Zeitbilder 5, Schulbuch

Unter Historischer Orientierungskompetenz versteht man die Fähigkeit, Informationen über Vergangenheit und Geschichte zur Orientierung in Gegenwart und Zukunft zu nutzen. Die Inhal- te in diesem Abschnitt sollen dich dazu befähigen, solche Orien- tierungsangebote in Darstellungen über die Entwicklungen der Stadt im Mittelalter und in der Gegenwart zu erkennen. Burg und Bürger: Bis zum 12. Jh. unterschieden die Menschen da- mals noch nicht zwischen Burg und Stadt. Beides nannte man „Burg“. Wie die Mauer der Burg, so „birgt“ auch die Mauer einer Stadt. Davon kommt un- ser Wort „Bürger“ für Stadtbewohner. Städtenamen wie Salzburg oder Regensburg gehen darauf zurück. (Hilsch, Das Mittelalter – Die Epoche, 2012, S. 182 f.; modifiziert und vereinfacht) Stadtbild – Idee und Planung: Noch vor dem Betreten einer mittelalterlichen Stadt konnte ein Besucher dem Stadtbild [...] Ein- blicke in das Leben einer Stadt abgewinnen. So lässt etwa die Silhouette Rothenburgs bestimmte Dimen- sionen erkennen. Aus der Masse der Gebäude heben sich durch ihre Größe und ihre Höhe drei Bauwerke heraus: Die Pfarrkirche St. Jakob in der Mitte, die Franziskanerkirche links und das Rathaus rechts. Die Pfarrkirche ist das weitaus größte unter diesen Ge- bäuden; das Rathaus ist das kleinste. [...] Die Bürger, so lehrt schon diese Ansicht, haben größere Vermö- genswerte in Kirchenbauten als in weltliche öffentli- che Gebäude investiert. Erst recht von einem Flug- zeug aus bieten sich weitere Einsichten. Die Größe der Stadt wird erkennbar. Es wird sichtbar, dass viele spätmittelalterlichen Städte nicht mehr Bewohner ge- habt haben können als Dörfer. Und man sieht, dass manche Städte nicht allmählich gewachsen, sondern planmäßig angelegt worden sind. Die mittleren bis größeren Städte weisen sogar so etwas wie Wachs- tumsringe auf. (Boockmann, Die Stadt im späten Mittelalter, 1987, S. 25; bearbeitet) Mittelalterliche Städte – moderne Städte:  Rattenberg am Inn in Tirol. (Foto, 2008) M1 M2 M3 Streiflichter aus mittelalterlichen und modernen Städten  Bankenviertel in Frankfurt am Main. (Foto, 2015) Moderne Stadtentwicklung: Als eines der größten gegenwärtigen Stadtent- wicklungsprojekte in Europa gilt das der „Seestadt Aspern“ in Wien: Einkaufsmöglichkeiten ums Eck; die Nähe von Schu- len, Kindergärten und Arbeitsplätzen; das vielfältige kulturelle Angebot; die gute medizinische Versor- gung; der Anschluss ans Verkehrsnetz – all das zieht die Menschen in die Stadt. Doch die Anforderungen an eine Stadtentwicklung für die Gegenwart und Zu- kunft sind groß: Bevölkerungswachstum, hoher Flä- chenbedarf, dichter werdender Verkehr, zunehmende Umweltbelastung und damit verbunden eine zu- kunftsorientierte Technik, um energiearmes Wohnen zu ermöglichen. Außerdem wollen die Menschen ihr Lebensumfeld mitgestalten u. v. a. m. Dazu braucht es den Dialog zwischen Stadtplanung, Bevölkerung, Wirtschaft und Verwaltung. Ein Beispiel dafür bietet die Entwicklung der Seestadt Aspern in Wien/Donaustadt. Es gehört gegenwärtig zu den größten Stadtentwicklungskonzepten Europas. Auf 240 Hektar werden Wohnungen für 20 000 Menschen gebaut und 21 000 Arbeitsplätze (15 000 im Bereich Dienstleis- tung, 6 000 in den Bereichen Gewerbe und Forschung) geschaffen. Im Zentrum liegt ein 5 Hektar großer Grundwassersee. Der Standort liegt an der zukunft- strächtigen Wirtschaftsachse Wien – Bratislava. Er verfügt über eine ausgezeichnete Infrastruktur und liegt in der Nähe zum Nationalpark Donau-Auen. „Außerdem werden ‚Urban Living Labs‘ eingerichtet, um verhaltensangepasste Optimierungen vorzuneh- men. In drei Gebäudekomplexen verschiedener Grö- ßen werden Stromverbrauch, Zimmertemperatur und Raumluftqualität erfasst. Dies dient unter anderem dazu, Beleuchtung, Heizung und Wasserverbrauch von jedem Ort aus zu regeln. Das Verfahren erlaubt zwar, Energieeffizienz und Wohnkomfort zu verbes- sern, erzeugt aber jede Menge sensibler Daten, er- zeugt den Druck zu sozial ‚besserem‘ Verhalten. Die Unternehmen wollen mit solchen städtischen Laboren herausfinden, ob sich Techniken zur Verbrauchssteu- erung wirtschaftlich lohnen.“ An der Entwicklung der Seestadt sind mehr als 20 Dienststellen der Stadt Wien beteiligt: Von der Raum- M4 144 Kompetenztraining  Historische Orientierungskompetenz Orientierungsangebote in Darstellungen der Vergangenheit erkennen Nur zu P üfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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