatte ein eigenes Landrecht, zu dessen Exekution [= Ausführung] sich Landesfürst und Landesadel [= das Land] zu gemeinsamen Gerichtstagen trafen. Diese hießen Landtaidinge, wenn sie an bestimmten dafür vorgesehenen Orten, Hoftaidinge, wenn sie am landesfürstlichen Hof abgehalten wurden. Durch sein Erscheinen und seine aktive Mitwirkung an den Tai- dingen bekundete der Adel seine Zugehörigkeit zum Land. Den drei anderen Bundesländern fehlen diese mittelalterlichen Voraussetzungen. Erst nach 1750 be- gannen Maria Theresia und Joseph II. ihre Herrschaf- ten vor dem Arlberg in einem Land Vorarlberg mit einheitlicher Verwaltung und Rechtsordnung zu orga- nisieren. Das Burgenland wurde mit Bundesverfas- sungsgesetz vom 1. Oktober 1920 zum ersten Mal als 8. Das Werden der österreichischen Länder österreichisches Bundesland genannt, das von Nie- derösterreich getrennte Wien erhielt sein Landessta- tut mit 1. Januar 1922. (Kugler, Wolfram, 99 Fragen an die Geschichte Österreichs, 2009, S. 56) Aus der Geschichte der Bundesländer Wien Erstmals wurde Wien („Wenia“) im 9. Jh. erwähnt. Der Name Wien stammt von dem gleichnamigen Fluss und hat nichts mit dem keltisch-römischen Vindobona zu tun. Markgraf Leopold III. (1095 - 1136) erwarb zu Ende seiner Regierung die Stadtherr- schaft von Wien. Wien ist seit 1155 Residenz- bzw. Hauptstadt. 1278 übernahmen die Habsburger die Herrschaft, neues Stadt­ recht von Rudolf I. (reichsunmittelbar). Wien wurde erst 1922 durch die Trennung von Niederösterreich ein eigenes Bundesland. Niederösterreich (Land unter der Enns) In der Römerzeit gehörte der Teil südlich der Donau zu den Pro- vinzen Norikum und Pannonien. Um 800 war das Gebiet Teil des Frankenreiches. Otto II. belehnte die Babenberger 976 damit. 996 wurde „Ostarrîchi“ das erste Mal urkundlich erwähnt. Im Jahr 1156 wurde es zum Herzogtum erhoben. Nach dem Tod des letzten Babenbergers 1246 betrieb der böhmische König Ottokar die Kolonisierung des Landes weiter. Ab 1278 gehörten die Ge- biete des heutigen Bundeslandes zur Herrschaft der Habsburger. Oberösterreich (Land ob der Enns) Die Gebiete südlich der Donau waren Teil der römischen Provinz Norikum. Die Babenberger griffen 976 mit der Erwerbung des östlichen Mühlviertels auf heute oberösterreichisches Gebiet über. 1035 übernahmen die Grafen von Lambach die Markgraf- schaft Steiermark und damit auch den Traungau. Seit 1136 ge- hörten große Teile des Landes zum Herzogtum Österreich. Erst- mals wurde Oberösterreich 1246 mit eigenem Namen genannt. Im Jahre 1466 wurde es als Fürstentum bezeichnet. Erst 1779 kam das Innviertel von Bayern dazu. Steiermark Die Steiermark war Teil der römischen Provinz Norikum. Otto I. errichtete nach seinem Sieg über die Magyaren Marken an den Flüssen Mur, Drau und Save. Diese wurden 976 dem Herzogtum Kärnten zugeordnet. Der erste Markgraf an der Mur war Mark- ward von Eppenstein, später regierten die Grafen von Wels-Lam- bach, ab 1050 die Traungauer. Diese schufen durch planmäßi- gen Ausbau ein geschlossenes Territorium. Sie nannten das Land nach ihrer Burg an der Steyr „Steiermark“. 1180 wurde es zu einem eigenständigen Herzogtum erhoben. 1192 fiel es als Erbe des letzten, kinderlosen Traungauer an die Babenberger (Georgenberger Handfeste). 1282 begann die Herrschaft der Habsburger durch die Belehnung von Albrecht I. und Rudolf II. 900 1000 976 Niederösterreich Anfang des 12. Jh. Wien 1136 Oberösterreich 1335 Kärnten 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000 1816 Salzburg 1921 Burgenland 1192 Steiermark 1363 Tirol 1375 Vorarlberg 174 Politische Bildung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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