Zeitbilder 5, Schulbuch

Landrechte (Österreichisches Land- recht von 1237, die Tiroler Landes- ordnung von 1282). Diese von den Landesherren „in ihrem Land“ ver- ordneten Rechte lösten langsam die alten Stammesrechte ab. Das bedeu- tete den Übergang vom „Personali- tätsprinzip“ (= das Recht des Stam- mes folgt jeder Person nach) zum „Territorialitätsprinzip“ (= jede Per- son unterliegt dem Recht des Lan- des, in dem sie sich befindet). Schon seit Karl dem Großen hatten die Herrscher versucht, zusätzlich zu den verschiedenen Stammes- rechten, eigenes Recht zu verord- nen. Eines ihrer größten Probleme war die Herstellung eines „Landfrie- dens“. Denn gerade die Adeligen wollten bei Streitigkeiten das Recht, das auch nach mittelalterlicher Auf- fassung von Gott ausging, immer wieder selbst „finden“. Das Mittel dafür war die Fehde. Diese adeligen Kleinkriege waren bis ins Hochmit- telalter ganz normal. Solche „Rechtsfindung“ endete entweder mit einem Sieger – dann hatte er das Recht „gefunden“ – oder einem Sühnevertrag zwischen Täter und Opfer. Wie schon manche seiner Vorgänger, wollte auch Kaiser Frie- drich II. mit dem „Mainzer Reichs- landfrieden“ im Jahr 1235 der Feh- de möglichst Einhalt gebieten: Q [5.] Recht und Gericht sind ge- schaffen, damit niemand Rä- cher seines eigenen Unrechts wer- de; denn wo die Autorität des Rechtes fehlt, herrschen Willkür und Grausamkeit. Daher bestimmen Wir, dass nie- mand, in welcher Streitsache auch immer ihm Schaden oder Unrecht zugefügt worden sein mag, sein Recht im Wege der Fehde durch- setzen soll, wenn er nicht zuvor Klage vor dem zuständigen Richter erhoben und sein Recht bis zu ei- nem rechtskräftigen Urteil verfolgt hat, es sei denn, dass er gezwun- gen war, zum unmittelbaren Schutz von Leib und Gut Gewalt mit Ge- walt abzuwehren, was gemeinhin als Notwehr bezeichnet wird. […] [6.] Erhebt jemand wie vorge- schrieben vor dem zuständigen Richter Klage, wird ihm das Recht verweigert und muss er notgedrun- gen seinem Gegner den Frieden aufkündigen, […] dann soll dies bei Tage geschehen und außerdem sollen Fehdeführer und Fehdegeg- ner vom Tage der Absage bis zum vierten Tage, d. h. 3 volle Tage, ab- soluten Frieden gegen Personen und Sachen bewahren. (Nach Buschmann, Kaiser und Reich, 1994, S. 82 ff.) Erläutere, mit welchen Argumenten Kaiser Friedrich II. die Fehde verbie- tet und unter welchen Bedingungen sie erlaubt ist. Ein absolutes Verbot des Fehdewe- sens wurde erst mit dem „Ewigen Landfrieden von Worms“ (1495) durch den Habsburger Kaiser Maxi- milian I. ausgesprochen. Seit Beginn der Neuzeit: Staatliches Recht setzt sich durch Mit der Ausbildung der Territorials- taaten im Spätmittelalter setzte sich auch das „von oben“ verordnete Recht der Landesfürsten gegenüber den alten Gewohnheitsrechten im- mer mehr durch. Das „neue Recht“ war beeinflusst von der römischen Rechtstradition, die an der Universi- tät von Bologna schon lange gelehrt wurde. Ausgebildete Juristen wur- den von nun an immer stärker in der weltlichen Gerichtsbarkeit und Ver- waltung eingesetzt. Oftmals kann- ten sie das „einheimische Recht” nicht. Und da es meist nur wenig schriftliche Aufzeichnungen dieses Rechts gab, wurde bei Gericht im- mer häufiger das sogenannte „Ge- meine Recht” angewendet. Kaiser Karl V. erließ im Jahr 1532 die „Peinliche Gerichtsordnung”, die „Constitutio Criminalis Caroli- na“. Sie war ein aus dem römischen Recht entwickeltes, neues Strafrecht für das gesamte Reich. Es war näm- lich das Ziel der Herrscher, in ihren Ländern eine möglichst einheitliche Rechtsordnung zu schaffen: Q Wir Karl der fuenfft vonn gottsgnaden Roemischer Key- ser […]. Bekennen offentlich: Nach dem durch vnsere vnd des heyli- gen Reichs Chuorfürstenn, Fürsten vnnd andere stende stattlich an vnss gelangt, wie im Roemischen Reich teutscher Nation, altem ge- brauch vnnd herkommen nach die meynsten peinlich gericht mit per- sonen, die vnsere Keyserliche recht nit gelehrtm erfarn oder übung haben, besetzt werden, Vnnd dass auss dem selben an viel orten offtermals wider recht und guote vernunfft gehandelt, vnnd entweder die vnschuldigen gepei- nigt vnd getoedt, oder aber die schuldigen durch vnordentliche, geferliche und verlengerliche handlung, den peinlichen klegern vnd gemeynem nutz zu grossem nachtheyl, gefristet, weggescho- ben und erledigt werden, vnd das nach gelegenheyt Teutscher land in disen allen, altem langwirigen gebrauch vnnd herkommen nach,  In den alten Volksrechten spielte das Gottesurteil eine wichtige Rolle. Bei der Wasserprobe (rechts) wird der Beweisführer an einem Strick ins Wasser gehalten. Geht er unter, so nimmt ihn das reine Wasser auf. Damit ist der Unschuldsbeweis erbracht. Links wird auf Reliquien geschworen. (Aus dem Sachsenspiegel, Buchmalerei um 1300/1315, Universitätsbibliothek Heidelberg) Längsschnitt: Alles, was Recht ist! 151 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=