Zeitbilder 5, Schulbuch

Die Inhalte in diesem Abschnitt dienen dazu, Historische Sach- kompetenz zu entwickeln. Das heißt, es sollen Darstellungen der Vergangenheit sowie historische Quellen mit vorhandenem Sach- wissen verbunden werden. Ebenso sollen die Begriffe bzw. Kon- zepte „Geschichte“ und „Vergangenheit“ differenziert verwendet werden. Sachkompetent wird man dann, wenn man das erwor- bene Wissen einordnen, belegen, mit anderem Wissen verglei- chen und bei historischen Aufgabestellungen anwenden kann. Mit den folgenden Quellen und Darstellungen sollst du Aussagen und Interpretationen zum Thema „Österreich von der römischen Herrschaft bis ins Frühmittelalter“ nachvollziehen können. M1 Über die Bedeutung der römischen Herrschaft in Österreich: Die römische Präsenz in Österreich umfasste ei- nen Zeitraum von 650 Jahren, in dem es zu gewal- tigen gesellschaftlichen und kulturellen Umwälzun- gen kam. Die einsetzende Urbanisierung (=Verstädte- rung) veränderte nachhaltig die traditionellen Sied- lungsstrukturen; mit dem römischen Heer kam eine mobile Gesellschaftsschicht ins Land, die darüber hi- naus Aufstiegsmöglichkeiten für die einheimische Ju- gend bot und damit die Romanisierung weiter Gebie- te förderte. Schrifttum und Geldwesen wurden zu be- stimmenden Faktoren des Alltags, [...] Einrichtungen wie der Straßenbau führten zu einer Erschließung auch abseits der Hauptrouten [...]. Die Eingliederung [...] in ein großes Imperium brachte eine Intensivie- rung und Internationalisierung von Handel und Hand- werk und stellt Parallelen zu modernen Entwicklun- gen wie der Mobilisierung her [...]. Im weiteren Ver- lauf der Geschichte waren die Provinzen an der Donau als Teile eines Weltreiches Einflüssen verschiedenster Art ausgesetzt, wobei das Militär immer einen wichti- gen Faktor darstellte. Dazu kamen Händler und Hand- werker, Ärzte und Lehrer, Sklaven und Schauspieler aus allen Regionen des Reiches (…). Was alle einte, war nicht ihre Abstammung, sondern die Tatsache, Untertanen Roms und als solche selbstverständlich Vertreter einer gemeinsamen [...] römischen Kultur zu sein (…). Die Bezeichnung „Römer in Österreich“ um- fasst somit Menschen unterschiedlichster Herkunft, die hier zu einer neuen Identität als Bewohner und Bewohnerinnen römischer Provinzen fanden. (Gassner, Jilek, Ladstätter, Österreichische Geschichte 15 v. Chr. – 378 n. Chr., 2002, S. 13 f.) M2 Der Ausbau des Donaulimes: Als das Heer am Ende der Regierungszeit des Claudius an die Donau vorrückte und in der fla- vischen Zeit eine Kette von Lagern und Wachtürmen entlang des Flußufers entstand, wurde auch die Ver- 3. Österreich von der römischen Herrschaft bis ins Frühmittelalter kehrsverbindung zwischen ihnen ausgebaut. Der Ver- lauf dieser Limesstraße ist heute nahezu in voller Län- ge bekannt. Mit der Schaffung dieser militärischen Verteidigungslinie wuchs auch die Bedeutung der Donau als Handelsstraße [...]. Aufgrund der bekann- ten Abschnitte kann man sagen, dass die römischen Vermessungstechniker die Straße so nahe an die Do- nau heranführten, wie es die Hochwasser- und Gelän- deverhältnisse zuließen. Sumpfgebiete umging man, oder man schüttete unter der Straße einen verstärk- ten Damm auf [...]. Die Limesstraße verband die ein- zelnen Lager miteinander und bildete innerhalb der Lager einen Teil der „via principalis“. (Gassner, Jilek, Ladstätter, Österreichische Geschichte 15 v. Chr. – 378 n. Chr., 2002, S. 131) M3 Wie mit dem Tod von Kindern in der spätrömischen Zeit umgegangen wurde: Trotz der hohen Sterblichkeitsrate von Säuglin- gen und Kleinkindern wurden in den Friedhöfen wenige solcher Bestattungen aufgedeckt. Wenn über- haupt, so finden sie sich als Sekundärbestattung eines Erwachsenen [= d. h. sie wurden in das Grab eines Erwachsenen gelegt, A. d. A.] [...]. Unter Traufen, Schwellen oder entlang der Mauerzäune hob man eine Grabgrube aus, in die man die kleinen Toten leg- te. Wie unterschiedlich der Umgang mit verstorbenen Kindern gewesen ist, mögen zwei Beispiele verdeut- lichen. Dem etwa drei bis neun Monate alten Klein- kind im Säuglingsgrab von Lentia (Linz) gaben seine Angehörigen reiche Beigaben mit auf den Weg. Aus- gestattet wie eine Frau im heiratsfähigen Alter, lagen neben dem kleinen Körper ein Ohrring, eine Haarna- del, Glasperlenketten sowie ein Spiegel. Die Speise- und Trankbeigabe wird durch die Glasbecher und den keramischen Topf symbolisiert. Die Ausstattung des Säuglingsgrabes von Lentia, das in das ausgehen- de 4. Jahrhundert datiert wird, ist nicht nur ein Beleg für den hohen sozialen Status der kleinen Verstorbe- nen bzw. ihrer Familie, sondern wirft auch ein Licht auf das innige Verhältnis zwischen Eltern und Kind. Wie schmerzlich muss der Verlust der Tochter gewe- sen sein, als sie – gerade erst geboren – die Lebenden schon wieder verlassen musste. Eine kurze Lebenszeit war auch einem Neugebore- nen in der spätantiken Siedlung auf dem Hemmaberg [in Südkärnten, A. d. A.] beschieden. Das tote Kind wurde kurz nach seiner Geburt zusammen mit Spei- seresten in eine Abfallgrube geworfen und dort dem Hundefraß ausgesetzt. (Österreichische Geschichte, 15 v. Chr. – 378 n. Chr., Hg. Herwig Wolfram, Am Rande des Reiches. Die Römer in Österreich. V. Gassner, S. Jilek, S. Ladstätter, S. 332 f.) M3 162 Kompetenztraining  Historische Sachkompetenz Die Begriffe/Konzepte „Geschichte“ und „Vergangenheit“ sowie „Quelle“ und „Darstellung“ klären und hinsichtlich ihrer Verwendung differenzieren Nur zu Prüfz ecken – Eigentum des Verl gs öbv

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