Zeitbilder 5, Schulbuch

Friedrich III. – des Reiches Schlafmütze? Für den Sohn Albrechts II., Ladislaus Postumus, über- nahm Friedrich III. als Vormund auch die Regierung in Nieder- und Oberösterreich. Er wurde aber weder im Reich noch in den habsburgischen Ländern anerkannt. Böhmen und Ungarn hatten sich wieder von Österreich gelöst. Der Ungarnkönig Matthias Corvinus machte Friedrich die Herrschaft in Niederösterreich und der Steiermark streitig. Er entriss ihm sogar die Stadt Wien, in der er bis zu seinem Tode 1490 residierte. Kritik und Spott der österreichischen Bevölkerung an Friedrich zei- gen zeigt sich sehr deutlich in einem Maueranschlag (= öffentlicher Aufruf, der an einer Mauer angebracht wird), den ein Mönch verbreitete: Q Allerdurchlauchtigster, unüberwindlicher Kaiser! Steh auf vom Schlafe, in dem du so lange gele- gen bist! […] Du hast nicht ein Buch, sondern ein Schwert bei deiner Krönung erhalten, um deine Leu- te und die Kirche zu schützen. Nimm wahr, dass du die kaiserliche Würde nicht wegen Säumnissen ver- lierst! Heb auf die Qualen der unschuldigen Kinder, die von den Türken vor den Augen der Väter und Mütter auf die Zäune gespießt werden. Warum der Ungehorsam? Du verkürzest die Freiheit und die al- ten guten Rechte. Du verschlechterst die Münze, du erhöhst Mauten und Zölle und legst Steuern auf Salz, Wein und Eisen, wodurch alles teurer wird. (Frass, Österreichisches Quellenbuch 1, 1956, S. 235) Nenne die Erwartungen der Bevölkerung an Kaiser Frie- drich III. Beschreibe die Vorwürfe an ihn. Die neuere Geschichtsforschung hat aber ein positiveres Bild von der Politik Friedrichs III.: L Das negative Urteil, das bereits zahlreiche Zeit- genossen von der Persönlichkeit und der Herr- schaftspolitik des Habsburgers gefällt haben, wurde auch von einem Großteil der älteren historischen For- schung aufgegriffen. Dabei lässt die bis heute verbrei- tete spöttisch-böse Bezeichnung Friedrichs als „des Heiligen Römischen Reiches Erzschlafmütze“ erken- nen, wie sehr man ihn […] mit Trägheit und menschli- cher Unzulänglichkeit identifiziert hat […]. Jedoch neigt die jüngere Forschung unter dem Eindruck der Erschließung neuen Quellenmaterials […] zu einer dif- ferenzierteren Betrachtungsweise, die den Fähigkei- ten und der Herrschaftspolitik des Kaisers wesentlich gerechter werden dürfte. So wird der an den Habsbur- ger gerichtete Vorwurf von Trägheit und Untätigkeit bereits durch die Fülle des Schriftgutes – man schätzt, dass in den Archiven allein zwischen 40 000 und 50 000 Urkunden Friedrichs erhalten sind, widerlegt. Dass diese Aktivitäten in hohem Maße auch vom Kai- ser persönlich getragen wurden, ist belegt. (gekürzt, zitiert nach: Krieger, Die Habsburger imMittelalter. Von Rudolf I. bis Friedrich III., 2. Auflage 2004, S. 229)  „AEIOU“ – die Devise Kaiser Friedrichs III. Datierungsstein an dem 1453 fertiggestellten Friedrichsbau der Grazer Burg mit demWahlspruch Kaiser Friedrichs III. Die Vokalreihe hat schon eine Vielzahl von Deutungen – und nicht immer ganz ernst gemeinten – erfahren: „Austriae est imperare orbi universo“ („Es ist Österreichs Bestimmung, die Welt zu beherrschen“), „Austria erit in orbe ultima“ („Österreich wird ewig sein“), „Alles Erdreich ist Österreich untertan“, „Allen Ernstes ist Österreich unersetzlich“, sind einige davon. Tatsächlich handelt es sich um nichts anderes als um ein persönliches Zeichen Friedrichs III., das er auf manchen Bauten – z.B. auf der Ruprechtskirche in Wien, auf seiner Burg in Wiener Neustadt oder am Westportal des Grazer Doms – auf seinem Prunkwagen und vielen Gegenständen des persönlichen Gebrauchs anbringen ließ. Vergleiche die Bewertung von Friedrich III. in der Quelle und in der Darstellung. Erläutere, wie sich die unterschied- lichen Urteile erklären lassen. Als Kaiser bestätigte er das „Privilegiummaius“ Rudolfs IV. und gründete die Bistümer Wien und Wiener Neustadt. Er überlebte alle seine Gegner und hatte am Ende seine Besitzungen wieder unter Kontrolle. Mit der Vermählung seines Sohnes Maximilian mit Maria von Burgund legte er den Grundstein für den weltpolitischen Aufstieg der Habsburger. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Liste die wichtigsten territorialen und politischen Ziele der Habsburger im Spätmittelalter auf. Beschreibe stichwortar- tig, mit welchen Mitteln diese erreicht wurden. 2. Gestalte „Steckbriefe“ über Leben und politisches Wirken der beiden Habsburger Rudolf I. und Rudolf IV. sowie den Luxemburger Karl IV. Verwende dazu die Angaben in diesem Kapitel, ev. zusätzliche Informationen (Internet, Politik-Lexi- ka etc.). 3. Erkläre mit Hilfe der Karte wann und unter welchen Umstän- den dein Bundesland unter die Herrschaft der Habsburger kam. Österreich von der römischen Herrschaft bis zur Neuzeit 171 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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