Zeitbilder 5, Schulbuch

große Ablehnung bis hin zum Aus- schluss stoßen. Das hängt vor allem davon ab, wie verbindlich diese Normen sind und wie schwer sie vom „Abweichler“ verletzt wurden. Eine besondere Form der sozialen Normen stellt das „Recht“ dar. Das in Gesetzen verankerte Recht ordnet uns Bürgerinnen und Bür- gern ein bestimmtes Verhalten an (z. B. im Straßenverkehr) oder ver- bietet uns bestimmte Verhaltens- weisen (stehlen, töten etc.). Die Ein- haltung dieser Regeln kann aber – im Gegensatz zu den vorher be- schriebenen Normen – vom Staat erzwungen werden. Und jede/r, die/ der sie verletzt, wird in einem ge- setzlich geregelten Verfahren von der dafür zuständigen Behörde zur Verantwortung gezogen und be- straft werden. Liste die sozialen Normen auf, die es in eurer Klasse gibt. Schildere, wie ihr euch gegenüber Mitschülerinnen und Mitschülern verhaltet, die sich nicht an diese Normen halten. Be- schreibe die sozialen Normen, die in eurer Schulordnung verankert sind und die verschiedenen Sanktionen (= Strafbestimmungen), welche bei einem Verstoß gegen diese Normen vorgesehen sind. Die Anfänge des Rechts: Das Recht wird „gefunden“ Unser Wissen über die Regeln des Zusammenlebens bei den Gesell- schaften der menschlichen Frühzeit ist sehr be- schränkt. Wir verdanken es einigen (unsi- cheren) Quel- len der Antike sowie der Ar- chäologie und der Ethnologie (= Völkerkun- de). Sicher ist, dass diese frühen Ge- meinschaften in kleineren Familien- oder Geschlechter- verbänden lebten. Ihre Rechtsvorstel- lungen waren geprägt von einem ganz anderen Denken als in den nachfolgenden Hochkulturen oder unserem Denken heute. Ihre sozialen Normen wurden von Generation zu Generation weiter überliefert. Sie waren bestimmt vom Überlebenskampf in der Natur und den Alltagsbedürfnissen. Wichtig war, welchen Anteil der Einzelne an der Jagdbeute oder der Ernte er- hielt, welche Stellung Mann und Frau in der Gemeinschaft hatten oder wie die Arbeit aufgeteilt wur- de. Es gab noch keine staatliche Ordnung mit einem mit Macht- und Befehlsgewalt ausgestatteten Rich- ter. Was Recht ist, wurde nicht von irgendwem vorgegeben, sondern „vorgefunden“. Gab es Konflikte, dann wurden die- se zwischen den Streitparteien wohl meist gütlich geregelt. In späterer Zeit hat der Älteste dieser Gemein- schaft, der Weise, den Vorsitz im Streitfall übernommen. Seine Auf- gabe war nicht die eines Richters, sondern die eines Vermittlers: Sein Ziel war die Konfliktlösung. Beide Seiten sollten dabei nicht „ihr Ge- sicht verlieren“. Im Vordergrund stand für solche kleinen Gemein- schaften nämlich das weitere fried- liche Zusammenleben. War eine Streitbeilegung nicht möglich, mus- sten die Streitparteien zur „Selbst- hilfe“, wie z. B. der Blutrache, grei- fen. Es gab keine übergeordnete Autorität, die über Zwangsmittel verfügte. Das Recht kommt „von oben“ Als die Religion in diesen Gesell- schaften immer mehr an Bedeutung gewann, wurde das Recht zur Sache der Göttinnen und Götter. Von nun an war das Recht heilig. Und Pries- ter oder Schamanen wurden zu „Rechtsfindern“. Das ist der Beginn der Rechtsfindung „von oben“. Von nun an wurde Recht „verkündet“ (man denke dabei auch an die 10 Gebote). In den frühen europäischen Kultu- ren fanden ein paar Mal im Jahr Gerichtsverhandlungen an einem heiligen Platz unter freiem Himmel statt. Für die Klärung von richtigem oder falschem Handeln verließen sich die Menschen vorerst auf das Gottesurteil. Aussagen und Verein- barungen wurden mit einem Treu- eid bestätigt. Verhandelt wurde immer von Fall zu Fall: Recht war nichts Abstraktes, über das man sich schon im Voraus den Kopf zerbrechen musste. Wurde nicht gegen ein „göttliches Recht“ verstoßen, so galt der Grundsatz: Nicht Strafe, sondern Wiedergutma- chung! Wer einem anderen einen Schaden zufügte, konnte mit einem Bußgeld (z. B. einem Lamm) den Frieden wiederherstellen. Das galt auch für ein Menschenleben. Aller- dings war ein Adeliger teurer als ein Bauer. Zur Ausbildung verschiedener Ge- sellschaftsschichten kam es, als sich die kleineren Gemeinschaften zu größeren Geschlechterverbänden (= Stämmen) zusammenschlossen. Dort bildeten sich Führungsperso- nen heraus. Sie versuchten, diese Position an ihre Nachkommen zu vererben. Diese Könige oder Fürsten waren für die Kriegsführung zustän- dig und übernahmen mit ihrer Machtposition auch die Funktion des Richters. Als nächster Schritt erfolgte z. B. bei den germanischen Stämmen die Einberufung der Volksversamm- lung. Sie kann als Vorläufer der spä- teren Gerichte angesehen werden. Es gab eine Verpflichtung zur An- wesenheit und zur Unterwerfung unter das ausgesprochene Urteil. Damit dürfte auch die Selbsthilfe bei Streitverfahren zurückgegangen sein. Als Fehdewesen tritt sie im öffentliches Recht Verfassungsrecht Bürgerliches Recht = Zivilrecht Familienrecht Schuldrecht Erbrecht Sachenrecht (z. B. Eigentumsrechte) Sonderprivatrecht (z. B. Handelsrecht) Strafrecht Steuerrecht Besonderes Verwaltungsrecht (z. B. Gewerbe- und Schulrecht, Straßen- verkehrsordnung u. v. a.) Verfahrensrecht (z. B. Straf- und Zivilprozessrecht) Privatrecht Arbeitsrecht Staatliche Rechtsordnung  Staatliche Rechtsordnung. Längsschnitt: Alles, was Recht ist! 147 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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